31. 10. 2009 - pdf-Format 1,73 mB - Prof. Dr. phil Horst Tiwald

274
Schön wäre es
Ich fand Ihr Mail sehr "bewegend".
In Ihrem folgenden Satz liegt das Problem:
"Vielleicht könnte ich die Probleme, mit denen ich mich möbliert
habe, daran erkennen, dass mit ihnen kein Wachstum möglich ist.
Aber woran erkennt man die Möglichkeit des Wachstums?"
Warum strebt man eigentlich Wachstum an?
Bei mir geschah dies immer nur rückblickend, vorausblickend
machte ich mir das Wachstum kaum sorgen.
Wenn ich daran denke, wie ich mich mit der Zeit rückblickend selbst entlarvte.
Zuerst viel mir auf, dass mich bei anderen Menschen Dinge stören, gegenüber
denen andere Menschen sehr tolerant waren. Ich fragte mich, warum
kratzt dies gerade mich? Irgendwann dämmerte es mir, dass mich bei anderen
Menschen genau diese Aspekte stören, die ich auch selbst habe,
selbst negativ bewerte und deshalb auch bei mir nicht wahrhaben möchte.
Dann beobachtete ich andere Menschen und stellte fest, dass auch diese
bei anderen besonders das stört, was sie aus meiner Sicht selbst zur genüge
haben.
Da brach vorerst für mich eine kleine Welt zusammen, denn ich sah dann
plötzlich nur mehr Menschen, die gerade deswegen besonders moralisieren,
weil sie selbst Dreck am Stecken haben.
Auch fiel mir auf, dass die lautstarke Moral bei Menschen dann zunimmt,
wenn sie selbst keine Gelegenheiten zur Amoral haben oder nicht mehr haben.
Nach einiger Zeit gelang mir dann die Wende zu mir selbst.