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31. 10. 2009 - pdf-Format 1,73 mB - Prof. Dr. phil Horst Tiwald

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brauchbar es sei, nicht alles zu gewahren, sondern „immer nur eine der Erfahrung<br />

gemäße brauchbare Reduktion der Sinnesflut“.<br />

Man wisse dann auch, dass „bewusst“ und „willkürlich“ ganz unterschiedliche<br />

Aspekte des Erlebens sind, die aber nicht zwangsläufig<br />

miteinander verknüpft sind.<br />

Nicht alles, was ich beim Laufen willkürlich mache, muss mir auch bewusst<br />

sein und ich kann mir manches an meinem Bewegen bewusst machen, z.B.<br />

mein Atmen, was vorher unbewusst und auch unwillkürlich geschah.<br />

Beim Beachten der Welt, wie sie sich mir unmittelbar im eigenen<br />

Bewegen offenbart, gerät die „Stubenhocker-Sicherheit im Umgang<br />

mit der Sprache“ gewaltig ins Wanken, so dass man dann<br />

auch im Reden eine neue Balance finden muss, deren Kompass<br />

aber nun die eigene Erfahrung ist, nicht mehr die Vereinbarung<br />

von Experten, die „pflichtbewusst“ von allen abgenickt wird.<br />

Ich war daher sehr froh, als ich später auf die Schriften von SALOMON<br />

STRICKER 61<br />

stieß, welcher schon vor 100 Jahren aufzeigte, dass am Wahrnehmen<br />

nicht nur die Sinne, sondern auch das eigene Bewegen beteiligt<br />

sind, und dass eben KANT in seiner berechtigten „Kritik des Sensualismus“<br />

irrte, als er annahm, dass Raum und Zeit a priori seien.<br />

Raum und Zeit sind nämlich in der Leiblichkeit. Was wiederum<br />

zeigt, dass KANT und seine nachbetenden Nachfolger bis heute<br />

trotz ihrer Kritik den Sensualismus eben bloß negiert, aber nicht<br />

überwunden haben.<br />

Als ich im diesjährigen Urlaub in SARDINIEN am Strand lag und mit geschlossenen<br />

Augen einen Kieselstein in der Hand rollte, war mir ganz deutlich,<br />

dass ich die Gestalt des Steines unmittelbar erfasste:<br />

• seine Dicke war mir zwar nicht sinnlich vermittelt, aber<br />

unmittelbar durch die Distanz der Berührungsstellen leiblichräumlich<br />

evident;<br />

61 vgl. SALOMON STRICKER: „Studien über das Bewusstsein“, Wien 1879; „Studien<br />

über die Sprachvorstellungen“, Wien 1880; „Studien über die Bewegungsvorstellungen“,<br />

Wien 1882; „Studien über die Assoziation der Vorstellungen“;<br />

Wien 1883; „Physiologie des Rechts“, Wien 1884; „Über die Wahren<br />

Ursachen“, Wien 1887; „Untersuchungen über das Ortsbewusstsein“,<br />

in: „Sitzungsberichte der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften“, Wien<br />

1877.

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