31. 10. 2009 - pdf-Format 1,73 mB - Prof. Dr. phil Horst Tiwald

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Bemühen um Eindeutigkeit
Ich grüble nach, was Sie z.B. mit diesem Satz meinen:
"Eindeutigkeit gibt es nur in Form von subjektive Klarheit für ein
Subjekt. Die Bereitschaft, Vieldeutigkeit zu ertragen ermöglicht
das leibliche Begegnen."
Dieser Satz ist für mich noch "mehrdeutig". Ich kann ihn auf verschiedene
Weise verstehen. Ich gehe aber davon aus, dass Sie mit diesem Satz mir
"eindeutig" etwas sagen wollten.
Ich kann doch nicht davon ausgehen, wie es heute manche Kunsttheoretiker
tun, dass das Kunstwerk selbst gar nichts Bestimmtes sagen möchte,
sondern dass das Kunstwerk erst im Auge des Betrachters entsteht,
der ihm jeweils eine für ihn selbst "eindeutige" Deutung gibt.
Da nun jeder Betrachter dem selben Kunstwerk jeweils seine ihm eigene
"eindeutige Interpretation" gibt, kann man sagen, dass das "eigentlich undeutliche
Kunstwerk" erst durch die Vielfalt der Betrachter zu einem
"pseudo-mehrdeutigen Objekt" wird.
Oder soll der Betrachter des Kunstwerkes sich bemühen, dem Objekt verschiedene
unterschiedliche "eindeutige" Interpretationen zu geben und dabei
zu durchschauen, dass das Kunstwerk selbst eigentlich gar nichts Bestimmtes
sagen will?
Dass also das Kunstwerk gar nicht "mehrdeutig" ist, sondern
"un-deutig" ist und es dem Belieben des Betrachters überlässt
eine oder mehrere unterschiedliche aber jeweils "eindeutige"
Interpretationen zu kreieren?
Wofür soll man nun offen sein?
Für die "eigentliche Undeutlichkeit", die dann durch die Vielzahl der Interpreten
zwangsläufig zu einer "pseudo-Mehrdeutigkeit" wird?
Oder soll man für die "Vielfalt eindeutiger Interpretationen" des selben Objektes
offen sein?