31. 10. 2009 - pdf-Format 1,73 mB - Prof. Dr. phil Horst Tiwald

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Alte Schläuche
Im letzten Mail habe ich von alten Schläuchen gesprochen, in die neue I-
deen gegossen werden.
Wenn Sie im Internet nach TAGORES "Sadhana" suchen, dann können Sie
dies exemplarisch sehen.
Die von Tagore selbst stammende englische Fassung trägt den
Untertitel "Realization of Life". Also eine ganz schlichte und
realistische Anweisung, wie man sein eigenes Leben verwirklicht.
Es geht im Untertitel weder um gut noch schlecht, noch
um wahr oder falsch und auch nicht um einen jenseitigen spirituellen
Weg.
Und was machen die Übersetzer daraus:
• "O la Via Espiritual"
• "Der Weg zur Vollendung"
• "Der Weg zum wahren Leben"
So, wie im Untertitel, werden dann auch im Text bei der Übersetzung Wörter
gewählt, welche das Spirituelle, das Wahre und die Vollendung (im Sinne
der romantisch-idealistischen Interpretation der deutschen Mystik) nahe
legen.
Auf diese Weise gelingt es, aus der ganz profanen Verwirklichung
seines eigenen Lebens, so wie es ist, etwas esoterisch Besonderes
zu machen, das einem dann die Einbildung vermittelt, zur
Gemeinschaft der Über-Menschen aufgestiegen zu sein, bzw.
sich auf dem Weg dorthin zu befinden.
Da dieser Weg nun aber dornig sei, bedürfe es Hilfen und hierarchischer
Organisationen, für die es bereits einen expandierenden Markt gibt.
Ein altes und blühendes Geschäft der Erlebnisse vermittelnden
"göttlichen Prostitution" und deren priesterlichen Zuhälter. Man
denke nur an AMENOPHIS IV. (ECHNATON) und sein Schicksal, das
von der macht- und marktbesessenen Priesterschaft wieder gewendet
wurde.