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31. 10. 2009 - pdf-Format 1,73 mB - Prof. Dr. phil Horst Tiwald

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vijnana) vor, das gleich einem stets sich erneuernden Reservoir<br />

die Quelle der Aktivität des Einzelwesens und das Sammelbecken<br />

seiner Erfahrungen und karmischen Dispositionen ist.<br />

Dieses »Speicherbewusstsein«, das sich seit anfangloser Zeit von<br />

Existenz zu Existenz fortsetzt, vertritt die Seele in den brahmanischen<br />

Systemen, unterscheidet sich von dieser aber dadurch,<br />

dass es nicht eine beharrende Substanz, sondern einen in unausgesetztem<br />

Wandel begriffenen Strom darstellt.<br />

Wegen dieser seiner Veränderlichkeit kann ihm ebenso wenig wie<br />

den Gedanken oder den durch sie gestalteten Dingen der Außenwelt<br />

ein wahres, unvergängliches Sein zugeschrieben werden.<br />

Die letzte, alleinige Realität, welche der Vielheit der nebeneinander<br />

fließenden Persönlichkeitskontinuen oder Speicherbewusstseine<br />

zugrunde liegt, ist ein rein Geistiges: die nicht in Subjekt und<br />

Objekt zerspaltene Bewusstheit. Diese nicht mit Worten zu beschreibende,<br />

sondern nur in der Meditation intuitiv zu erfassende<br />

»Soheit« (tathata) ist die bleibende Unterlage alles Bedingten.<br />

Das Verhältnis dieses Absoluten zu dem Relativen lässt sich nur<br />

als »weder verschieden noch nicht-verschieden« bestimmen. Wäre<br />

nämlich alles Relative vom Absoluten völlig verschieden, so<br />

würde es überhaupt nicht da sein können, wäre es hingegen mit<br />

ihm identisch, so müsste es gleich diesem rein und unvollkommen<br />

sein.<br />

Die beiden MAHAYANA-SCHULEN unterscheiden sich darin voneinander,<br />

dass die Mittlere Lehre keine positive »An-sich-Realität«, auf<br />

welcher alles Vergängliche ruht, annimmt, sondern nur ein unqualifizierbares<br />

Vakuum, in dem alles erscheint wie Blitze im leeren<br />

Weltraum, während die »Nur- Bewusstseins-Lehre« eine nichtrelative,<br />

absolute, geistige Grundlage aller Phänomene postuliert.<br />

Beide Lehren haben über die Grenzen INDIENS hinaus großen Einfluss<br />

erlangt. In TIBET wird heute vor allem das System<br />

NAGARJUNAS studiert, ja, es kann geradezu als die Staats<strong>phil</strong>osophie<br />

der DALAI LAMAS bezeichnet werden.<br />

Die »Nur-Bewußt-seins-Lehre« ist namentlich für das Denken<br />

CHINAS und JAPANS von hoher Bedeutung geworden.<br />

Man hat es im Femen Osten aber später als einen Mangel empfunden,<br />

dass diese Lehren sich über die Beziehung des Absoluten<br />

zur wandelhaften Welt der Phänomene nicht näher auslassen, und<br />

sah in ihnen deshalb nur unvollkommene Vorstufen für »Systeme<br />

des vollentwickelten MAHAYANA«, welche in der Erscheinungswelt<br />

geradezu eine Manifestation des Absoluten sehen.<br />

Dieses nun, das ens realissimum, wird in den japanischen TENDAIund<br />

SHINGON-SCHULEN mit dem All-Buddha VAIROCANA identifiziert.<br />

Die sechs Komponenten der Welt, die Elemente Erde, Wasser,<br />

Feuer, Luft, Raum (Äther) und Bewusstsein, sind Erscheinungsweisen<br />

VAIROCANAS, alle Buddhas, Bodhisattvas, Götter, Menschen,<br />

Tiere, Pflanzen, Berge nur Einzelgestalten von ihm, seine Aktivität<br />

manifestiert sich gleicherweise im Rauschen des Wassers wie im

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