Untitled - Adatbank

ihm Postkarten, welche die Burschen von Landsleuten,
von Verwandten erhalten hatten. Da war von
einer Murmaneisenbahn die Rede. Dort erkrankten
die Leute allesamt an Skorbut, die Zähne fallen ihnen
aus, ihre Glieder werden brandig, sie zerfallen bei
lebendigem Leib. „Schreib du meiner lieben Frau“,
steht in einem Brief, „sie hat vielleicht meinen Brief
nicht erhalten. Auf meine Rückkehr sollen sie nicht
warten, hier muß ich sterben... Wir sehen hier weder
Sonne noch ein Stück Brot, sind lebendig begraben...
Statt Brot bekommen wir ungebackenes Zeug
aus Hirse, es ist schwarz und klebt wie Pech, daran
kauen wir.., Es ist nicht zu ertragen. Sobald das
Tauwetter beginnt, gibt es alle Tage Begräbnisse. Im
Winter ist es unmöglich, die Toten zu beerdigen, so
sammeln wir unsere lieben Toten bis zum Frühjahr,
dann verscharren wir sie. Ihr habt es gut, ihr kennt
die Knute nur vom Hörensagen, aber wir...!“
Plötzlich schrillte ein scharfer Pfiff durch den
Raum — es klang ebenso wie der Pfiff einer Lokomotive
auf einer kleinen Station. Dann kam ein
Klingeln, als ob ein Schaffner zum Einsteigen läute.
Betroffen stand der Fähnrich da, er konnte den Sinnentrug
nicht begreifen. Jetzt schrie eine schallende
Stimme: „Einsteigen!! Richtung Irkutsk, Moskau,
Czernowitz, Lemberg, Budapest, Balaton-Füred...
Einsteigen... Der Zug steht auf dem zweiten Geleise...“
Weinend, singend, unter ohrenzerreißendem
Lärm wirbelte die Mannschaft von den Pritschen...
dann kam ein kurzer scharfer Pfiff, Knarren, Ächzen,
langsames träges Pusten, die Abfahrt, das rhythmische
Brausen der fahrenden Lokomotive... immer
rascher wurde das Pusten, das Zuggeratter immer
leiser, bis es entschwand. Die armen Gefangenen blieben
in der Mitte ihrer Baracke stehen und flüsterten
verzweifelt: „Also wieder zu spät gekommen...“
Die drei Offiziersburschen aber, die Lautimitatoren,
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