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Untitled - Adatbank

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frost, sein Herz schlug schwer und wild. Tränen sikkerten<br />

ihm aus den Augen. Ein Kadett fragte ihn<br />

mitleidig aus der Nachbarbox: „Hast du eine<br />

schlimme Nachricht erhalten?“<br />

Er versetzte tonlos: „Ja, meine Mutter ist gestorben.“<br />

Der Kadett hielt es nicht für taktlos, hinüberzukommen<br />

und die Karte, die herabgefallen war, aufzuheben<br />

und durchzulesen. „Du... es steht aber kein<br />

Wort über deine Mutter da. Woher hast du das?“<br />

Der Fähnrich seufzte und blickte zum Fenster hinaus.<br />

Was ist da zu erklären? Wozu sich lächerlich<br />

machen? Sein Vater ist ein ordnungsliebender, ja<br />

pedantischer Mann. Er hat einen kernigen präzisen<br />

Stil, und der logische Zusammenhang zeigt sich in<br />

jedem Buchstaben. In seiner letzten Karte hat er geschrieben:<br />

„Du bist unser lieber Sohn.“ Jetzt schreibt<br />

er: „Du bist unser teurer Sohn.“ Er ist sonst aus<br />

hartem Holz, und Rührung zeigt er selten. Zum<br />

Schluß schreibt er hier: „Es küßt Dich Deine Frau,<br />

Dein Söhnchen, Dein Dich liebender Vater.“ Die<br />

Mutter fehlt, und der Vater pflegt sonst nichts zu<br />

vergessen. Sie muß im Oktober gestorben sein, denn<br />

in der Karte vom September hieß es noch: „Es küßt<br />

Dich Deine Mutter, Deine Frau“ usw. Steht das vielleicht<br />

in einer Ziffernschrift da? Ach was Ziffern!<br />

Ganz deutlich ist es zu lesen. Teure, gute Mutter!<br />

Er hätte sie beim letzten Besuche der Heimat noch<br />

sehen können, sehen sollen, müssen. Jetzt setzte er<br />

sich hin, um die Karte zu beantworten, nahm eine<br />

grüne Postkarte, und seine Tränen flossen, als er<br />

hinmalte: „Mein teurer, guter Vater!...“ Der Brief<br />

lautete nicht anders als sonst, nur daß er am Schluß<br />

nicht hinzufügte: „Meinen Handkuß an die liebe<br />

Mutter.“ Dies durfte er jetzt nicht mehr hinschreiben.<br />

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