Untitled - Adatbank

Auch sein Bruder hatte ihm wieder geschrieben:
Stolzerfüllt. Er habe die Offiziersprüfung mit Erfolg
bestanden, und nun würden sie bald an die Front
abmarschieren.
Auch sonst gab es viel Überraschungen. Jeden Tag
wurde ein Friede geschlossen, ein erhebender Sieg
gefeiert — es waren Gerüchte. Es ging auch das Gerücht,
in der Heimat werde Brot aus Sägespänen gebacken,
und man sollte bald alle Pferde aufgegessen
haben. Bald hieß es so von den Russen, bald von den
Mittelmächten. Bald war es bei der einen, bald bei
der anderen Partei mit dem Menschenmaterial zu
Ende.
Der Lagerkommandant hatte freundlicherweise erlaubt,
im Lager einen kleinen Laden einzurichten,
und diese Gerüchte kamen stets aus diesem Laden,
denn die Einkäufer und die Verkäufer stellten eine
Art Brücke zu der Außenwelt dar und kamen nicht
nur mit Lachskonserven und Ananaskompott beladen
nach Hause, sondern auch Nachrichten brachten
sie in großer Menge. Der Laden hieß russisch Lawka,
und so wurde er auch unter den Gefangenen genannt.
Aber die Nachrichten der Lawka stillten nicht vollkommen
die Sensationslust der Gefangenen. Es erregte
viel Freude, als die Nachricht kam, man werde
ein Lagerwitzblatt, die „Lebendigen Blätter“, herausgeben.
In dem Blatte, der allerersten Blüte ostsibirischer
Gefangenenpoesie, war ein leiser revolutionärer
Ton zu hören. Man zog gegen den Rangälteren
los: „Alles rafft, erwischt, verschlingt er. der Rangältere...“
Das Blatt sprach übrigens auch davon, was sonst
ein jeder verschwieg, was aber doch in jedem Mann
hier loderte: von Frauen: Knie waren darin zu sehen,
gekräuselte Dessous, Frauenschuhe und Hüften. Die
Frauen waren meist im Profil abgebildet (Baron Fest
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