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Untitled - Adatbank

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In diesen Tagen kam die Verständigung der Lagerkommandantur,<br />

daß im Auftrage des „Roten Kreuzes“<br />

eine Gräfin Kinsky eben aus der Heimat angekommen<br />

sei und im Verlaufe ihrer Besuche der<br />

Kriegsgefangenlager auch dieses Lager besuchen<br />

werde. Eine gewaltige Erregung bemächtigte sich des<br />

ganzen Lagers. Ein lebendes Wesen aus der Heimat!<br />

Der zärtliche Blick einer aristokratischen Dame, im<br />

Namen aller zu Haus gebliebenen Lieben ausgesandt!<br />

Ein Kadett, der gerade seine zerrissene Bluse<br />

flickte, ließ diese Arbeit sein. „Werde doch nicht<br />

dumm sein. Justament stelle ich mich in zerrissener<br />

Bluse vor die Gräfin hin und verlange eine neue.“<br />

Manche machten sich an lange Briefe, welche sie<br />

durch die Gräfin heimschicken wollten. Ein Kadett<br />

sagte, die Gräfin hätte Besitzungen in der Nähe seines<br />

Heimatortes. Möglich, daß die Gräfin seine Frau<br />

kennt. In diesem Fall hoffte er bestimmt, die Gräfin<br />

werde ihm Aufschluß geben über das Rätsel. Das<br />

Rätsel bestand darin, daß seine Frau, obwohl er bereits<br />

vier Jahre abwesend war, einem Kinde das Leben<br />

schenken konnte. Gibt es dagegen keine Maßregeln?<br />

Aber am nächsten Tage wurde bekanntgegeben,<br />

daß niemand eine Einzelbitte tun solle. Man wollte<br />

der Gräfin die Bitte gemeinsam unterbreiten. Man<br />

wollte nur das verlangen, was dem Interesse des<br />

ganzen Lagers diene. Ebenso würden die Beschwerden<br />

gegen die russische Kommandantur gemeinsam<br />

überreicht. Nun gab es ein Putzen und Aufräumen,<br />

jedermann rasierte sich, bürstete die Kleider, jener<br />

Kadett nähte nun doch den Riß seiner Bluse, der<br />

sich mittlerweile schon bedeutend erweitert hatte.<br />

Vor elf Uhr rannten Boten durch die Säle und mahnten<br />

zur Bereitschaft. Endlich erklang, pünktlich um<br />

elf Uhr, wie besprochen, das Klingeln am Tor des<br />

Lagers. Die russischen Wächter öffneten weit das Tor.<br />

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