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Die Deutschlandberichterstattung der Vie Intellectuelle (1928 - 1940 ...

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wünscht, nämlich den Ausweg aus <strong>der</strong> Misere. 1 Daniel-Rops bezeichnet Hitler in<br />

dem Zusammenhang als „champignon vénéneux poussé sur une meule de fermentation“.<br />

2<br />

Seine wachsende Anhängerschaft löst bei <strong>Vie</strong> int. Beunruhigung aus. Mit dieser Einschätzung<br />

ist die Zeitschrift ihrer Zeit voraus. Denn Mitte 1932 gibt es in Frankreich<br />

noch keine einheitliche Haltung Hitler gegenüber o<strong>der</strong> ein gemeinsames Bewußtsein,<br />

das Hitler und die Nationalsozialisten betrifft. Das entwickelt sich erst nach <strong>der</strong><br />

Machtergreifung am 30. Januar 1933. 3<br />

In seiner Bedeutung für Deutschland schätzt Daniel-Rops also Hitler falsch ein: er<br />

verharmlost ihn. Resigniert-schnippisch gibt er zu verstehen, daß den Deutschen, als<br />

den Besiegten, natürlich nichts besser gefallen würde, als den Siegern Angst einzujagen.<br />

4<br />

A.-H. Delorme 5 empfindet einige Monate später die innenpolitische Situation in<br />

Deutschland zu Recht als sehr verwirrend. 6 Er spielt auf Ereignisse an, die zur<br />

Schwächung Hitlers geführt hätten, bezeichnet sie aber nicht näher. Dabei könnte er<br />

sich beziehen auf die zweimalige Auflösung des Reichstags im Juni und September<br />

1932, auf die anschließenden Reichstagswahlen im Juli 1932, wo die Nationalsozialisten<br />

zur stärksten Partei aufsteigen, und auf die Ablehnung Hitlers, sich an <strong>der</strong> Regierung<br />

zu beteiligen, weil er die ganze Macht beansprucht.<br />

Das Ansehen Hitlers mag aus Delormes Sicht gesunken sein, weil die SA im Sommer<br />

1932 eine Welle <strong>der</strong> Gewalt und des politischen Terrors in Deutschland auslöste<br />

und weil ab Juli/August 1932 die Kurve <strong>der</strong> Wirtschaftsentwicklung zu steigen begann,<br />

was umgekehrt die Kurve <strong>der</strong> Nationalsozialisten nach ihrem Höhepunkt im<br />

1 So hat es auch Hörling für die Presse <strong>der</strong> politischen Linke und <strong>der</strong> Mitte festgestellt, die die deutsche<br />

Wirtschaftsmisere eng mit dem Aufstieg Hitlers und <strong>der</strong> Nationalsozialisten in Verbindung<br />

bringt; vgl. Hörling, a.a.O., S. 633, 635<br />

2 <strong>Vie</strong> int., a.a.O.<br />

3 Bis dahin konstatiert Duroselle, a.a.O., S. 61, 185-188, eine verbreitete Unkenntnis <strong>der</strong> Franzosen,<br />

was das Ausland und speziell Deutschland betrifft,. die er auf die Reiseunlust <strong>der</strong> Franzosen zurückführt.<br />

Hinzu kommt, daß laut Duroselle, kaum einer Mein Kampf gelesen hatte, weil es erst 1934<br />

übersetzt erschien. Jetzt, im Mai 1932, ist (bis Anfang 1934) die Linke an <strong>der</strong> Macht mit Herriot als<br />

Ministerpräsidenten und Paul-Boncour als Verteidigungsminister. Albert Lebrun ist Staatspräsident,<br />

Bloch, a.a.O., S. 380. Von Joseph Paul-Boncour ist bekannt, daß er erschrocken war über das Aufkommen<br />

<strong>der</strong> nationalsozialistischen Bewegung. Als französischer Delegierter im Völkerbund und auf<br />

den Abrüstungskonferenzen 1924-1932 hatte er sich immer für die kollektive Sicherheit und ein Entgegenkommen<br />

gegenüber Deutschland eingesetzt. Jetzt ist er einer <strong>der</strong> wenigen Franzosen, die schon<br />

zu diesem frühen Zeitpunkt die Gefahr erkennen, die von Hitler für Frankreich und Europa ausgeht,<br />

a.a.O., S. 382. <strong>Die</strong> Sorge um diese Gefahr teilt er mit dem linken Lager, das sich aber noch bis 1933<br />

für eine Verständigung mit Deutschland ausspricht, a.a.O., S. 386.<br />

4 <strong>Vie</strong> int., April-Juni 1932, S. 276<br />

5 Zu dem Dominikanerpater, <strong>der</strong> die französische Kolonie in Berlin betreut, siehe Kapitel „Außenpolitik“.<br />

6 <strong>Vie</strong> int., Oktober-Dezember 1932, S. 255<br />

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