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Die Deutschlandberichterstattung der Vie Intellectuelle (1928 - 1940 ...

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energisch entgegentreten müßte, hält sie am bedingungslosen Pazifismus fest. Zum<br />

Pazifismus bekehrt sich nun ab 1935/36 die politische Rechte, während die Linke<br />

ihre pazifistische Haltung aufgibt und beginnt, über eine nationale Verteidigung<br />

nachzudenken.<br />

Den Anschluß Österreichs an das Dritte Reich beurteilt <strong>Vie</strong> int. negativ. Sie fürchtet<br />

zu Recht den deutschen Machtzuwachs und den Verlust <strong>der</strong> katholischen Kulturhoheit.<br />

Um so verblüffter reagiert sie, als sich <strong>der</strong> national-konservativ gesonnene österreichische<br />

Klerus im März 1938 auf einmal zum Nationalsozialismus bekennt. Sie<br />

kritisiert die Unterwürfigkeit und den Opportunismus ihrer österreichischen Glaubensbrü<strong>der</strong>.<br />

1937 zeigt <strong>Vie</strong> int. Verständnis für die Autonomiebestrebungen <strong>der</strong> Sudetendeutschen,<br />

womit sie etwas ins rechte Spektrum rutscht. <strong>Die</strong> Rechten nehmen ungefähr<br />

seit Mitte <strong>der</strong> 30er Jahre eine deutlich pro-deutsche Einstellung ein.<br />

Anfang 1938 begreift <strong>Vie</strong> int., daß das System <strong>der</strong> kollektiven Sicherheit gescheitert<br />

ist. Was sich im Südosten zusammenbraut, scheint Frankreich und die Zeitschrift zu<br />

überraschen. Deswegen gibt es plötzlich ausführliche Berichte über die Tschechoslowakei<br />

und die Unabhängigkeitsbestrebungen <strong>der</strong> Sudetendeutschen. Nachdem <strong>Vie</strong><br />

int. das Sudetenproblem lange verkannt hatte, steht sie nun wie die linke Opposition<br />

um Léon Blum für die Bündnistreue zur Tschechoslowakei. Sie hofft aber, wie die<br />

meisten Franzosen, den Krieg noch einmal abwenden zu können. Daraus wird nichts.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Vie</strong> int., die sich mit Regierungskritik immer zurückgehalten hatte, bezeichnet<br />

die Preisgabe <strong>der</strong> Tschechoslowakei durch die französische Rechtsregierung nun als<br />

Feigheit.<br />

Es scheint, als hätte sie gegen ein kriegerisches Vorgehen gegen Deutschland nichts<br />

mehr einzuwenden. Sie ist ein entschiedener Gegner des Münchner Abkommens und<br />

verficht von da an eine harte Haltung gegenüber Deutschland. <strong>Die</strong> bessere Lösung sei<br />

zwar immer noch, einen Krieg zu vermeiden, aber nicht mehr unter je<strong>der</strong> Bedingung.<br />

<strong>Vie</strong> int. kritisiert diejenigen französischen Schriftsteller, die sich lieber von Hitler<br />

beherrscht sehen wollten, statt in den Krieg zu ziehen. Und Wut und Enttäuschung<br />

lösen bei ihr das inoffensive Wegsehen <strong>der</strong> Regierung bei Hitlers Einmarsch in die<br />

Tschechoslowakei aus.<br />

In <strong>der</strong> Vorkriegsphase erkennt <strong>Vie</strong> int. deutlich Hitlers Machthunger, den er jetzt mit<br />

Polen und danach wahrscheinlich mit Frankreich stillen wird. Wie fast die gesamte<br />

Tagespresse for<strong>der</strong>t sie ein energisches Vorgehen gegen Deutschland.<br />

Was die ideologische Haltung betrifft, läßt sich feststellen, daß <strong>Vie</strong> int. fast in dem<br />

gesamten Beobachtungszeitraum pazifistisch eingestellt ist, gleich ob dies auch gerade<br />

die politische Haltung <strong>der</strong> Linken (1933-1935) o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Rechten (1936-<strong>1940</strong>) ist.<br />

Ungeachtet <strong>der</strong> jeweiligen Regierungsauffassung ist sie bis 1938 pro-deutsch und auf<br />

Verständigung aus. Erst ab dem Münchner Abkommen wendet sich das Blatt. Sie<br />

will zwar immer noch den Frieden durch Verhandlungen - das muß sie als katholisches<br />

Organ - aber um Frankreich zu verteidigen, würde sie auch in den Krieg<br />

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