Die Deutschlandberichterstattung der Vie Intellectuelle (1928 - 1940 ...
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Film<br />
Größere Beachtung als dem Theater, <strong>der</strong> Musik und den Bildenden Künsten schenkt<br />
<strong>Vie</strong> int. dem deutschen Film. Aber nicht <strong>der</strong> Unterhaltungsfilm o<strong>der</strong> <strong>der</strong> künstlerische<br />
Film stehen im Mittelpunkt des Interesses, son<strong>der</strong>n die Bedeutung des Dokumentarfilms.<br />
<strong>Die</strong> Gattungsbezeichnung Dokumentarfilm wäre aus heutiger Sicht in Anführungsstriche<br />
zu setzen, denn diese Streifen sind zu reinen Propagandazwecken erstellt<br />
worden. Das konzediert auch Peyrebère de Guilloutet, <strong>der</strong> zwischen 1937 und 1939<br />
alle Berichte zu diesem Thema verfaßt. 1<br />
Unter Propaganda läßt sich, laut Guilloutet, die erzieherische Funktion des Films<br />
hinsichtlich <strong>der</strong> Darstellung aller Lebensbereiche subsumieren; z.B. Leibeserziehung,<br />
Körperpflege, Lebensrettung, Medizin, Technik; auch: Wie wird man Offiziersanwärter<br />
bei <strong>der</strong> Handelsmarine. 2 Als Propaganda erkennt er ebenso richtig die Vorbereitung<br />
<strong>der</strong> Bevölkerung auf einen Krieg. 3 Damit verbunden ist die Rolle des Films<br />
als Mitarbeiter des Staates, wenn es darum geht, die Errungenschaften <strong>der</strong> Autarkiebestrebungen<br />
4 einer breiten Öffentlichkeit mitzuteilen. 5 Nationalsozialistische Propaganda<br />
ist auch, aber als solche nicht von Guilloutet erkannt, wenn Optimismus systematisch<br />
aufgebaut und per Film verbreitet wird. Er hinterfragt nicht die Gründe<br />
dafür. Sie liegen in <strong>der</strong> Ablenkung <strong>der</strong> Menschen von ihren bedrängenden Lebenssorgen.<br />
6<br />
Peyrebère de Guilloutet übernimmt unkritisch die Kommentare <strong>der</strong> Reichsfilmkammer<br />
anläßlich <strong>der</strong> Präsentation des deutschen Films in Paris vom 6.-12. September<br />
1937. 7 Zwar erkennt er, daß die vorgestellten Filme nur Deutschlands Macht und<br />
Stärke demonstrieren, aber er findet das gut. 8 Er bewun<strong>der</strong>t die Bedeutung des Films<br />
in Deutschland. Er verliert kein Wort darüber, daß die Filmproduktion nicht unabhängig<br />
und frei ist, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> lange Arm des Staates. 9 Davon muß er als Deutschlandbeobachter<br />
jedoch gewußt haben, denn was bedeutet die Gründung einer Reichsfilmkammer<br />
im Juli 1933 10 und einer Deutschen Filmakademie im März 1938 11<br />
an<strong>der</strong>es als die Durchsetzung <strong>der</strong> Weltanschauung <strong>der</strong> neuen Machthaber. Guilloutet<br />
beschreibt anerkennend, daß deutsche Schauspieler Mitbestimmungsrecht bei <strong>der</strong><br />
1 <strong>Vie</strong> int., 10.5.1937, S. 488-492; 25.12.1937, S. 309-313; 25.2.1938, S. 259-160; 10.3.1939, S. 318;<br />
25.6.1939, S. 459<br />
2 <strong>Vie</strong> int., 25.12.1937, S. 311; 25.2.1938, S. 159<br />
3 a.a.O., 25.12.1937, S. 311<br />
4 z.B. bei <strong>der</strong> Gummiherstellung <strong>der</strong> Ersatz von Öl durch Kohle; a.a.O., S. 313<br />
5 vgl. hierzu auch Wulf, Joseph: Theater und Film im Dritten Reich. Eine Dokumentation; Sigbert<br />
Mohn Verlag, Gütersloh 1964, S. 310.330<br />
6 Hermand/Trommler, a.a.O., S. 269, 292; Laqueur, a.a.O., S. 313; Wulf, a.a.O., S. 341<br />
7 <strong>Vie</strong> int., 25.12.1937, S. 309<br />
8 a.a.O., 10.3.1939, S. 318<br />
9 Wulf, a.a.O., S. 265 f<br />
10 a.a.O., S. 283<br />
11 <strong>Vie</strong> int., 25.6.1939, S. 459; Wulf, a.a.O., S. 302<br />
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