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Die Deutschlandberichterstattung der Vie Intellectuelle (1928 - 1940 ...

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unterstützen, 1 ohne zu sehen, daß die französische Regierung kein Interesse daran<br />

hat, einem autoritären Regime zu helfen, das die Sozialdemokraten ausschalten will 2<br />

und das auf dem Weg ist, aus Österreich einen katholischen Ständestaat zu machen. 3<br />

<strong>Die</strong>se neue Orientierung Österreichs jedoch betrachtet <strong>Vie</strong> int. mit dem größten<br />

Wohlwollen. Damit liegt die Zeitschrift ganz auf <strong>der</strong> Linie des französischen Bürgertums,<br />

das in breiten Kreisen katholisch denkt und antisozialistisch wählt. 4<br />

Ende 1933 ist die Haltung <strong>der</strong> <strong>Vie</strong> int.-Autoren zum Anschluß Österreichs folgen<strong>der</strong>maßen:<br />

Er wird als Annexion bezeichnet, als wi<strong>der</strong>rechtlicher Zugriff eines imperialistischen<br />

Staates auf einen an<strong>der</strong>en. <strong>Vie</strong> int. zeigt sich anti-nationalsozialistisch,<br />

aber nicht anti-deutsch, wenn es um die Stärkung deutschen Kulturgutes und des katholischen<br />

Glaubens auf österreichischem Boden geht. <strong>Die</strong> Autoren sind nationalistisch<br />

und klerikal. Sie schreiben als Katholiken und beleuchten die österreichischen<br />

Eigenständigkeitsbestrebungen und die Abwehr <strong>der</strong> deutschen Nationalsozialisten<br />

aus dieser Sicht. Das ist genau das, was von den Statuten <strong>der</strong> <strong>Vie</strong> int. gefor<strong>der</strong>t wird:<br />

Von den Ereignissen des politischen, sozialen und intellektuellen Lebens im In- und<br />

Ausland berichten und sie unter katholischen Prämissen bewerten. 5<br />

Am Beispiel Österreichs wird deutlich, wie sich die Furcht vor einem neuen Krieg in<br />

Europa ausbreitet. <strong>Die</strong> Sorge vor einer bewaffneten Auseinan<strong>der</strong>setzung sowie die<br />

Hoffnung, den Frieden erhalten zu können, sind Sorgen, die in allen <strong>der</strong> Außenpolitik<br />

gewidmeten Aufsätzen zum Ausdruck kommen.<br />

Bereits im Oktober 1933 erwartet die französische Öffentlichkeit angsterfüllt die<br />

Annexion Österreichs. 6 Mit dieser Furcht steht sie nicht allein, denn Mussolini<br />

fürchtet ebenfalls einen solchen Schritt, den er nicht zulassen will. Über die Gemeinsamkeit<br />

zwischen <strong>der</strong> französischen und italienischen Interessen im Donauraum,<br />

sprich: Österreich 7 , läßt <strong>Vie</strong> int. ihre Leser aber im Unklaren. Sie weist tadelnd darauf<br />

hin, daß „gewisse Kreise in Frankreich“ 8 , und damit meint sie die Linke, das gemeinsame<br />

französisch-italienische Vorgehen nicht gutheißen und ihre Aversion gegen den<br />

Faschismus über die Interessen des eigenen Landes stellen. 9 <strong>Vie</strong> int. wirft <strong>der</strong> Linken<br />

mangelndes nationales Empfinden vor. Sie ihrerseits vertritt voll den harten außenpolitischen<br />

Kurs Barthous, <strong>der</strong> durch eine Annäherung an Italien und an die Sowjetunion<br />

eine Isolierung Deutschlands betreibt. 10<br />

1 <strong>Vie</strong> int., 10.10.1933, S. 100<br />

2 Benedikt, a.a.O., S. 205<br />

3 <strong>Vie</strong> int., a.a.O. In manchen Werken <strong>der</strong> Sekundärliteratur herrscht die Auffassung, daß <strong>der</strong> Ständestaat<br />

nie verwirklicht wurde. Das Nichtzustandekommen <strong>der</strong> ständestaatlichen Ordnung wird darauf<br />

zurückgeführt, daß die Zusammenfassung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu Berufsständen<br />

eine soziale Utopie sei; vgl. hierzu Benedikt, a.a.O., S. 222 und Carsten, a.a.O., S. 218-219<br />

4 Frankreich-Lexikon, a.a.O., II, S. 392<br />

5 <strong>Vie</strong> int., Vorwort zur Erstausgabe: A nos lecteurs, Oktober <strong>1928</strong><br />

6 <strong>Vie</strong> int., 10.10.1933, S. 93<br />

7 Vgl. hierzu Benedikt, a.a.O., S. 205-206 und Bloch, a.a.O., S. 44<br />

8 <strong>Vie</strong> int., 10.9.1934, S. 464<br />

9 a.a.O.<br />

10 Poidevin/Bariéty, a.a.O., S. 382<br />

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