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Die Deutschlandberichterstattung der Vie Intellectuelle (1928 - 1940 ...

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Der Leser bekommt einen beklemmenden, schrecklichen Eindruck vom zeitgenössischen<br />

religiösen Leben in Deutschland. <strong>Die</strong> beschriebenen Vorgänge wirken erschütternd.<br />

Hier entsteht ein sehr, sehr negatives Deutschlandbild.<br />

Rückblickend ist festzustellen, daß die Berichterstattung <strong>der</strong> <strong>Vie</strong> int. über die katholische<br />

Frage in wichtigen Punkten teils lückenhaft und nicht immer chronologisch<br />

deckungsgleich mit den historischen Fakten ist.<br />

So erfährt die Entwicklung <strong>der</strong> katholischen Problematik im Grunde nicht mit <strong>der</strong><br />

Machtergreifung Hitlers eine Wende, son<strong>der</strong>n zunächst mit dem Aufstieg <strong>der</strong> Partei<br />

und dann mit <strong>der</strong> Rede Hitlers im März 1933. Bereits 1930/31 kehrt <strong>der</strong> Katholizismus<br />

den Nationalsozialisten den Rücken, was bis zum Verbot <strong>der</strong> Parteimitgliedschaft<br />

geht. Das bleibt so bis zur Machtergreifung Hitlers, die aber nichts verän<strong>der</strong>t,<br />

weil die Fronten ja schon verhärtet sind. Dann hält Hitler im März seine beschwichtigende<br />

Rede. Sie führt zum Auftauen bei den Katholiken. Im Gefühl, die Verbote<br />

und Warnungen seien nun nicht mehr nötig, läßt sich das deutsche Episkopat von<br />

Hitler überzeugen. Daraufhin wird im Juli 1933 das von beiden Seiten als nicht unvorteilhaft<br />

angesehene Konkordat abgeschlossen. Ab dem Herbst 1933 verschlechtern<br />

sich aber die Beziehungen, die sich nie mehr bessern.<br />

Der positive Einschnitt im Verhältnis Kirche - Staat ist also die Rede Hitlers, <strong>der</strong><br />

negative, <strong>der</strong> beginnende und anhaltende Vertragsbruch durch die Nationalsozialisten.<br />

Davon berichtet <strong>Vie</strong> int. <strong>Die</strong> positive Wende wird wahrgenommen, sie weiß<br />

aber nicht, was sie davon halten soll. Sie möchte nicht glauben, daß die Katholiken<br />

aus Zweckdenken auf die Nationalsozialisten zugehen. Sie verteidigt die deutschen<br />

Bischöfe vor dem Vorwurf des Opportunismus durch die französischen Katholikenkollegen.<br />

Ab dann folgt die lange und breite Kommentierung <strong>der</strong> Angriffe <strong>der</strong> Nationalsozialisten<br />

gegen die Kirche.<br />

Wovon <strong>Vie</strong> int. nicht berichtet, ist die Phase des scharfen Rückzugs vor <strong>der</strong> aufkommenden<br />

Macht <strong>der</strong> Nationalsozialisten seit September 1930. <strong>Die</strong> kämpferische Linie<br />

dauert immerhin zweieinhalb Jahre bis März 1933. Davon steht in <strong>Vie</strong> int. in dieser<br />

Zeit kein Wort. Statt dessen bringt sie freundlich unkritische Beiträge über katholische<br />

Organisationen, die Friedensbewegung einiger Katholiken, das Zentrum und den<br />

Kardinal, wahrscheinlich, weil sie besser in die Phase <strong>der</strong> Entspannung und Aussöhnung<br />

dieser beiden Län<strong>der</strong> passen. Deshalb erscheint dem Leser <strong>der</strong> Januar 1933 als<br />

Bruch in <strong>der</strong> Thematik und im Tonfall, obwohl es diesen Bruch zu diesem Zeitpunkt<br />

in Wirklichkeit nicht gegeben hat.<br />

<strong>Die</strong> Ereignisse in <strong>der</strong> protestantischen Kirche werden von <strong>Vie</strong> int. auch kritisiert. Sie<br />

lehnt die Anwendung des totalitären Prinzips auf die Kirche ab, das mit dem Zusammenschluß<br />

<strong>der</strong> evangelischen Kirchen verbunden ist. <strong>Die</strong> Berichterstattung ist<br />

kenntnisreich aber kurz. <strong>Die</strong> evangelische Kirche in Deutschland ist verständlicherweise<br />

für die katholische <strong>Vie</strong> int. von geringerem Interesse.<br />

Der Rückblick auf die französisch-deutschen Empfindungen von <strong>Vie</strong> int. zeigt für die<br />

Zeit vor <strong>der</strong> Machtergreifung Hitlers, daß die Deutschen gewillt seien, auf die Franzosen<br />

zuzugehen. Ebenso appellieren französische Autoren an ihre Leser, ihr Mei-<br />

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