Die Deutschlandberichterstattung der Vie Intellectuelle (1928 - 1940 ...
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dauernswertes Mißgeschick abtun. 1 Scherer warnt ausdrücklich vor den Folgen des<br />
Rassenwahns:<br />
C’est à cause de ce matérialisme du sang et de cette divinisation des forces<br />
biologiques de la race que le racisme constitue un péril non seulement politique,<br />
mais spirituel. Il tend à l’instauration d’une religion, il est une religion. Il<br />
ne tolère la ‘concurrence’ d’aucune autre religion, et singulièrement celle d’une<br />
religion universelle dont la catholicité même lui semble un scandale et un nonsens.<br />
2<br />
Ihm ist jetzt, Mitte 1938, bewußt, daß Hitlers Rassendoktrin lange Zeit in Frankreich<br />
nicht ernst genommen wurde. 3 Scherer begrüßt deshalb die päpstliche Enzyklika<br />
„Mit brennen<strong>der</strong> Sorge“, die den deutschen Rassismus, den Pantheismus und die<br />
Vergöttlichung <strong>der</strong> totalitären Staatsidee verurteilt. 4<br />
In diesem Sinne liefert denn auch Christianus, <strong>der</strong> religiöse Leitartikler, ein Schlußwort<br />
zur deutschen Rassenpolitik:<br />
On ne peut s’empêcher de penser avec amertume, cependant, à l’étrange destin<br />
de ce peuple allemand en proie aux mauvais maîtres. Le voilà voué au culte orgueilleux<br />
de lui-même, raidi dans un messianisme exalté qui est la forme quasi<br />
mystique à la fois d’un particularisme ombrageux et d’un impérialisme insatiable.<br />
Avec acharnement, il se débarrasse des Juifs. 5<br />
<strong>Die</strong> katholische Rechte, wie sie in <strong>Vie</strong> int. zu Wort kommt, ist also gespalten, was die<br />
deutsche Judenfrage angeht. <strong>Die</strong> orthodoxen Katholiken, wie z.B. O.F. de Battaglia,<br />
Etienne de Greeff und Marc Scherer verurteilen den Rassenwahn als biologischen<br />
Materialismus, <strong>der</strong> nicht mit <strong>der</strong> christlichen Glaubenslehre übereinstimmt, nach <strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Mensch von Gott geschaffen ist und vor Gott alle Menschen gleich sind. Sie können<br />
sich nicht vorstellen, daß man Menschen züchten kann. <strong>Die</strong> an<strong>der</strong>en lehnen den<br />
Gedanken <strong>der</strong> Menschenzucht auch ab (aber nur, weil durch Fehler wie<strong>der</strong>um unwertes<br />
Leben entstehen könnte), finden aber die Möglichkeit, durch Selektion eine<br />
Art menschlicher Aristokratie zu schaffen, nicht abschreckend son<strong>der</strong>n interessant.<br />
Dazu gehören z.B. Antoine Hilckmann und Louis Le Fur. <strong>Die</strong> meisten Autoren, die<br />
sich zu diesem Thema äußern, empfinden Mitleid mit den Juden in Deutschland, z.B.<br />
J.T. Delos, Kurt Türmer und die pseudonymen Leitartikler Civis und Christianus.<br />
Kaum einer zeigt offenen Antisemitismus wie z.B. Martial Viveyrol und Robert<br />
Pitrou; letzterer veröffentlicht zahlreiche Artikel, aus denen seine antijüdische Einstellung<br />
zu Tage tritt. 6 <strong>Die</strong> unkommentiert und ohne Namen abgedruckten „Docu-<br />
1 <strong>Vie</strong> int., a.a.O., S. 44<br />
2 a.a.O., S. 45, 46<br />
3 <strong>Vie</strong> int., 25.5.1938, S. 44. Das stellt Dominique Bourel für das katholische Milieu um Charles du Bos<br />
auch fest: „Il y a d’ailleurs peu de réactions aux événements politiques des deux pays et presque rien<br />
sur la barbarie brune qui s’abat lentement depuis 1933; in: Les relations culturelles francoallemandes<br />
dans les années trente: Charles du Bos entre la France et l’Allemagne, Colloque du<br />
C.N.R.S., Paris 1990, o.S.<br />
4 Siehe auch hier Kapitel: „<strong>Die</strong> katholische Frage“<br />
5 <strong>Vie</strong> int., 25.6.1938, S. 324<br />
6 Siehe hier Kapitel: „Ideologie“<br />
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