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Die Deutschlandberichterstattung der Vie Intellectuelle (1928 - 1940 ...

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Dennoch weckt <strong>der</strong> „Sieg des Germanentums“ 1 in <strong>Vie</strong> int. Zweifel, ob es dann auch<br />

wirklich zu einer Befriedung kommt o<strong>der</strong> ob die „deutsche Selbstüberschätzung“ 2<br />

nicht weitere Gebietsansprüche in Danzig, im polnischen Korridor, in Posen und in<br />

Österreich stellen wird. 3 Der diese weitblickende Frage stellt, ist wie<strong>der</strong>um André D.<br />

Tolédano, <strong>der</strong> außenpolitische Beobachter von <strong>Vie</strong> int. Er resigniert angesichts <strong>der</strong><br />

zunehmenden Macht Deutschlands und hofft inständig, es möge sich mit dem jetzigen<br />

Stand begnügen. 4<br />

Bei <strong>der</strong> Auswertung <strong>der</strong> Artikel wird deutlich, daß <strong>Vie</strong> int. ein starkes Interesse an <strong>der</strong><br />

Saarfrage hat. Es ist aber erstaunlich, wie sie laviert. Erst nach dem Volksentscheid<br />

präzisiert sie ihre Meinung, indem sie das Ergebnis nur allzu bereitwillig akzeptiert.<br />

<strong>Die</strong>ser Opportunismus, den die Zeitschrift auf denjenigen Gebieten <strong>der</strong> <strong>Deutschlandberichterstattung</strong><br />

zeigt, wo Politik und Katholizismus aufeinan<strong>der</strong>stoßen, liegt in dem<br />

Dilemma begründet, die päpstlichen Direktiven beachten zu müssen, ohne an<strong>der</strong>slautende<br />

Meinungen unterdrücken zu wollen. In solchen Fällen zwingt sie den Leser,<br />

zwischen den Zeilen zu lesen, was die Information über Deutschland nicht eben erleichtert.<br />

Im Februar 1935 vermerkt Tolédano ein allseitiges Mißtrauen gegenüber Deutschland.<br />

5 Fast trotzig stellt er klar, daß Frankreich keinerlei Hegemonieansprüche hege,<br />

das habe seine Zurückhaltung bei <strong>der</strong> Saarabstimmung ja wohl gezeigt. Deshalb<br />

brauche sich Deutschland auch vom geplanten Ostpakt nicht „eingekesselt“ zu fühlen;<br />

das sei „reine Einbildung“. 6 <strong>Die</strong>se Argumentation Tolédanos ist insofern korrekt,<br />

als Deutschland ebenso wie auch Rußland und alle Staaten Mittel- und Osteuropas<br />

eingeladen war, an diesem Vertragssystem teilzuhaben. <strong>Die</strong> Staaten sollten sich zu<br />

gegenseitigem Beistand im Angriffsfalle verpflichten. Der Ostpakt wurde vom französischen<br />

Außenminister Barthou ausgearbeitet. 7 <strong>Die</strong>ser wußte jedoch, daß England<br />

den Vertrag und überhaupt die gesamte französische Sicherheitspolitik mißbilligte, 8<br />

weil es seit Ende des Ersten Weltkriegs seine alte Politik des „Gleichgewichts <strong>der</strong><br />

Kräfte“ betrieb. 9 Es wollte Frankreichs Machtposition auf dem Kontinent schwächen<br />

und begünstigte deshalb insgeheim die Wie<strong>der</strong>aufrüstung Deutschlands und einige<br />

seiner revisionistischen Bestrebungen im Osten. 10 Deutschland lehnte dann auch die<br />

Beteiligung am Ostpakt ab; ebenso Polen und die baltischen Staaten. 11<br />

Aus diesem Zusammenhang heraus versteht man den Vorwurf Tolédanos, Deutschland<br />

wolle Frankreich von England trennen. 12<br />

1 <strong>Vie</strong> int., 25.1.1935, S. 264<br />

2 a.a.O., S. 235<br />

3 a.a.O., S. 264<br />

4 a.a.O., S. 265<br />

5 <strong>Vie</strong> int., 25.2.1935, S. 120<br />

6 a.a.O., S. 122<br />

7 Bloch, a.a.O., S. 441<br />

8 a.a.O., S. 442<br />

9 a.a.O., S. 261<br />

10 a.a.O., S. 261, 266, 325, 332<br />

11 a.a.O., S. 442<br />

12 <strong>Vie</strong> int., 25.2.1935, S. 120<br />

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