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Die Deutschlandberichterstattung der Vie Intellectuelle (1928 - 1940 ...

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Ende <strong>der</strong> 20er und Anfang <strong>der</strong> 30er Jahre will <strong>Vie</strong> int. den Frieden. Sie kann sich wie<br />

Briand ein vereintes Europa vorstellen. Partner im Friedensdialog sind für sie in<br />

Deutschland eher die geistig inspirierten Kräfte; die Sozialdemokraten o<strong>der</strong> die sich<br />

zersplitternden National-Konservativen kommen dafür nicht in Frage. Den deutschen<br />

Wunsch nach militärischer Gleichberechtigung und <strong>der</strong> Revision seiner Ostgrenze<br />

unterstützt sie nicht. Sie ist pazifistisch eingestellt, was sie in diesem Punkt und zu<br />

dieser Zeit den Linkskräften in Frankreich zuordnet. Sie will wohl den Frieden,<br />

macht aber keine Lösungsvorschläge und stellt Deutschland als ewigen Aggressor<br />

dar.<br />

Was das Saarland betrifft, so überläßt Laval es den Deutschen. <strong>Vie</strong> int. befürwortet<br />

dieses konfliktfreie Vorgehen, obwohl sie die Hitler-Gefahr für Frankreich erkennt.<br />

Für sie ist weniger die politische Situation im Saarland von Bedeutung als das<br />

Schicksal <strong>der</strong> Katholiken. Da <strong>der</strong> Papst den Einheitswunsch <strong>der</strong> Trierer Bischöfe mit<br />

dem Reich akzeptiert, fügt sich dem auch <strong>Vie</strong> int.<br />

Nur wenige Autoren in <strong>Vie</strong> int. ahnen, daß ein Präventivkrieg die beste Möglichkeit<br />

wäre, Deutschland jetzt in Schach zu halten. Dazu gehören André de Tolédano und<br />

Robert d’Harcourt. <strong>Die</strong> von den Linken gefor<strong>der</strong>te Abrüstung sehen sie als fatal an.<br />

<strong>Die</strong> Abrüstungsverhandlungen scheitern im April 1934, und Deutschland rüstet nun<br />

ungehin<strong>der</strong>t auf. <strong>Die</strong>se wenigen Journalisten sind sich <strong>der</strong> außenpolitischen Bedrohung<br />

durch Deutschland bewußt, an<strong>der</strong>e verkennen sie vollkommen. Dazu gehören<br />

Alexandre de Montabert und <strong>der</strong> Teil <strong>der</strong> Franzosen, <strong>der</strong> sich zu den Kommunisten<br />

und Sozialisten zählt.<br />

In diesen Monaten um die Mitte <strong>der</strong> 30er Jahre erkennt man in <strong>Vie</strong> int. die Ohnmacht<br />

und Hilflosigkeit <strong>der</strong> Franzosen vor dem aufrüstenden, wie<strong>der</strong>erstarkten Deutschland.<br />

Von ihm fühlt sich Frankreich bedroht. In allen Artikeln steht explizit, daß Deutschland<br />

eine Gefahr darstellt; diese Gefahr wird nicht verharmlost, und aus allen Artikeln<br />

geht hervor, daß Frankreich nach Verbündeten Ausschau hält, um sich gegen<br />

Deutschland abzusichern, und daß diese Suche verzweifelt ist. Es kommt zu keinen<br />

stabilen, für Frankreich befriedigenden Bündnissen, weil je<strong>der</strong> prospektive Partner<br />

seine eigenen Interessen für o<strong>der</strong> gegen Deutschland vertreten will und weil vor allem<br />

England den Franzosen immer in den Rücken fällt; es will keine Sicherheitsgarantien<br />

für Frankreich übernehmen, weil es tendenziell eine prodeutsche Politik betreibt.<br />

<strong>Vie</strong> int. vermittelt den historisch richtigen Eindruck, daß die französische Außenpolitik<br />

in <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> 30er Jahre in hohem Maße von den an<strong>der</strong>en europäischen Mächten<br />

mitbestimmt wird, von ihnen gleichsam abhängig ist. <strong>Die</strong> Rüstungsdiskussion<br />

beherrscht die politischen Foren. Sie ist ein Gerangel um die Bestimmungen des Versailler<br />

Vertrags, die sukzessive von Deutschland mißachtet werden, wodurch die an<strong>der</strong>en<br />

europäischen Staaten in den ungewollten Zwang zur eigenen Aufrüstung geraten.<br />

Das Deutschlandbild <strong>der</strong> <strong>Vie</strong> int. ist in diesen außenpolitischen Rahmen eingebettet.<br />

Verbittert zeigt sich <strong>Vie</strong> int. über das englisch-deutsche Flottenabkommen, erlaubt es<br />

doch Deutschland die weitere Aufrüstung. Wohl wissend, daß man Deutschland<br />

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