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Die Deutschlandberichterstattung der Vie Intellectuelle (1928 - 1940 ...

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chemisch-pharmazeutische Industrien und die Handelsflotte so auszubauen, daß sie<br />

nicht einer mo<strong>der</strong>nen Kriegsführung dienen könnten. 1<br />

Vor den Bolschewisten hat er Angst. 2 Als ihre Wegbereiter betrachtet und fürchtet er<br />

die deutschen Sozialdemokraten. Er wirft ihnen fehlende Religiosität und jakobinische<br />

Methoden vor, die zur Lähmung des preußischen Staates führen würden. Hingegen<br />

bewun<strong>der</strong>t er das alte Preußen wegen seines Sinns für Vaterland, Arbeit und<br />

moralische Werte. 3 Folgerichtig fühlt er sich nicht bedroht von den deutschen National-Konservativen;<br />

diese seien zwar ehemals mächtig gewesen, zersplitterten sich<br />

jetzt aber in „agitatorischen Kleinkämpfen“. 4 Wie die Sozialdemokraten kommen die<br />

National-Konservativen also für ihn bezüglich einer Verständigung mit Deutschland<br />

nicht in Frage. Dazu seien die geistig inspirierten Kräfte besser geeignet. Delattre ist<br />

davon überzeugt, daß ein regelmäßiger und vertrauensvoller Dialog die einzige<br />

Garantie für einen dauerhaften Frieden ist und nicht etwa Aufrüstung. 5<br />

Anläßlich <strong>der</strong> Auflösung des Reichstags am 17. September 1932 analysiert A.H.<br />

Delorme die Stimmung in Deutschland in Bezug auf die durch den Versailler Vertrag<br />

geregelte Abrüstung. 6 Delorme ist gerade als Dominikaner für die in Berlin lebenden<br />

Franzosen tätig. Allem Anschein nach wird er das Opfer einer Intrige. In seinen Jahren<br />

in Berlin setzt er sich sehr für die deutsch-französische Annäherung ein. Er för<strong>der</strong>t<br />

beson<strong>der</strong>s die Kontakte zwischen französischen und deutschen Katholiken. In<br />

dieser Periode, von 1930 - 1933, also vor Hitler, reisen viele Katholiken nach<br />

Deutschland, wozu sie sich durch den damaligen Reichskanzler Brüning, einen Katholiken,<br />

ermutigt fühlen. 7 Delorme befürwortet denn auch die Gleichberechtigung<br />

des deutschen Volkes mit den Siegermächten von 1919. 8 Aber offenbar bezieht er<br />

eine mit <strong>der</strong> Sicht des Ordens wenig konforme Position, denn im Juni 1933 wird er<br />

nach Paris zurückberufen. Danach erscheinen von ihm keine Deutschlandartikel mehr<br />

in <strong>der</strong> <strong>Vie</strong> int. 9<br />

<strong>Die</strong> politische Lage hat er jedoch richtig eingeschätzt. Es ist die Zeit, in <strong>der</strong> die deutsche<br />

For<strong>der</strong>ung nach militärischer Gleichberechtigung und die französische nach<br />

einem Sicherheitssystem die europäische Politik beherrscht und die Spalten <strong>der</strong> <strong>Vie</strong><br />

int. füllt. Ein Großteil <strong>der</strong> öffentlichen Meinung in Frankreich wird von pazifistischen<br />

Gefühlen getragen, und auch in Deutschland wünscht das Volk den Frieden. 10<br />

Am 11. Dezember 1932 wird dann in Genf <strong>der</strong> Grundsatz <strong>der</strong> deutschen Gleichbe-<br />

1 <strong>Vie</strong> int., a.a.O., S. 93<br />

2 a.a.O., S. 95<br />

3 a.a.O., S. 96<br />

4 a.a.O.<br />

5 a.a.O., S. 97<br />

6 <strong>Vie</strong> int., Okt.- Dez. 1932, S. 255-260<br />

7 vgl. hier das Kapitel: „<strong>Die</strong> Annäherungsversuche <strong>der</strong> frz. Katholiken“<br />

8 <strong>Vie</strong> int., a.a.O., S. 257<br />

9 Trotz intensiver Nachforschung ist es mir nicht gelungen, Näheres zum Fall Delorme zu erfahren.<br />

Einen Nachlaß gibt es nicht mehr. (Archives du Saulchoir, Paris, März 1998).<br />

10 Poidevin/Bariéty, a.a.O. S. 375, 371 und Bloch, a.a.O., S. 435<br />

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