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Die Deutschlandberichterstattung der Vie Intellectuelle (1928 - 1940 ...

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echtigung in <strong>der</strong> Rüstung anerkannt. 1 <strong>Die</strong> For<strong>der</strong>ung nach einem europäischen Sicherheitssystem<br />

bleibt indessen unerfüllt. 2<br />

Zwei Monate später rät Jean Lapierre den Lesern <strong>der</strong> <strong>Vie</strong> int., wegen Hitlers Aufrüstungsdrohungen<br />

nicht den Kopf zu verlieren. Sie seien ja schließlich hinreichend<br />

bekannt. 3 Obwohl Lapierre zu den wenigen Franzosen zählt, die Mein Kampf gelesen<br />

haben, glaubt auch er, daß Hitlers „momentane Erfolge“ nicht von Dauer sein<br />

werden. 4 Vor allem in den Englän<strong>der</strong>n dürfte er wegen seines „leidenschaftlichen<br />

Temperaments“ keine Bundesgenossen finden. 5 Daß er sich Italien annähert, erscheint<br />

ihm wegen des gleichgelagerten nationalen Fanatismus normal. Lapierre erkennt<br />

klar, daß von Hitler für Frankreich eine Gefahr ausgeht. Dennoch rät er nicht<br />

zur militärischen Prävention son<strong>der</strong>n zu „Gerechtigkeit und Milde“ als den Waffen,<br />

die über Hitler triumphieren werden. 6<br />

<strong>Die</strong>se von ihm selbst als pazifistisch beschriebene Einstellung 7 und den Antimilitarismus<br />

teilt Lapierre mit weiten Kreisen <strong>der</strong> französischen Linken. 8 <strong>Die</strong> relative<br />

Linksorientierung <strong>der</strong> <strong>Vie</strong> int. geht aus <strong>der</strong> Enzyklika „Rerum novarum“, 1891, von<br />

Papst Leo XIII, hervor, die die soziale Richtung des französischen Katholizismus<br />

prägt. 9<br />

Kurz nach <strong>der</strong> Machtergreifung Hitlers klärt <strong>Vie</strong> int. ihre Leser darüber auf, daß es<br />

auch in Deutschland pazifistische Organisationen gibt, die gegen das sich ausbreitende<br />

Kriegsdenken opponieren. 10 Sie schließt sich ihnen an und warnt vor Hitlers „aufgepeitschtem<br />

Nationalismus“. 11<br />

Ein Faktor, <strong>der</strong> den Frieden gefährden könnte, ist nach Ansicht <strong>der</strong> <strong>Vie</strong> int. <strong>der</strong> Polnische<br />

Korridor. 12 An <strong>der</strong> Art, wie sie dieses außenpolitische Streitobjekt behandelt,<br />

erkennt <strong>der</strong> Leser deutlich ihre propolnische Haltung. (<strong>Die</strong>se wird sich dann in einigen<br />

Jahren umkehren.) <strong>Die</strong> Zeitschrift gibt zunächst vor, Deutschland zu verstehen 13 ,<br />

weil es das Gebiet, das Ostpreußen und Danzig vom Reich abtrennt, durch den Versailler<br />

Vertrag aber Polen zugesprochen wurde, zurückhaben will. Sie hält dann aber<br />

entgegen, daß Deutschland um des Friedens willen auf seine For<strong>der</strong>ung verzichten<br />

sollte. Sie begründet diesen Verzicht historisch: Das ehemalige Königreich Preußen<br />

unter Friedrich dem Großen habe sich bei den drei polnischen Teilungen 1772, 1793<br />

1 Poidevin/Bariéty, a.a.O. S. 378<br />

2 Bloch, a.a.O., S. 435<br />

3 <strong>Vie</strong> int., 25.2.1933, S. 84<br />

4 a.a.O., S. 85<br />

5 a.a.O., S. 86<br />

6 a.a.O.<br />

7 a.a.O.<br />

8 Bloch, a.a.O., S. 436<br />

9 Dansette, Adrien: Histoire religieuse de la France contemporaine, a.a.O., S. 490 f, 501 f.<br />

10 <strong>Vie</strong> int., 25.2.1933, S. 120-122<br />

11 a.a.O., S. 120<br />

12 <strong>Vie</strong> int., 10.5.1933, S. 432-434<br />

13 „On m’a mutilée, proteste l’Allemagne“, a.a.O., S. 432<br />

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