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Die Deutschlandberichterstattung der Vie Intellectuelle (1928 - 1940 ...

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male einer Universitätspolitik, die ein totalitäres Ganzes anstrebt mit einer <strong>der</strong> prätendierten<br />

Volksgemeinschaftsidee entgegenwirkenden Elitebildung an <strong>der</strong> Spitze. 1<br />

<strong>Die</strong> Meinung von François Perroux zum Hochschulwesen verrät eine ambivalente<br />

Haltung Deutschland gegenüber. Er begründet sachlich und kenntnisreich, warum die<br />

nationalsozialistische Auffassung von Wissenschaft keine mit dem Verstand meßbare<br />

universelle Erkenntnis zuläßt. An<strong>der</strong>erseits gibt er zu bedenken, daß nicht alles, was<br />

das Reich darstellt, abzulehnen sei. 2 Lei<strong>der</strong> schmückt er seine Anspielung, Kenntnis<br />

könne zu Verständnis führen, nicht aus.<br />

Zur deutschen Jugend macht <strong>Vie</strong> int. auch einige allgemeine Aussagen. Ihr geistiger<br />

und sozialer Werdegang ist zwischen 1931 und 1935 Gegenstand <strong>der</strong> Reflexion. 3<br />

Einmütig wird <strong>der</strong> Verlust des Glaubens an das Christentum festgestellt und mit dem<br />

Zerfall <strong>der</strong> Moral in Verbindung gebracht. <strong>Die</strong> ethische Krise erfasse beson<strong>der</strong>s die<br />

von Inflation und Arbeitslosigkeit betroffenen jungen Leute, weil sie die Fundamente<br />

von Gesellschaft und Familie ins Wanken bringt. 4 <strong>Die</strong> Schuld an <strong>der</strong> Haltlosigkeit<br />

gibt die katholische <strong>Vie</strong> int. den „falschen marxistischen und nationalsozialistischen<br />

Irrlehren“. 5 Nicht als Mythos <strong>der</strong> germanischen Nation sei <strong>der</strong> neue Mensch zu erschaffen,<br />

son<strong>der</strong>n „im wahren Sinne als Abbild Christi“. 6<br />

Von <strong>der</strong> deutschen Jugend haben die Autoren durchweg eine gute Meinung. Ihre<br />

Tragödie aber sei <strong>der</strong> „grenzenlose Fanatismus“, mit dem sie an das Dritte Reich<br />

glaubten. Auf französischer Seite besteht jedoch die Hoffnung, daß ihre Kraft und<br />

Dynamik die „Naziverdummung“ und den „blinden Kult <strong>der</strong> Gewalt“ überleben und<br />

zu einer besseren Zukunft für Deutschland und Europa beitragen mögen. 7<br />

<strong>Die</strong> Beziehungen zwischen <strong>der</strong> französischen und deutschen Jugend kommen im<br />

Zusammenhang mit dem Schulwesen mehrmals zur Sprache. In <strong>der</strong> frühen Zeit vor<br />

<strong>der</strong> Machtergreifung Hitlers ergeht <strong>der</strong> Appell an die deutsche und französische Jugend,<br />

sie möge durch ständig zu erneuernde Kontakte die Voreingenommenheit zwischen<br />

den beiden Völkern abbauen und somit zur Wahrung des Friedens beitragen. 8<br />

Der Leser erfährt, daß es schon Anfang <strong>der</strong> 30er Jahre Kooperationsversuche auf<br />

privater Ebene zwischen deutschen und französischen Lehrern gegeben hat. 9 <strong>Die</strong>se<br />

sehr fruchtbaren Ansätze für eine deutsch-französische Partnerschaft bezeugen einen<br />

Willen zu Verständigung und Austausch, <strong>der</strong> bereits praktiziert wird.<br />

Ein kleiner Wermutstropfen in diese positiven Ansätze bildet eine feindselig anmutende<br />

Formulierung in den Richtlinien für den Fremdsprachenunterricht an deutschen<br />

1 <strong>Vie</strong> int., 10.4.1939, S. 57-67<br />

2 a.a.O., S. 49<br />

3 a.a.O., Juli-September 1931, S. 275-276 und 10.3.1933, S. 291-194 und 25.4.1933, S. 266-269 und<br />

10.5.1933, S. 397-402 und 25.4.1935, S. 258-260<br />

4 a.a.O., 10.3.1933, S. 291-294<br />

5 a.a.O., 10.5.1933, S. 402<br />

6 a.a.O., S. 400, 401<br />

7 a.a.O., 25.4.1935, S. 258-260<br />

8 <strong>Vie</strong> int., Juli-September 1931, S. 269 und 10.12.1932, S. 315<br />

9 a.a.O., Juli-September 1931, S. 272-275<br />

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