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Die Deutschlandberichterstattung der Vie Intellectuelle (1928 - 1940 ...

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... on peut dire sans commettre d’imprudence que la phase hitlérienne est terminée.<br />

Le régime comme tel n’existe plus ... 1<br />

Montabert glaubt, daß von Papen, <strong>der</strong>zeit Vizekanzler, Hitler ablösen wird. 2 Dabei<br />

hatte dieser Hitler zu seinem Vorgehen noch gratuliert, obwohl die meisten seiner<br />

Mitarbeiter ums Leben gekommen waren und er selbst unter Hausarrest gestellt wurde.<br />

3 Aber das wußte Montabert vermutlich nicht. Statt die Nie<strong>der</strong>schlagung des<br />

„Röhm-Putsches“ als Finale <strong>der</strong> Machtergreifung Hitlers zu begreifen, sieht er diesen<br />

Versuch, innenpolitisch Fuß zu fassen, als gescheitert an. Damit befinde sich<br />

Deutschland im Juli 1934 an <strong>der</strong> Wende. 4 So falsch liegt Montabert mit dieser Einschätzung<br />

nicht. Auch Fest konstatiert für das Frühjahr 1934 eine um sich greifende<br />

Ernüchterung im Lande. 5<br />

Montabert vermittelt eine negative Einstellung dem neuen Deutschland gegenüber.<br />

Er formuliert ironisch-herablassend. Hitler wird als armer Tropf hingestellt, <strong>der</strong> innenpolitisch<br />

nur Mißerfolge einheimst. Er kommentiert zu vage die Ereignisse, als<br />

daß <strong>der</strong> Leser die Etappen von Hitlers angeblichem Nie<strong>der</strong>gang nachvollziehen<br />

könnte. Innerhalb <strong>der</strong>selben Zeitschrift und innerhalb weniger Monate wechselt je<br />

nach Verfasser, Thema und politischem Ereignis <strong>der</strong> Tenor <strong>der</strong> Deutschlandbetrachtung<br />

von Zustimmung zu Ablehnung. Montabert läßt sich dem französischen linken<br />

Flügel zuordnen, denn auch Blum schließt einen baldigen Fall Hitlers nicht aus, während<br />

die Mitte davon überzeugt ist, daß er sich länger als seine Vorgänger hält. 6<br />

Ähnlich negativ fällt die Meinung Kurt Türmers über die Akzeptanz Hitlers durch<br />

das Volk aus. Er ist sicher, daß die Mehrheit <strong>der</strong> Deutschen das Ende <strong>der</strong> Hitler-Ära<br />

wünscht. 7 Davon scheine das Land aber weit entfernt, lege man das Ergebnis <strong>der</strong><br />

zweiten Volksabstimmung vom 19. August 1934 zugrunde. <strong>Die</strong>ses kommentiert er in<br />

gewohnt reißerischer Manier. 8 Dabei vergißt er, den Anlaß <strong>der</strong> Abstimmung zu nennen,<br />

was den Leser wie<strong>der</strong>um zum Blick in die Tagespresse nötigt.<br />

Am 19. August 1934 sollte das Volk über die Zusammenlegung <strong>der</strong> Ämter des<br />

Reichspräsidenten und Reichskanzlers abstimmen. 9 Wie das Ergebnis zustandekam,<br />

beschreibt Türmer dann ausführlich und ironisch. Angeblich seien die Wahlen frei<br />

und geheim gewesen, aber in Wirklichkeit seien die Stimmzettel so manipuliert worden,<br />

daß bei <strong>der</strong> Auswertung genau festzustellen war, wer mit „nein“ gestimmt hatte.<br />

10 Und weiter: Wenn die Wahlhelfer nicht ihre Stelle verlieren wollten, hätten sie<br />

das Ergebnis so zu korrigieren, daß nicht mehr als zehn Prozent Nein-Stimmen übrig<br />

1 <strong>Vie</strong> int., 25.7.1934. S. 257<br />

2 a.a.O.<br />

3 Gebhardt, a.a.O., S. 194; Fest, a.a.O., S. 638<br />

4 „L’Allemagne au tournant“, <strong>Vie</strong> int., a.a.O., S. 251 f<br />

5 Fest, a.a.O., S. 629<br />

6 Vgl. Hörling, a.a.O., S. 684, 694<br />

7 <strong>Vie</strong> int., 10.9.1934, S. 484<br />

8 „Dans un asile de vieillards juifs à Berlin, la totalité des 80 pensionnaires a voté pour Hitler. Dans le<br />

Troisième Reich, le spectacle des veaux qui acclament leur boucher paraît être parfait“, a.a.O., S. 482<br />

9 Gebhardt, a.a.O., S. 195. Hindenburg war am 2.8.1934 gestorben.<br />

10 <strong>Vie</strong> int., 10.9.1934, S. 482<br />

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