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Die Deutschlandberichterstattung der Vie Intellectuelle (1928 - 1940 ...

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Ablehnung. <strong>Vie</strong>lmehr verherrlicht ihn die Zeitschrift als Fürsten <strong>der</strong> rheinländischen<br />

Dichter und setzt seine Verse mit Hymnen gleich. Deshalb eigneten sie sich kaum zur<br />

Übersetzung. 1 Den nur geringen Bekanntheitsgrad von George in Frankreich bedauert<br />

<strong>Vie</strong> int., weil seine Dichtung vor Nationalismus glühe und weil sie vor allem diesen<br />

Hauch von „romanité“ und „francéité“ hätte, den die tausendjährige Kultur des westlichen<br />

Deutschland auszeichne. 2<br />

<strong>Die</strong>se Kennzeichnung beinhaltet die Auffassung, daß das westliche Deutschland, und<br />

damit ist <strong>der</strong> Kulturraum westlich von Elbe und Saale gemeint, das bessere sei. Ihr<br />

liegt die traditionelle Vorstellung von <strong>der</strong> geographischen und geistesgeschichtlichen<br />

Zweiteilung Deutschlands zugrunde 3 : Ein katholisch-abendländischer Süden und<br />

Westen, von lateinisch-christlich-liberalem Denken geprägt und ein protestantischpreußischer<br />

Nordosten; er ist eher slawisch und kulturell unterlegen, aber politisch<br />

dominant. Hier steht nach französischer Auffassung die Wiege von Militarismus und<br />

Nationalismus. Vor diesem pangermanen Preußen hat Frankreich Angst, während<br />

ihm <strong>der</strong> römisch-deutsche Südwesten friedliebend, kulturell bedeutsam und gesittet<br />

erscheint.<br />

<strong>Die</strong>sem Deutschland fühlt sich auch <strong>Vie</strong> int. verbunden, wie die Interpretation von<br />

Stefan George erkennen läßt. <strong>Die</strong> Zeitschrift offenbart auch hier ihr rechts-nationales<br />

Gepräge. Sie lobt den Klassizismus von Georges Lyrik, trotz mancher „romantischer“<br />

Züge. Sie rückt sie in die Tradition <strong>der</strong> lateinischen, das heißt, <strong>der</strong> eigenen<br />

französischen Literatur. 4 Hier zeigt sich, daß <strong>Vie</strong> int. dem südlich-klassizistischen<br />

Denken näher ist als dem germanisch-romantischen. 5<br />

Theater<br />

So ergiebig die zahlreichen Artikel über die deutsche Literatur sind, so relativ wenige<br />

Beiträge sind zu den übrigen Kulturbereichen erschienen. Gleichwohl ist ihre Auswertung<br />

zur Vervollständigung des Deutschlandbildes <strong>der</strong> <strong>Vie</strong> int. lohnenswert.<br />

Dem Theater ist nur ein Artikel ganz gewidmet 6 , in drei weiteren wird es nur kurz<br />

erwähnt. Das ist nicht viel angesichts <strong>der</strong> Menge <strong>der</strong> Beiträge, die insgesamt die<br />

deutsche Kultur thematisieren. Daraus läßt sich bereits rein zahlenmäßig schließen,<br />

1 <strong>Vie</strong> int., 25.4.1934, S. 333<br />

2 a.a.O., 10.3.1934, S. 344 und 25.4.1934, S. 333<br />

3 vgl. dazu Nadler, Joseph: <strong>Die</strong> Berliner Romantik, Berlin 1921. Darauf basiert E.R. Curtius: Deutscher<br />

Geist in Gefahr, Stuttgart/Berlin 1932. Nadlers und Curtius Ausführungen über die polymorphe<br />

Zweiteilung Deutschlands haben das Deutschlandbild <strong>der</strong> französischen Intellektuellen jener Zeit<br />

und <strong>der</strong> <strong>Vie</strong> int. in national-konservativer Richtung geprägt. Vgl. hierzu und zu den Befürchtungen,<br />

die für Frankreich daraus erwachsen: Bock, H.M.: Tradition und Topik ..., a.a.O., S. 480-481, 486;<br />

Dröge, a.a.O., S. 44-45; <strong>der</strong>s.: Ernst Robert Curtius et le cercle des Mayrisch; in: Les relations culturelles<br />

franco-allemandes dans les années trente, Paris, Dezember 1990, S. 11-13; Heitmann, a.a.O., S.<br />

171-172, 178, 181-182, 187-188; Höhne, a.a.O., S. 247<br />

4 <strong>Vie</strong> int., 25.4.1934, S. 334<br />

5 vgl. hierzu auch Heitmann, a.a.O., S. 17<br />

6 <strong>Vie</strong> int., 25.9.1934, S. 526-528<br />

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