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Die Deutschlandberichterstattung der Vie Intellectuelle (1928 - 1940 ...

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ten 1 , son<strong>der</strong>n um endlich die „braune Flut einzudämmen, damit die Franzosen nicht<br />

selbst eines Tages davon überschwemmt“ würden. 2 Darin stimmt Sidobre mit fast<br />

allen Zeitungen, nun auch denen <strong>der</strong> Rechtspresse, überein. <strong>Vie</strong>le ehemalige Befürworter<br />

des Münchner Abkommens treten jetzt für eine Politik des energischen Wi<strong>der</strong>standes<br />

ein. Auch Daladier spricht sich scharf gegen das Reich aus. Rechte wie<br />

Linke bestehen auf wirksamen Maßnahmen, um eine weitere Expansion Hitlers in<br />

Mittel- und Osteuropa zu verhin<strong>der</strong>n. 3<br />

Sidobre zeigt sich wie<strong>der</strong>um erstaunlich gut informiert, als er seinen Lesern vorrechnet,<br />

wieviel Tonnen Steinkohle notwendig seien, um eine Tonne Treibstoff herzustellen.<br />

<strong>Die</strong> Gewinnung von Treibstoff aus Kohle erlaube Deutschland, einen Blitzkrieg<br />

zu führen und zu gewinnen. Siegeschancen räumt Sidobre Deutschland allerdings<br />

nicht ein, wegen dessen Mangel an Energiequellen. 4<br />

Sidobre entnimmt diese Ansicht <strong>der</strong> Lektüre deutscher Militärautoren, die zum damaligen<br />

Zeitpunkt schon klar voraussehen, daß für Deutschland ein Krieg hoffnungslos<br />

wird, sobald z.B. die Überlegenheit <strong>der</strong> Seemacht England hinzukommt und<br />

Deutschland sich einer inneren Geschlossenheit Frankreichs gegenübersieht, das,<br />

auch wenn es von sozialen Krisen geschwächt sei 5 , wenn es sein muß, „geschlossen<br />

marschiert“. 6<br />

Europa steuere auf einen Krieg zu, und Frankreich müsse mit einem Überraschungsangriff<br />

rechnen. Das macht Sidobre seinen Lesern unmißverständlich klar. 7 <strong>Die</strong> Aufrüstung<br />

<strong>der</strong> englischen Armee deute ebenso auf Krieg wie die Weigerung Polens,<br />

Danzig aufzugeben o<strong>der</strong> einen exterritorialen Verkehrsweg durch den Korridor zuzulassen.<br />

8<br />

Ende Mai 1939 ist Sidobre davon überzeugt, daß nur ein mächtiges, kollektives<br />

Bündnissystem die pangermanische Flut einzudämmen vermag. 9 Dann wäre sogar<br />

noch ein Frieden auf dem Verhandlungsweg möglich. Sidobre unterstützt deshalb<br />

den Friedensappell des Papstes. 10<br />

1 gemeint ist das Olsa-Gebiet Teschen. <strong>Vie</strong> int., 10.4.1939, S. 387<br />

2 a.a.O.<br />

3 Bloch, a.a.O., S. 501<br />

4 <strong>Vie</strong> int., a.a.O., S. 388-389<br />

5 Damit spielt Sidobre hauptsächlich auf die Wie<strong>der</strong>einführung <strong>der</strong> 48-Stunden-Woche an und auf<br />

an<strong>der</strong>e unpopuläre Maßnahmen wie Steuererhöhungen und Einsparungen im Staatshaushalt. Ab <strong>der</strong><br />

zweiten Märzhälfte 1939 regiert Daladier nur noch auf dem Verordnungsweg; vgl. Bloch, a.a.O., S.<br />

496, 503<br />

6 <strong>Vie</strong> int., a.a.O., S. 389. Mit dieser bellizistischen Metapher übersetzt Sidobre ganz gut das Gefühl <strong>der</strong><br />

nationalen Einheit, das nun die Franzosen vor allem in den Fragen <strong>der</strong> Außenpolitik miteinan<strong>der</strong> verbindet;<br />

vgl. Bloch, a.a.O., S. 505<br />

7 <strong>Vie</strong> int., a.a.O., S. 392<br />

8 a.a.O., S. 390<br />

9 <strong>Vie</strong> int., 25.5.1939, S. 72<br />

10 a.a.O., S. 74: Der soeben gekrönte Pius XII und die Devise seines Pontifikats: „Opus justitiae pax;<br />

a.a.O., S. 73<br />

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