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Die Deutschlandberichterstattung der Vie Intellectuelle (1928 - 1940 ...

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und 1795 sowieso schon wi<strong>der</strong>rechtlich polnische Gebiete angeeignet. 1 Daß bei den<br />

Teilungen Polens Österreich und Rußland wesentlich größere Gebiete annektierten 2 ,<br />

verschweigt <strong>Vie</strong> int. geflissentlich. Daß die Zeitschrift jetzt von den Deutschen einen<br />

Revisionsverzicht for<strong>der</strong>t und diesen mit den Annexionen Preußens begründet, die<br />

160 Jahre zurückliegen, scheint anachronistisch und wenig wohlwollend zu sein. 3<br />

Das Deutschland von 1933 nennt <strong>Vie</strong> int. in einem Atemzug mit dem Preußen Friedrich<br />

des Großen. Es solle für dessen „Sünde“ büßen und das „geraubte Gut“ zurückgeben.<br />

4 Damit stößt <strong>Vie</strong> int. in dasselbe Horn wie die antideutsche Propaganda in<br />

Polen, die das deutsche Reich als direkten Nachfolger Preußens darstellte. Nach dieser<br />

Auffassung hat das protestantische Preußen dem katholischen Polen nichts als<br />

Unheil gebracht. 5<br />

<strong>Vie</strong> int. verharmlost die Problematik um den Polnischen Korridor. Sie schlägt keine<br />

politisch praktikable Lösung vor. Sie wünscht sich als Zukunftsperspektive und Friedenssicherung<br />

für Europa lediglich „friedliche nachbarschaftliche Beziehungen zwischen<br />

den beiden Län<strong>der</strong>n“. 6 Angesichts <strong>der</strong> vehementen Vorwürfe, die <strong>Vie</strong> int.<br />

Deutschland bzw. Preußen macht und die es als ewigen Aggressor ausweisen, wirken<br />

diese frommen Wünsche eher scheinheilig.<br />

Reaktionen auf die deutsche Rüstung, die Rückkehr <strong>der</strong> Saar<br />

und das französische Sicherheitsdenken<br />

Angesichts <strong>der</strong> unverhohlenen und seit November 1932 ja auch legalisierten Aufrüstung<br />

Deutschlands steht für André de Tolédano 7 fest, daß ein Präventivkrieg seitens<br />

Frankreichs die beste Lösung wäre, um Deutschlands Machtzuwachs zu stoppen.<br />

Denn jetzt, zu diesem Zeitpunkt, sei die militärische Überlegenheit Frankreichs noch<br />

gegeben. 8 Als Alternative zum Präventivkrieg schlägt er eine neue europäische Ordnung<br />

vor, die durch multilaterale Verhandlungen die Aufrüstung des Reiches begrenzen<br />

könnte. Demjenigen, dem dies als utopisch erscheint, hält er entgegen, gar nichts<br />

gegen Deutschland zu unternehmen heiße, sich einer großen Gefahr auszusetzen. Er<br />

1 „...le couloir...lui a été arraché (à la Pologne) par un acte de brigandage...“; „...la Prusse a tué la<br />

Pologne...“, in:a.a.O., S. 434<br />

2 Korff, Gottfried (Hrsg.): Preußen. Versuch einer Bilanz, Bd. 1, Rowohlt, Hamburg 1981, S. 34, 36<br />

3 Auch wenn <strong>Vie</strong> int. die langjährige Beschützerrolle Frankreichs Polen gegenüber gutheißt, dürfte sie<br />

auch unbedeutend wirkende historische Fakten nicht vernachlässigen. So spricht sie von „Polnischem<br />

Korridor“ bereits für die Zeit von 1454 bis 1772 (<strong>Vie</strong> int., 10.5.1933, S. 432). <strong>Die</strong>se Terminologie ist<br />

jedoch erst seit dem Friedensvertrag von 1919 für dieses Gebiet gebräuchlich.<br />

4 a.a.O., S. 434<br />

5 vgl. hierzu Golczewski, Frank: Polen - Fehleinschätzung machtpolitischer Intentionen infolge ideologischer<br />

Annäherung; in: Forndran, Erhard u.a. (Hrsg.). Innen- und Außenpolitik unter nationalsozialistischer<br />

Bedrohung, Westdeutscher Verlag, Opladen 1977, S. 133<br />

6 <strong>Vie</strong> int. 10.5.1933, S. 433<br />

7 Journalist von 1919-1925, Mitglied des Sekretariats des Völkerbundes, sympathisiert mit <strong>der</strong> Politik<br />

von Briand, Spezialist für Außenpolitik, Mitarbeiter bei „Sept“ und „La Croix“, lehrt am Institut catholique<br />

de Paris.<br />

8 <strong>Vie</strong> int., 10.1.1934, S. 52, 53<br />

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