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Die Deutschlandberichterstattung der Vie Intellectuelle (1928 - 1940 ...

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Türmers Art <strong>der</strong> Berichterstattung hat sich im Laufe <strong>der</strong> Jahre nicht geän<strong>der</strong>t. Sie ist<br />

immer kenntnisreich, aber auch hetzerisch und emotional. Das Deutschlandbild <strong>der</strong><br />

<strong>Vie</strong> int. ist maßgeblich durch ihn geformt. Kein an<strong>der</strong>er Autor berichtet so oft - mit<br />

über <strong>der</strong> Hälfte <strong>der</strong> Beiträge zur katholischen Frage - und über eine so lange Zeitspanne<br />

über Deutschland wie er; von Juli 1933 bis Dezember 1939. Deshalb trägt er<br />

in hohem Maße zur Schaffung eines Deutschlandbildes bei, das seit dem Machtantritt<br />

Hitlers im Bereich <strong>der</strong> katholischen Problematik in keiner Weise positiv ausfällt.<br />

<strong>Die</strong> Ereignisse in <strong>der</strong> protestantischen Kirche<br />

Zu diesem Thema sind in <strong>Vie</strong> int. bis Ende 1933 lediglich vier Artikel erschienen:<br />

Eine ausführlich kommentierte Schil<strong>der</strong>ung über die sich innerhalb des Protestantismus<br />

formierende Gruppierung <strong>der</strong> Deutschen Christen, eine Übersetzung zweier von<br />

<strong>der</strong> evangelischen Opposition gegen die Deutschen Christen verfaßter Protestschreiben<br />

und zwei Sammlungen von Zeitungsberichten zur Vereinigung des evangelischen<br />

Kirchenwesens zur „Deutschen Evangelischen Kirche“ (Reichskirche).<br />

<strong>Die</strong> Deutschen Christen sind „überzeugte, nationalsozialistische Protestanten“, die in<br />

<strong>der</strong> Hitler-Ideologie eine Chance sehen, die seit <strong>der</strong> Reformation bestehenden Nationalkirchen<br />

zu einer Einheitskirche zusammenzufassen. 1 Der französische Autor<br />

Klépinine erkennt in ihrer Doktrin den Wi<strong>der</strong>spruch einer nach außen hin proklamierten<br />

Unabhängigkeit vom Staat und einer tatsächlich angestrebten „vollständigen<br />

Verschmelzung von Staat und Kirche“. 2 Er schreibt, daß sie sich mit ihrer auf Antisemitismus<br />

und Wotanskult beruhenden Lehre zum „willfährigen Sprachrohr des<br />

Hitlerstaates“ machen. Sie seien totalitär organisiert und hätten deshalb den Charakter<br />

eines „militanten Antichristentums“. 3<br />

Klépinine erklärt den enormen Zulauf <strong>der</strong> Deutschen Christen mit <strong>der</strong> Verblendung<br />

<strong>der</strong> Massen, die sich aus Schutz vor dem fühlbaren Anwachsen autoritärer Macht in<br />

den Schoß einer die Nationalsozialisten vermeintlich ablehnenden Kirche stürzen:<br />

„... une psychologie d’enthousiasme que obscurcit la vue et voile les conséquences<br />

d’une telle passion“. 4 <strong>Die</strong> Wahl Ludwig Müllers zum ersten evangelischen<br />

Reichsbischof auf <strong>der</strong> Nationalsynode in Wittenberg am 27. September 1933 und die<br />

damit verbundene Durchsetzung des Führerprinzips kennzeichne einen „tiefen Wandel<br />

in <strong>der</strong> Theologie“ insofern, als eine Annäherung an das in <strong>der</strong> katholischen und<br />

orthodoxen Kirche existierende Bischofsamt stattfinde. 5<br />

1 Beuys, Barbara: Und wenn die Welt voll Teufel wär. Luthers Glaube und seine Erben, Rowohlt,<br />

Hamburg 1982, S. 552<br />

2 <strong>Vie</strong> int., 25.12.1933, S. 377<br />

3 a.a.O., S. 370<br />

4 a.a.O., S. 377<br />

5 a.a.O., S. 361. Zur umstrittenen Wahl Müllers, <strong>der</strong> von zahlreichen evangelischen Kreisen nicht<br />

akzeptiert, aber von Hitler durchgesetzt wird, siehe auch: <strong>Vie</strong> int., 10.7.1933, S. 30-48 und a.a.O.,<br />

25.7.1933, S. 215-225<br />

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