Die Deutschlandberichterstattung der Vie Intellectuelle (1928 - 1940 ...
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Erst sieben Wochen nach Erscheinen <strong>der</strong> letzten Friedensausgabe erläutert in <strong>der</strong><br />
ersten Kriegsnummer Paul Vignaux 1 , „was auf dem Spiel steht“. 2 Auf den deutschsowjetischen<br />
Nichtangriffspakt, „<strong>der</strong> Frankreich wie ein Blitz aus heiterem Himmel<br />
traf“ 3 , geht Vignaux nur mit vergleichenden Betrachtungen zum Antikommunismus<br />
hitlerscher Prägung und zum Antifaschismus Stalinscher Prägung ein. 4 Eine Analyse<br />
seiner außen- bzw. kriegspolitischen Bedeutung fehlt. Dafür macht Vignaux klar, daß<br />
„l’entreprise hitlérienne de domination allemande“ beendet werden müsse. 5 Er vertritt<br />
also eine ebenso feste Haltung wie André Sidobre und die an<strong>der</strong>en Leitartikler<br />
vor ihm.<br />
Vignaux meint, die Franzosen hätten bisher immer gedacht, Hitlertum und „Germanentum“<br />
seien vom Wesen her unterschiedlich, und die Ausbreitung des Germanentums<br />
werde irgendwann einmal seine natürlichen Grenzen finden. Aber jetzt müßten<br />
sie sich eines Besseren belehren lassen: „<strong>Die</strong> deutsche Dynamik ist durch und durch<br />
brutal“. 6<br />
Vignaux beschreibt das Germanentum als eine Kraft, die keine Grenze o<strong>der</strong> Mäßigung<br />
kennt. 7 Daß <strong>der</strong> Krieg jetzt die Grundlagen <strong>der</strong> europäischen Ordnung bedroht,<br />
komme den Deutschen gerade recht. 8 Für Vignaux unterscheiden sie sich nicht von<br />
Hitler in ihrer Maßlosigkeit.<br />
Statt mit einem Gleichgewicht <strong>der</strong> Kräfte den Frieden zu sichern, habe Hitler nur die<br />
übrigen Mächte spalten und sich selbst an ihre Spitze setzen wollen. 9 <strong>Die</strong>se Erkenntnis<br />
ist in <strong>Vie</strong> int. nicht neu. Vignaux leitet sie aus den Beobachtungen <strong>der</strong> letzten Jahre<br />
ab. Für ihn ist Hitler die Inkarnation des Nationalsozialismus. Er spalte die europäische<br />
Staatengemeinschaft und stelle die konservative Tradition in Frage. 10<br />
Vignaux betont immer wie<strong>der</strong>, daß das Hitlertum keine Mäßigung kenne und keine<br />
moralische Grenze. Es sei „die Unmäßigkeit schlechthin“. 11 <strong>Die</strong>se nicht kontrollierbare<br />
Macht stelle die allergrößte Gefahr für Frankreich dar in Form von Willkür,<br />
Versklavung und Todesdrohung. 12<br />
Vignaux malt seinen Lesern die Zukunft in schwarzen Farben. Aus seinen Worten<br />
gehen Angst und Verunsicherung hervor. „La menace hitlérienne“ ist sein Leitmotiv.<br />
Dabei sei doch gerade das Streben nach Sicherheit für die Franzosen des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
charakteristisch. Wenn Hitler in den Vorkriegsmonaten schon die großen<br />
1 Mediävist an <strong>der</strong> Sorbonne; einzustufen als rationalistischer Experte für die Philosophie des 15.<br />
Jahrhun<strong>der</strong>ts; zur Berichterstattungszeit auch politisch aktiver Gewerkschafter in <strong>der</strong> Confédération<br />
française des travailleurs chrétiens, C.F.T.C.<br />
2 <strong>Vie</strong> int., 25.10.1939, S. 54<br />
3 Bloch, S. 508<br />
4 vgl. hierzu, <strong>Vie</strong> int., a.a.O., S. 54, 55<br />
5 a.a.O., S. 55<br />
6 a.a.O., S. 55, 56, 59<br />
7 <strong>Vie</strong> int., 25.10.1939, S. 55, 56<br />
8 a.a.O., S. 55<br />
9 <strong>Vie</strong> int., 25.10.1939, S. 56<br />
10 a.a.O.<br />
11 a.a.O., S. 57<br />
12 a.a.O.<br />
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