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Die Deutschlandberichterstattung der Vie Intellectuelle (1928 - 1940 ...

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mente besteht, sieht Delos den gravierendsten Unterschied zur christlichen Heilslehre.<br />

1<br />

Es ist interessant zu sehen, wie die Rassenfrage in <strong>Vie</strong> int. aufgegriffen wird. Für die<br />

damalige Zeit ist es in diesem Ausmaß ein neues Thema, und die Franzosen beginnen<br />

langsam, sich damit zu befassen. <strong>Vie</strong> int. zeigt ein verhaltenes Erstaunen, wie man<br />

die Rassenzugehörigkeit zur Diskriminierung von Menschen einsetzen kann. Sie<br />

scheint zu fragen, wie es möglich ist, aus Juden, die bisher ebenso deutsche Staatsbürger<br />

waren, wie die französischen Juden seit <strong>der</strong> Revolution französische Staatsbürger<br />

sind, auf einmal eine min<strong>der</strong>wertige Gruppe zu machen.<br />

Für Delos ist klar, daß das aktuelle Deutschland zu stolz ist, zu selbstsicher und zu<br />

sendungsbewußt, um auf die neuen Rassenrichtlinien zu verzichten. <strong>Die</strong>se seien ja<br />

auch mit ein Grund für seinen Austritt aus dem Völkerbund gewesen. 2 Wegen <strong>der</strong><br />

mangelnden Bereitschaft zur Duldung und Gleichstellung von Minoritäten findet<br />

Delos eine Zusammenarbeit mit Deutschland nicht möglich, obwohl die Friedenssicherung<br />

sie verlange. Deutschland habe sich politisch und spirituell ins Abseits begeben.<br />

3 Delos betrachtet das neue Deutschland als Unglück und als eine Gefahr für<br />

die europäische Zivilisation. Aus seinen Worten geht hervor, daß er die deutsche<br />

Kultur bis dahin sehr geschätzt hatte. Nun ist er bekümmert darüber, daß sich <strong>der</strong><br />

humanistische Geist einer wissenschaftlich nicht haltbaren Rassenideologie unterwirft.<br />

4<br />

Im Januar 1934 erscheint in <strong>Vie</strong> int. eine Artikel-Serie, die ganz <strong>der</strong> Rassenlehre gewidmet<br />

ist. Im ersten Artikel beschreibt Otto Forst de Battaglia anschaulich die allgemeinen<br />

Regeln <strong>der</strong> Vererbungslehre. 5 Er zeigt am Beispiel eines siebzig Generationen<br />

und zahlreiche Nationalitäten umfassenden Stammbaums <strong>der</strong> europäischen<br />

Herrschaftshäuser, daß es über die Epochen hinweg keine Grenzen zwischen den<br />

Rassen gibt. 6 Er will beweisen, daß sogar in einer relativ abgeschlossenen sozialen<br />

Gruppe wie den adeligen Fürstenfamilien das Hineinmischen neuen Blutes in <strong>der</strong><br />

Vergangenheit immer wie<strong>der</strong> vorkam und oft ein Lebenselixier war. 7 Er will damit<br />

sagen, daß es letztlich keine Reinheit <strong>der</strong> Rasse gibt:<br />

Car une race se crée; un type corporel, le même pour des milliers et pour des<br />

millions d’hommes, se développe seulement au cours des siècles: quelques individus<br />

ont laissé une descendance nombreuse; elle se mêle et se confond sans<br />

cesse, renouvelant toujours l’alliance d’un même sang et absorbe ceux<br />

qui viennent du dehors, porteurs d’hérédités étrangères. 8<br />

1 <strong>Vie</strong> int., a.a.O., S. 93<br />

2 a.a.O., S. 97<br />

3 a.a.O., S. 98<br />

4 a.a.O., S. 99<br />

5 <strong>Vie</strong> int., 10.1.1934, S. 93-106<br />

6 a.a.O., S. 110-112<br />

7 z.B. das italienische Geschlecht <strong>der</strong> Este, das auf Lucrezia Borgia zurückgeht, <strong>der</strong>en Großeltern<br />

römische Arbeiter waren; a.a.O., S. 114-115<br />

8 a.a.O., 25.1.1934, S. 282<br />

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