Die Deutschlandberichterstattung der Vie Intellectuelle (1928 - 1940 ...
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comme aussi le mahométan qui se met le visage contre terre, ce sont là des<br />
choses absolument étrangères au caractère allemand. 1<br />
Sieht man diesen Text im Zusammenhang <strong>der</strong> bisher zur Ideologie erschienenen Artikel,<br />
fällt es schwer zu erkennen, ob er als Warnung an die Katholiken und als Abrechnung<br />
mit den Nationalsozialisten aufzufassen ist o<strong>der</strong> im Gegenteil als stille,<br />
weil unkommentierte Zustimmung, als Auffor<strong>der</strong>ung, es den Deutschen gleichzutun.<br />
Weniger praktisch-politisch als wie<strong>der</strong>um spirituell und religiös ist die Sicht Gabriel<br />
Marcels bei <strong>der</strong> Besprechung von Idoles Allemandes, einem Deutschlandbuch von<br />
Max Hermant. 2 Es ist eine sehr positive Kritik, in <strong>der</strong> sich Gabriel Marcels Einstellung<br />
zu Nazideutschland zeigt. Er stellt fest, daß die Hitlerideologie nur die Quintessenz<br />
des jahrhun<strong>der</strong>tealten Deutschtums sei. Für ihn ist sie in je<strong>der</strong> Beziehung unvereinbar<br />
mit Christentum und Humanismus. Sie sei eine „espèce de prophétisme<br />
mégalomane qui sévit outre-Rhin” 3 . Das bleibt aber auch seine einzige Kritik an <strong>der</strong><br />
Ideologie.<br />
Marcel sieht Idoles Allemandes vor dem Hintergrund <strong>der</strong> gegenwärtigen Gefühlslage<br />
<strong>der</strong> Franzosen. Er stellt bei ihnen eine tiefe Verwirrung fest und ruft sie deshalb auf<br />
de résister en premier lieu à l’espèce de fascination qu’exerce le dynamisme<br />
hitlérien sur des esprits sous-alimentés et que mine, que dissout lentement le<br />
plus dangereux complexe d’infériorité. 4<br />
Zur Stärkung des französischen Selbstbewußtseins sei das Buch bestens geeignet.<br />
<strong>Die</strong>se Empfehlung bleibt unkommentiert.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Vie</strong> int. trägt so zur Verbreitung vom Bild eines Deutschland bei, in dem Aktivität<br />
und Schaffensdrang kultiviert werden, wo <strong>der</strong> Glaube an die Technik absolut ist<br />
und die Maschine vergöttert wird. <strong>Die</strong> Idee des Werdens und des Dynamischen wird<br />
seit Friedrich Sieburg zur Darstellung des deutschen Charakters in <strong>Vie</strong> int. immer<br />
wie<strong>der</strong> aufgegriffen. 5 Daß überhaupt eine so eingehende und freundliche Besprechung<br />
eines Werkes über Deutschland gedruckt wird, spricht für das Wohlwollen<br />
nicht nur des Autors, son<strong>der</strong>n auch <strong>der</strong> Zeitschrift Deutschland gegenüber.<br />
Zum Begriff „Reich” merkt Gabriel Marcel an, daß damit weniger das Vaterland o<strong>der</strong><br />
ein geographischer Raum gemeint sei son<strong>der</strong>n eine Macht, die ständig wächst. 6 Und<br />
mehr noch: Deutschland begreife sich als göttliche Person. 7 Gabriel Marcel scheint<br />
für den Aspekt des Mystischen in <strong>der</strong> nationalsozialistischen Ideologie dispo-<br />
1 <strong>Vie</strong> int., 25.5.1935, S. 30<br />
2 a.a.O., S. 37-48; Grasset, 1935<br />
3 a.a.O., S. 37<br />
4 a.a.O.<br />
5 Hierauf wird weiter unten noch eingegangen.<br />
6 <strong>Vie</strong> int., 25.5.1935, S. 41<br />
7 a.a.O., S. 42<br />
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