Die Deutschlandberichterstattung der Vie Intellectuelle (1928 - 1940 ...
Die Deutschlandberichterstattung der Vie Intellectuelle (1928 - 1940 ...
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<strong>Die</strong> Sicht <strong>der</strong> deutschen Außenpolitik<br />
Zur deutschen Außenpolitik sind in <strong>der</strong> <strong>Vie</strong> int. insgesamt 53 Artikel erschienen. Sie<br />
lassen nicht nur ein differenziertes Deutschlandbild entstehen. Sie spiegeln auch die<br />
wechselhafte französische Innen- und Außenpolitik jener Epoche.<br />
Wie eingangs gesagt, bringt die Zeitschrift die Meinung höchst unterschiedlicher<br />
Mitarbeiter zum Ausdruck. Es sind Laien und Kirchenleute, Schriftsteller, Politiker<br />
und Journalisten französischer und ausländischer Herkunft. Sie können als eine geistige<br />
Elite dieser Zeit betrachtet werden.<br />
Einige <strong>der</strong> Autoren melden sich über einen längeren Zeitraum immer wie<strong>der</strong> 1 , an<strong>der</strong>e<br />
nehmen punktuell zu einem Ereignis Stellung 2 o<strong>der</strong> behandeln ein abgeschlossenes<br />
Thema zu seiner Zeit. 3 Sie alle haben ihre eigene Sicht von <strong>der</strong> deutschen Wirklichkeit,<br />
die nicht immer mit <strong>der</strong> Meinung <strong>der</strong> Redaktion <strong>der</strong> <strong>Vie</strong> int. übereinstimmt.<br />
Darin zeigt sich die Offenheit und Toleranz <strong>der</strong> Zeitschrift.<br />
Einzig aus den von Christianus o<strong>der</strong> Civis gezeichneten Leitartikeln läßt sich die<br />
Meinung <strong>der</strong> Redaktion ableiten. Auch sie tragen dazu bei, daß in <strong>Vie</strong> int. ein komplexes<br />
Deutschlandbild entsteht. Dessen außenpolitischer Bestandteil soll im folgenden<br />
dargestellt werden.<br />
Ein inhaltlicher Überblick über den Berichtszeitraum zeigt, daß es von Mai 1929 bis<br />
Mai 1934 vor allem um die Abrüstungsfrage geht, um das System <strong>der</strong> kollektiven<br />
Sicherheit im Rahmen des Völkerbundes, um die Friedenssicherung und die Frage<br />
nach einem Präventivkrieg gegen Deutschland. <strong>Die</strong> Bedeutung Hitlers wird lange<br />
verkannt.<br />
Ab Januar 1935 ist <strong>der</strong> Tenor <strong>der</strong> <strong>Vie</strong> int.: Frieden schaffen ohne Waffen, also Friedenssicherung<br />
durch Verhandlungen. Frankreich sucht Sicherheit und will Bündnissysteme.<br />
Es hat Angst vor <strong>der</strong> deutschen Kriegsbereitschaft. Dennoch bekennt sich<br />
<strong>Vie</strong> int. im Juni und September 1935 noch zu einem bedingungslosen Pazifismus.<br />
Um die Kriegsgefahr zu bannen, setzt sie sich Mitte 1936 für den Wie<strong>der</strong>eintritt<br />
Deutschlands in den Völkerbund ein. Im März 1937 will <strong>Vie</strong> int. immer noch den<br />
Frieden erhalten. Drei Monate später erkennt ein Einzelner, Maurice Schumann, die<br />
Wirkungslosigkeit von Bündnissen in einer Zeit, wo <strong>der</strong> Frieden gar nicht mehr gerettet<br />
werden soll.<br />
Bis September 1938 wird dennoch <strong>der</strong> Krieg verurteilt und <strong>der</strong> Frieden verherrlicht.<br />
<strong>Die</strong> Konzessionsbereitschaft ist groß.<br />
1 z.B. Tolédano, A.D. von 1934 bis 1938 und Maurice Schumann alias André Sidobre (Pseudonym)<br />
von 1937 bis <strong>1940</strong><br />
2 Das sind die meisten: z.B. A.H. Delorme zur Abrüstung (Oktober - Dezember 1932), Robert<br />
d’Harcourt zu den Friedensbeteuerungen Hitlers (10. Juli 1934) o<strong>der</strong> H. Simondet zur Umbesetzung<br />
in <strong>der</strong> Wehrmachtspitze (25. Februar 1938), u.a.<br />
3 z.B. Victor L. Tapié zur Tschechoslowakei und den Sudetendeutschen<br />
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