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Die Deutschlandberichterstattung der Vie Intellectuelle (1928 - 1940 ...

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sen paßt die Feststellung, daß <strong>der</strong> deutsche Zuschauer auf <strong>der</strong> Bühne das Gemeinschaftsschicksal<br />

dem Einzelschicksal vorzieht. 1<br />

Das einzige, was <strong>der</strong> an Deutschland interessierte Leser über das Theater in <strong>der</strong> Zeit<br />

des Dritten Reiches, das in erster Linie ein heldisches ist, erfährt, steht erst 1937 in<br />

einer kritischen Zeile über die Wie<strong>der</strong>belebung <strong>der</strong> Thingspiele. Sie werden von <strong>Vie</strong><br />

int. abgelehnt, weil sie heidnisch-germanischen Ursprungs seien. 2 <strong>Die</strong>se Haltung<br />

entspricht <strong>der</strong> christlich geprägten Linie <strong>der</strong> Zeitschrift.<br />

Interessanterweise und ohne gewollten Zusammenhang zur drei Jahre zurückliegenden<br />

Beschreibung des deutschen Publikumsgeschmacks notiert <strong>Vie</strong> int., daß die<br />

Thingspiele als Protagonisten nicht einen einsamen Helden, son<strong>der</strong>n eine Menschenmenge<br />

zeigen. 3<br />

Damit ist wie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Bogen gespannt zu einem <strong>der</strong> Topoi <strong>der</strong> Deutschlandbetrachtung:<br />

Der Deutsche ist ein Gemeinschaftsmensch. <strong>Die</strong> Wie<strong>der</strong>kehr dieser formelhaften<br />

Vorstellung täuscht aber nicht darüber hinweg, daß zum Teilbereich „Theater“<br />

die Informationen <strong>der</strong>maßen spärlich fließen, daß sich <strong>der</strong> <strong>Vie</strong> int.-Leser davon kein<br />

umfassendes Bild machen kann.<br />

Musik<br />

So knapp die Bemerkungen zum deutschen Theaterwesen sind, zur Musik sind sie<br />

geradezu restringiert. Sie erlauben keine Charakteristik dieses Kulturzweigs. Das<br />

kann damit zusammenhängen, daß die französischen Deutschlandbeobachter wissen,<br />

daß es im Dritten Reich keine eigene nationalsozialistische Musik gibt. 4 <strong>Die</strong>se Begründung<br />

liegt nahe, obwohl sie nicht formuliert wird.<br />

Das, was zur Musik gesagt wird, ergänzt lediglich die sich am Ende <strong>der</strong> Weimarer<br />

Zeit manifestierende Deutschlandvorstellung vom Zerfall <strong>der</strong> gesellschaftlichen Moral.<br />

So wird die Musik <strong>der</strong> Dreigroschenoper als ein „Refrain des Lasters, des Durcheinan<strong>der</strong>s,<br />

des Verbrechens und <strong>der</strong> Angst“ 5 bezeichnet.<br />

Auch fragt sich <strong>Vie</strong> int. besorgt, ob es nun in Deutschland einen „Musikkulturkampf“<br />

6 gebe, da <strong>der</strong> Orchesterchef <strong>der</strong> Preußischen Nationaloper, Wilhelm Furtwängler,<br />

sich durch ideologischen Druck zur Demission gezwungen sieht. Der<br />

Nationalsozialismus, schreibt <strong>Vie</strong> int., verlange, den Künstler in den <strong>Die</strong>nst seiner<br />

Epoche, sprich: <strong>der</strong> Ideologie, zu stellen, während Furtwängler an den liberalen Vorstellungen<br />

des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts festhalte, die den Künstler nach seiner Eignung<br />

1 <strong>Vie</strong> int., 25.9.1934, S. 528<br />

2 a.a.O., 10.10.1937. S. 149<br />

3 a.a.O.<br />

4 Hermand/Trommler, a.a.O., S. 352<br />

5 <strong>Vie</strong> int., 10.3.1933, S. 293<br />

6 a.a.O., 10.1.1935, S. 173<br />

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