Jahresgutachten 1991/92 - SachverstÃ¤ndigenrat zur Begutachtung ...

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Deutscher Bundestag - 12. Wahlperiode Drucksache 12/1618 bilanz im Vergleich zum Vorjahr nahezu unverändert. 117. Die ohnehin defizitäre übertragungsbilanz wurde durch mehrere SonderzaWungen an das Ausland zusätzlich belastet. Die umfangreichsten Leistungen entstanden durch die deutsche Beteiligung an den Kosten des Golfkriegs in Höhe von etwa 10,5 Mrd DM. Zudem waren Zahlungen im Zusammenhang mit dem Abzug der sowjetischen Truppen aus den neuen Bundesländern zu leisten. Der Truppenabzug selbst sowie die Leistungen für den Wohnungsbau für die abziehenden Soldaten in der Sowjetunion belasteten die Überlragungsbilanz in diesem Jahr mit etwa 3 Mrd DM. Abennals star1
Drucksache 12/1618 Deutscher Bundestag - 12. Wahlperiode Unsere Potentialrechnung erstreckt sich in diesem Jahr gleichwohl nur auf den Westteil der Bundesrepublik. Für die ostdeutsche Wirtschaft ist es zum gegenwärtigen Zeitpunkt schlechterdings nicht möglich, ein aussagekrättiges Produktionspotential zu schätzen. Längere Zeitreihen zur Schätzung des Produktionspotentials sind nicht verfügbar. Über die Höhe des volkswirtschaftlichen Kapitalstocks gibt es keinerlei gesicherte Angaben. Bei einer Berechnung des Produktionspotentials tür Ostdeutschland müßte auch die Frage beantwortet werden, welcher Teil der Produktionskapazitäten mittelfristig wieder einsetzbar ist und welcher Teil dauerhaft stillgelegt werden muß. Das ist schon auf der mikroökonomischen Ebene schwer, makroökonomisch unmöglich. Bei der Berechnung des westdeutschen Produktionspotentials haben wir den Stützzeitraum für die Schätzung der trendmäßigen Kapitalproduktivität aktualisiert. Während der Produktivitätstrend im vergangenen Jahr auf der Basis des Zeitraums von 1979 bis 1990 geschätzt wurde, haben wir nunmehr auch das Jahr 1991 miteinbezogen. Das war notwendig geworden, weil sich die gesamtwirtschaftliche Expansion auch im Jahre 1991 tortgesetzt hat und der Stützzeitraum für die Produktivitätsschätzung nach unserer Konzeption so abzugrenzen ist, daß an seinem Anfang und an seinem Ende jeweils Jahre mit vergleichbarer konjunktureller Situation stehen. Obwohl schon im Herbst letzten Jahres abzusehen war, daß der Stiitzzeitraum von 1979 bis 1990nur vorläufig sein würde und in diesem Jahr nochmals geändert werden müßte, haben wir die damit verbundenen Schätzfehler in Kauf genommen, weil sie wesentlich geringer gewesen sein dürften als die Fehleinschätzung, die man mit der Basis des letzten abgeschlossenen Zyklus von 1975 bis 1982 riskiert hätte. Die Indizien für eine Abflachung des negativen Produktivitätstrends waren zu stark, als daß mit diesem nicht mehr aktuellen Stützzeitraum hätte weitergerechnet werden können (JG 90 Anhang VI. Abschnitt A). Nach unserer derzeitigen Schätzung liegen die Wachstumsrate des Produktionspotentials in den Jahren seit 1982 noch etwas höher und die Kapazitätsauslastung entsprechend niedriger als im vergangenen Jahr angenommen. Die aktualisierte Schätzung hat bestätigt. daß sich der rückläufige Trend der Kapitalproduktivität, der inzwischen - 0,9 vH jährlich beträgt gegenüber den sechziger und siebziger Jahren deutlich abgeflacht hat. 120. Obwohl die Kapazitätsauslastung im Verlaul des Jahres 1991 vor allem in exportabhängigen Bereichen des Investitionsgüter produzierenden Gewerbes deutlich zurückging, nahm die Produktion im Durchschnitt des Jahres, über alle Wirtschaftsbereiche hinweg, nochmals etwas stärker zu als die Produktionskapazitäten. Die Kapazitätsauslastung lag bei 98,6 vH und überschritt damit im dritten Jahr in Folge ihren langjährigen Durchschnitt, den man als Normalauslastung ansehen kann. Trotz der stark ausgelasteten Kapazitäten und der lebhaften Nachfrageentwicklung der letzten Jahre ist es erst im Laule des Jahres 1991 zu einer lnflationsbeschleunigung gekommen. Das hat vor allem mit dem hohen Offenheitsgrad der deutschen Wirtschaft und dem asynchronen Konjunkturverlauf in wichtigen Industrieländern zu tun. Der mit der Einführung der D-Mark in Ostdeutschland verbundene Nachfrageschub wurde zu einem beträchtlichen Teil auf ausländisches Güterangebot abgeleitet. Der vVarenimport stieg dem Volumen nach schon im Jahre 1990 krältig an und lag in der ersten JahreshäUte 1991 nochmals um knapp 19 vH über dem Vorjahresstand. Das zeigt, daß ein überschreiten der Normalauslastung in einer offenen Wirtschaft nicht automatisch zu Angebotsengpässen und damit zu inflationären Verspannungen führen muß. Dabei spielte allerdings eine entscheidende Rolle, daß die internationale Konjunk- turentwicklung seit 1989 stark differenziert verlaufen ist. Während in der Bundesrepublik die Kapazitätsanspannung bis Ende 1990 zunahm, lieferzeiten und Auftragsbestände im Verarbeitenden Gewerbe stiegen, hat die Konjunkturabschwächung im Ausland dort Kapazitäten frei werden lassen, die kurzfristige lieferfähigkeit der Auslandsanbieter erhöht und die weltweite Preiskonkurrenz intensiviert. Nur aufgrund dieser asynchronen Konjunkturentwicklung war es der deutschen Wirtschalt möglich, die Importmengen kurzfristig sehr stark zu steigern und dabei zugleich von einerVerbilligung der Einluhr bis in dasJahr 1990 hinein zu profitieren. Beschleunigt steigende Verbraucherpreise 121. Nach Jahren vergleichsweise moderater Teue Jung sind die Preise auf Verbraucherebene stärker angestiegen, im Verlauf des Jahres um 41/2 vH, im Jahresdurchschnitt um 31f2 vH. Eine höhere Inflationsrate wurde zuletzt im Jahre 1982 gemessen. In der zweitenJahreshälfte lagen die Preise um durchschnittlich 4 vH über dem Vorjahresstand. Darin spiegelten sich vor allem zwei Einflüsse wider. Zum einen hatte sich schon eine Beschleunigung in der Grundtendenz der Preisentwicklung im Verlauf des ersten Halbjahres abgezeichnet, zum anderen wurde der Preisauftrieb im Juli durch ein Bündel preiswirksamer fiskalischer Maßnahmen merklich verstärkt. Die Anhebung verschiedener Verbrauchsteuem sowie der Post- und Fernmeldegebühren tratim Juliin Kralt. Die Fernmeldegebühren waren zum Teil schon im April diesen Jahres angehoben worden. Der Preisindex für die Lebenshaltung lag im Juli um 4,4 vH über dem Vorjahresstand; etwa 0,7 Punkte dieser Preissteigerung resultierten aus den administrativen Preisanhebungen. Die Bedeutung der liskalischen Maßnahmen wird besonders deutlich, wenn die Lebenshaltungspreise in mehr oder weniger staatlich administrierte Preise und Verbraucherpreise ohne staatlich administrierte Preise aufgegliedert werden (Tabelle 19, Schaubild 14, Seite 90). Unser Urteil über den Beitrag der Verbrauchsteuererhöhungen zum Preisniveauanstieg unterstellt eine vollständige Weitergabe an den Endverbraucher. Nachtrageseitige Zwänge können jedoch dazu tühren, daß höhere Verbrauchsteuern sich nicht in vollem Umfang in Preiserhöhungen niederschlagen. So waren die Heizölpreise, die im Juli aufgrund der Steuererhöhungen saisonbereinigt besonders kräftig zunahmen, im folgenden Monat genauso stark gelal1en. Andererseits kann auch nicht bestimmt werden, in welchem Ausmaß die administrierten Preissteigerungen sich in den Preisen anderer Leistungen ausgewirkt haben. 122. Verbraucherpreise, die zu einem nicht unerheblichen Teil von der Preissetzungsbefugnis staatlicher Instanzen abhängen oder sich durch einen hohen Verbrauchsteueranteil auszeichnen, werden als staatlich administrierte Verbraucherpreise definiert. In dieser Abgrenzung lassen sich vierTeilgruppen administrierter Preise unterscheiden. Die "direktadministrierten" Verbraucherpreise (Gruppe 1) enthalten vorwiegend Preise, die von staatlichen Stellen gesetzt werden, unter anderem zählen hierzu Verkehrstarife, Post- und Fernmeldegebühren. Ihr Index weist gleich zwei Preissprünge auf - im April und im Juli 1991 -, 88
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