Jahresgutachten 1991/92 - SachverstÃ¤ndigenrat zur Begutachtung ...

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Deutscher Bundestag - 12. Wahlperiode Drucksache 12/1618 der Tschechoslowakei eine deutliche Veningerung der Budgetdefizite erreicht werden. Derzeit wird in allen drei Staaten ein Umbau des Steuersystems nach westlichem Vorbild vorbereitet. Der Außenhandel wurde ebenfalls in starkem Maße liberalisiert. bnportlizenzen und quantitative Beschränkungen der Einfuhr wurden weitgehend abgeschafft, doch werden bnportgüter in allen drei Staaten mit Zöllen belegt. Au/ diese Weise soll der heimischen Wirtschaft Zeit für die notwendige Anpassung an die Bedingungen des Weltmarktes gegeben werden; es ist allerdings nicht zu verkennen, daß damit eventuelle MonopolsteIlungen bestehender Unternehmen zunächst erhalten bleiben. Bei einigen wenigen Produkten wurden zur Vermeidung von Versorgungsengpässen Ausfuhrbeschränkungen erlassen. Nach der Abschaffung des staatlichen Außenhandelsmonopols können nu.nmehr sowohl Importeure als auch Exporteure ihre Handelspartner im Ausland frei wählen. Hierzu wurde den inländischen Unternehmen der Erwerb von Devisen für Geschäfte in laufender Rechnung möglich gemacht. Dies alles hat zu einer deutlichen Belebung des Handels mit den westlichen Industriestaaten geführt; die Ausfuhren in den Westen nahmen in diesem Jahr kräftig zu und konnten Ausfälle im Handel mit den ehemaligen RGW-Staaten teilweise ausgleichen. Zusätzlich haben alle drei Länder - nicht zuletzt auch zur Unterstützung der Preisreformen - zunächst ein System prinzipiell fester Wechselkurse eingeführt; gelegentliche Wechselkursanpassungen zur Unterstützung der Umsbukturierung der heimischen Wirtschaft blieben jedoch weiterhin möglich. Polen ist im Oktober 1991 allerdings dazu übergegangen, die heimische Währung täglich um einen bestimmten Betrag abzuwerten, um auf diese Weise die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industrie zu erhöhen. 39. In den übrigen Staaten Osteuropas kommt der Prozeß der Umgestaltung der Wirtschaft hingegen nur allmählich in Gang. Rumänien vollzog zunächst nur halbherzige Reforrnschritte. Erst mit dem Beginn der Preisrefonnen und einer Neugestaltung des Unternehmensrechts im Herbst letzten Jahres wurden die Weichen zum Übergang zu einer marktwirtschaftliehen Ordnung gestellt. Bislang bleiben die Reformbemühungen in Rumänien - abgesehen von gewissen Fortschritten bei der liberalisierung der Devisenbestimmungen und der Zulassung von Gemeinschaftsunternehmen - aber weit hinter denen anderer Länder zurück. In jüngster Zeit wurde nach Protesten der Bevölkerung allerdings ein Preisstopp erlassen. In Bulgarien wurde der übergang zur marktwirtschaftlichen Ordnung erst zu Beginn diesen Jahres in Angrill genommen. Mit der Freigabe der Preisbildung, Subventionskürzungen bei Staatsbetrieben, einer Refonn des Steuerrechts, der liberalisierung des Außenhandels und der Lockerung der Konvertibilitätsbeschränkungen bei gleichzeitiger Einführung eines flexiblen Wechselkurses wurde jedoch im Transfonnationsprozeß ein beachtliches Tempo vorgelegt. Auch in Albanien scheint angesichts der sich in diesem Jahr dramatisch verschlechternden wirtschaftlichen Lage die Eotscheidung für eine marktwirtschaftliche Umgestaltung des Wirtschaftssystems gefallen; die bislang vorgenommenen Refonnen beschränken sich allerdings auf die Öffnung des Landes für westliche Investoren und Produkte. Erst Anfang November 1991 kündigte die albanische Regierung weitere Reformen an, so eine weitgehende Freigabe der Preise und eine Umgestaltung des Steuersystems. In Jugoslawien wurden zwar bereits seit 1988 Maßnahmen zur Umgestaltung der Wirtschaftsordnung eingeleitet; der Reforrnprozeß fand jedoch in diesem Jahr au/grund der kriegerischen Auseinandersetzungen ein jähes Eode. 40. Die dem weiteren Voranschreiten des Refonnprozesses und einer baldigen Wiederbelebung der Wirtschaftsaktivität entgegenstehenden Hemmnisse sind gleichwohl nicht zu übersehen. So wird eine rasche Verbesserung der wirtschaftlichen Situation dadurch verhindert, daß es in den Staaten Osteuropas weithin an dem erforderlichen Management-Wissen und den für die Umgestaltung der Produktion und für die Entwicklung wettbewerbsfähiger Produkte notwendigen technischen Kenntnissen fehlt. Die Modernisierung der Wirtschaft wird zudem dadurch erschwert, daß infolge von Knappheit an Devisen nur in geringem Umfang moderne Investitionsgüter importiert werden können. Schließlich stoßen die Wirtschaftsrefonnen aufgrund der mit ihnen verbundenen Härten vielfach auch auf Widerstand in der Bevölkerung. Es besteht die Gefahr, daß die Akzeptanz der Marktwirtschaft bei den Menschen auf Dauer beeinträchtigt werden könnte. Es wäre jedoch falsch, dies zum Anlaß zu nehmen, den Reformprozeß zu verlangsamen. Als Hindernis für die Transfonnation des Wirtschaftssystems mag sich auch erweisen, daß fast alle Staaten Osteuropas in zum Teil erheblichem Maße im westlichen Ausland verschuldet sind. Damit wird nicht nur ein Teil der Exporterlöse in konvertiblen Währungen durch fällige Zins- und Tilgungszahlungen gebunden; der hohe Schuldenstand vermindert auch die Kreditwürdigkeit der osteuropäischen Schuldner bei privaten Kreditgebern. Ungarn hat daher aus Bonitätsgründen bislang jegliche Umschuldungsverhandlungen abgelehnt und ist auch weiterhin um fristgerechte Schuldendienstleistungen bemüht. Demgegenüber hat Bulgarien im März 1990 den Schuldendienst eingestellt und steht nun in Umschuldungsverhandlungen mit seinen westlichen Kreditgebern; Polen wurden im März 1991 fünfzig Prozent seiner Schulden gegenüber öffentlichen Gläubigem erlassen. Wenn dadurch auch die unmittelbaren Belastungen für diese beiden Länder geringer geworden sind, ist ihnen der Zugang zu weiteren privaten Krediten damit weithin verwehrt. 41. Verglichen mit den übrigen Staaten Osteuropas ist der Refonnprozeß in der Sowjetunion weit zurückgeblieben. Bis zum Sommer diesen Jahres wurden hier nur halbherzige Schritte in Richtung einer Umgestaltung des Wirtschaftssystems unternommen. Ursächlich hierfür war der seit langem schwelende Machtkampf zwischen den Anhängern des alten Regimes und den Befürwortem eines radikalen marktwirtschaftlichen Kurses innerhalb der Unionsregierung selbst. Die Staatsführung mußte deshalb in ihren Entwürfen für ein Wirtschaftsreformprogramm eine Kompromißlösung anstreben. Der im Oktober 1990 schließlich angenommene Reformvorschlag des so- 49
Drucksache 12/1618 Deutscher Bundestag - 12. Wahlperiode Tabelle 7 Wichtige Reformsehrltte beim Tsche (Januar 1991) fur ein Jahr Degressiv fallendes Arbeislosengeld (50 vH nach Teilweise IndeXierung der Löhne sechs Monaten) Begrenzung von Lohnsteigerungen (Januar 1991) Mindestlohnvereinbarungen (Februar 1991) Mitgliedschaft in internationalen Organisationen. IWF-Mitgliedschaft (Septgember 1990) IWF-Mitgliedschaft (September 1990) westliche Hilfen Stabilisierungsprogramm mit IWF-Unterstützung Stabilisierungsprogramm mit IWF-Unterstützung Stabilisierungskredit über 1,8 Mrd US-Dollar Stabilisierungskredit über 0,5 Mrd US-Dollar Assoziierungsverhandlungen mit EG PHARE-Hilfen der G24-Staaten (seit 1990) PHARE-HiUen der G24-Staaten (seit 19901 Mitgliedschaft in GATT und Weltbank Mitgliedschaft in GATT und Weltbank 50
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