Jahresgutachten 1991/92 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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Deutscher Bundestag -<br />
12. Wahlperiode<br />
Drucksache 12/1618<br />
Eine kürzere Fassung<br />
Der internationale Rahmen<br />
(Ziffern 1ll.)<br />
1*. Die weltwirtschaftliche Entwicklung des Jahres<br />
<strong>1991</strong> stand im Spannungsfeld gegenläufiger konjunktureller<br />
Kräfte: Während in Nordamerika und in Großbritannien<br />
im Laufe des Jabres die Aultriebskräfte<br />
wieder etwas stärker wurden, verlief die Konjunktur<br />
im kontinentalen Europa schwach, und auch im asiatischen<br />
Wirtschaftsraum konnte das hohe Expansionstempo<br />
nicht aufrechterhalten werden. Im Ergebnis hat<br />
sich die Konjunktur in den Industrieländern im zweiten<br />
Halbjahr nur leicht belebt, nachdem im ersten<br />
Halbjahr nahezu eine Stagnation in den OECD-LändeIn<br />
zu verzeichnen gewesen war. Insgesamt blieb<br />
die Belebung aber wesentlich schwächer als zu Jahresbeginn<br />
erhofft, vielerorts wurden die Absatzerwartungen<br />
der Unternehmen für <strong>1991</strong> enttäuscht. Die<br />
Auftriebskräfte waren nicht stark genug, um einen<br />
weiteren, in einigen Ländern deutlichen Anstieg der<br />
Arbeitslosigkeit zu verhindern. Positiv war, daß sich<br />
die Inflationstendenzen durch das Zusammenspiel<br />
der schwachen Nachfrageexpansion, geringer Lohnsteigerungen<br />
und rückläufiger Rohstoffpreise im Jahresverlauf<br />
verminderten.<br />
Das Ende der langen gesamtwirtschaftlichen Expansion,<br />
die in den meisten Industrieländern bereits 1983<br />
begonnen hatte, zeichnete sich schon zum Jahreswechsel<br />
1989/90 ab. Eine Rolle spielte dabei, daß der<br />
kräftige Zyklus der AusIÜstungsinvestitionen, der in<br />
den OECD-Ländern in den Jahren 1988 und 1989 zu<br />
einer Ausweitung der Investitionen von durchschnittlich<br />
gut 9 vH geführt halle, allmählich auslief. Hinzu<br />
kam, daß die Geldpolilik ab Mille 1988 einen restriktiveren<br />
Kurs eingeschlagen hatte, um den Anstieg der<br />
Nachfrage zu dämpfen und den im Zuge der Hochkonjunktur<br />
aufkommenden Inflationsgefahren entgegenzuwirken.<br />
Von :rv1itte 1988 bis zum Frühjahr 1990<br />
stiegen die kurzfristigen Zinssätze in fast allen Industrieländem<br />
um mehrere Prozentpunkte an.<br />
Die konjunkturelle Abschwächung führte gleichwohl<br />
nicht in eine schwere weltwirtschaftliche Rezession,<br />
wie sie zu Beginn der achtziger Jahre eingetreten war.<br />
Dazu haben verschiedene Faktoren beigetragen. Die<br />
Schwächung der Auftriebskräfte wurde nicht wie damals<br />
nachhaltig durch einen Ölpreisschock verschärft.<br />
Von der Nachfrageseite her kamen Impulse<br />
durch die deutsche Vereinigung, die die wirtschaftliche<br />
Tätigkeit in Westdeutschland und den Export vor<br />
allem der europäischen Handelspartner Deutschlands<br />
stimulierte. Wichtig war aber vor allem, daß es in der<br />
Hochkonjunktur Ende der achtziger Jahre gelungen<br />
war, die Inflationsbeschleunigung klein zu halten, so<br />
daß eine Stabilisierungskrise vennieden werden<br />
konnte. Ein verhältnismäßig moderater Lohnanstieg<br />
in vielen Ländern und eine stärker mittelfristig ausgerichtete<br />
Wirtschaftspolitik haben dazu beigetragen.<br />
Der Welthandel stand im Jahre <strong>1991</strong> im Zeichen der<br />
Expansionsschwäche in wichtigen Industrieländern.<br />
Obwohl sich die Konjunktur in der zweiten Jahreshälfte<br />
wieder zu beleben begann, lag das Volumen<br />
des Welthandels im Durchschnitt des Jahres nur um<br />
3 vH über dem Vorjahreswert. Die Nachfrageschwäche<br />
in den Industrieländern traf auch die Entwicklungsläoder,<br />
zumal die nachlassende Rohstollnachfrage<br />
einen Preisrückgang auf den internationalen<br />
Märkten und damit eine Verschlechterung derTennsof-Trade<br />
der Entwicklungsländermit sichbrachte. Die<br />
Reformstaaten Osteuropas haben der Handelsentwicklung<br />
in diesem Jahr noch keine starken Impulse<br />
geben können.<br />
2*. In allen Staaten Osteuropas ist die marktwirtscbaltliche<br />
Umgestaltung des Wirtschaltssystems auf<br />
den Weg gebracht worden. Nahezu überall hat sich<br />
dabei die Erkenntnis durchsetzen können, daß angesichts<br />
offener Grenzen und neugeschaffener politischer<br />
Freiheiten nur ein rascher und alle Bereiche des<br />
wirtschaftlichen Lebens umfassender Übergang <strong>zur</strong><br />
Marktwirtschaft geeignet ist, zu einer nachhaltigen<br />
Verbesserung der Lebensverhältnisse zu gelangen.<br />
Während die Beseitigung der aus der Zeit der sozialistischen<br />
Planwirtschaft überkommenen makroökonomischen<br />
Ungleichgewichte und die Einführung<br />
marktwirtschaftlicher Institutionen und Regelungen<br />
vor allem in Polen, Ungarn und derTschechoslowakei<br />
gut vorankommen, bleibt der Aufbau der neuen Wirtschaftsstrukturen<br />
- die Privatisierung der bestehenden<br />
und die Gründung neuer Unternehmen, die<br />
Schaffung von Wettbewerb auf den Güter- und Faktonnärkten<br />
und die Herstellung funktionsfähiger Kapitalmärkte<br />
- hinter den anfäoglichen Erwartungen<br />
<strong>zur</strong>ück. Derzeit dominiert überall noch der Zusammenbruch<br />
des Alten; vielerorts haben die Menschen<br />
starke Realeinkommenseinbußen und offene Arbeitslosigkeit<br />
hinzunehmen. Gleichwohl besteht zumindest<br />
für Polen, Ungarn und die Tschechoslowakei Anlaß<br />
<strong>zur</strong> Hoffnung, daß die Talsohle bereits in den<br />
nächsten zwei Jahren durchschritten wird. Zu einer<br />
Verbesserung der wirtschaftlichen Lage in den Volkswirtschaften<br />
Osteuropas dürfte beitragen, daß die<br />
westlichen Industriestaaten sich bereitgefunden haben,<br />
<strong>zur</strong> Unterstützung der Reformen und <strong>zur</strong> Minderung<br />
der realwirtschaftlichen Anpassungslasten umfangreiche<br />
technische und finanzielle Hilfe zu leisten.<br />
Die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland<br />
(Ziffern 51ll.)<br />
3*. Im ersten Jahr nach der Vereinigung Deutschlands<br />
sind die Unterschiede in der wirtschaftlichen<br />
Leistungskraft der alten und der neuen Bundesländer<br />
in aller Schärfe deutlich geworden. Die mangelnde<br />
Wellbewerbsfähigkeit der ostdeutschen Unterneh-<br />
1