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Jahresgutachten 1991/92 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Deutscher Bundestag - 12. Wahlperiode Drucksache 12/1618<br />

I<br />

die Zukunft mitgeschleppt und die Modernisierung<br />

behindern. Welche neue Wirtschaftsstruktur sich herausbildet,<br />

hängt von den Investitionsentscheidungen<br />

der Unternehmen ab und davon, was im Wettbewerb<br />

Bestand hat.<br />

Der Staat kann in einer Wettbewerbswirtschaft<br />

sektorale Strukturen nicht prägen, schon gar nicht<br />

in einem Umfeld, in dem nationale Grenzen - europaweit<br />

und darüber hinaus - immer mehr an<br />

Bedeutung verlieren (Ziffern 504 f!.).<br />

Auch die Regionalpolitik kann konkurrenzunfähige<br />

Strukturen nicht auf Dauer erhalten. Ihre Aufgabe<br />

ist es, in Ansehung der unterschiedlichen<br />

Ausgangsbedingungen dafür zu sorgen, daß jede<br />

Region eine faire Chance hat, im Wettbewerb mit<br />

den anderen ihre Wirtschaftskraft entwickeln und<br />

entfalten zukönnen. Das spricht dafür, heider Verwendung<br />

der Mittel aus der Gemeinschaftsaufgabe<br />

"Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur"<br />

die Fördersätze innerhalb der einzelnen<br />

Länder stärker zu differenzieren (Ziffern 513f!.).<br />

Daß sich in den neuen Bundesländern wegen der<br />

räumlichen Konzentration dereinzelnen Industrien im<br />

alten Planungssystem die heutigen Regionalprobleme<br />

oft aus der Anpassungskrise eines Wirtschaftszweigs<br />

erklären, darf nicht dazu verleiten, unter regionalpolitischem<br />

Vorwand eine sektorale Erhaltungspolitik<br />

zu betreiben.<br />

447. Die Arbeitsmarktpolitik muß ihre den Umstellungsprozeß<br />

flankierenden Instrumente dosiert einsetzen,<br />

damit sie den Neuaufbau fördert und nicht<br />

behindert. Sonderregelungen für Kurzarbeit und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen<br />

dürfen, so wichtig sie<br />

sozialpolitisch auch sind, nicht dazu führen, daß die<br />

Motivation der Arbeitnehmer, sich um neue Qualifikationen<br />

und neue Arbeitsplätze zu bemühen, beeinträchtigt<br />

wird und daß private Unternehmen durch<br />

Wettbewerbsverzerrungen in ihrer Entwicklung behindert<br />

werden. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen<br />

sollten daher differenziert eingesetzt und auf Regionen<br />

konzentriert werden, in denen auf absehbare Zeit<br />

mit keiner Belebung der Wirtschaftstätigkeit zu rechnen<br />

ist. Das gilt auch für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen<br />

unter der Trägerschaft von Beschäftigungsgesellschaften.<br />

Die Errichtung eines flächendeckenden<br />

Netzes solcher Gesellschaften ist eine Fehlentwicklung,<br />

die möglichst bald <strong>zur</strong>ückgeführt werden muß<br />

(Ziffern 528f!.).<br />

Vorrang gebührt arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen,<br />

die der Qualifizierung dienen. Die aus der Not<br />

der Stunde geborene Sonderregelung für Kurzarbeit<br />

sollte, wie vorgesehen, zum Jahresende <strong>1991</strong> auslaufen.<br />

Bei Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen muß, damit<br />

die Anreize richtig gesetzt werden, eine Entlohnung<br />

möglich sein, die über dem Arbeitslosengeld, aber<br />

unter dem Tariflohn liegt (Ziffern 536 !.).<br />

Allemal ist es besser, den Umstellungsprozeß durch<br />

günstige Investitionsbedingungen zu fördern, als den<br />

Weg der Lohnsubventionierung zu beschreiten (Ziffern<br />

53811.). Wettbewerbsfähigkeitläßt sich auf Dauer<br />

nicht vortäuschen. Sie muß erarbeitet werden, und<br />

dazu bedarf es der Anstrengung aller.<br />

448. Im Unterschied zu anderen Wirtschaftsbereichen<br />

wurde die Landwirtschaft in den neuen Bundesländern<br />

mcht in vollem Umfang marktwirtschaftlichen<br />

Wettbewerbsbedingungen ausgesetzt, sondern<br />

in das komplexe System agrarpolitischer Regelungen<br />

überführt. Unsicherheiten über den künfligen Kurs<br />

der Agrarpolitik erschweren den gerade erst anlaufenden<br />

Übergang zu neuen Strukturen, die mit der<br />

Auflösung der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaftengefunden<br />

werden müssen. Die in der<br />

Agrarpolitik bisher angelegte Diskrirnirüerung großer<br />

Betriebseinheiten darf nicht dazu führen, daß mögliche<br />

Vorteile der Landwirtschaft in den neuen Bundesländern,<br />

soweit dort in großen Einheiten kostengüllstiger<br />

produziert werden kann, nicht <strong>zur</strong> Entfaltung<br />

kommen (Ziffern 543f!.).<br />

11. Überwindung wachstumshemmender<br />

Engpässe<br />

449. Die ungeklärten Eigentumsverhältnisse, die<br />

noch mcht voll leistungsfähige Verwaltung, fehlende<br />

Gewerbeflächen, ökologische Altlasten und eine un<strong>zur</strong>eichende<br />

Infrastruktur erschweren die wirtschaftliche<br />

Erneuerung in Ostdeutschland. Diese Faktoren<br />

erweisen sich als Engpaß, behindern Investitionen<br />

und lassen das Wachstumspotential, das durch die<br />

deutsche Vereinigung für die neuen Bundesländer<br />

angelegt ist, nicht voll <strong>zur</strong> Entfaltung kommen. Ostdeutschland<br />

hat auf mittlere und längere Frist durch<br />

die Integration in die deutsche und in die internationale<br />

Arbeitsteilung, durch den Aufbau eines neuen,<br />

modernen Kapitalstocks und durch die veränderten<br />

Anreize, die die Marktwirtschaft mit sich bringt, gute<br />

Wachstumschancen (SG 91 Ziffern 10f!.). Die Investitionshemmnisse<br />

undWachstumsbarrieren aus dem<br />

Weg zu schaffen, ist die entscheidende Aufgabe der<br />

Wirtschaftspolitik. Die Beseitigung der Engpässe wird<br />

schwierig sein und Zeit brauchen - um so wichtiger<br />

ist es, neue Wege zu gehen und unkonventionelle<br />

Ansätze zu suchen, die den Abbau der Engpässe beschleunigen.<br />

Klärung der Eigentumsverhältnisse<br />

450. Das Grundproblem bei noch nicht privatisierten<br />

Unternehmen oder Immobilien ist, daß erst der Eigentümer<br />

entscheiden kann, welche Konzeption erfür ein<br />

Unternehmen verfolgen und wie er ein Grundstück<br />

verwenden will. Ein Zwischeneigentümer wie die<br />

Treuhandanstalt kann die Konzeption des neuen Eigentümers<br />

nach einer Privatisierung nicht kennen.<br />

Hinzu kommt, daß der Erwerber oder der Restitutionsberechtigte<br />

in aller Regel nicht investieren wird, solange<br />

seine eigentumsrechtliche Position nicht gesichert<br />

ist. Zugleich resultiert aus den ungeklärten Eigentumsverhältnissen<br />

eine - wenn auch vorübergehende<br />

- Verknappung des Angebots an Immobilien.<br />

Ein Marktausgleich findet zu sehr hohen Preisen statt.<br />

Die Gründung neuer Unternehmen, aber auch die<br />

Renovierung von Häusern und die Erneuerung der<br />

Städte werden erheblich erschwert.<br />

451. Der Verkauf von Unternehmen durch die Treuhandanstalt<br />

wurde bis zum März <strong>1991</strong> beeinträchtigt,<br />

219

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