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Jahresgutachten 1991/92 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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an offenen Lombardforderungen, der im Januar zeitweise<br />

einen Wert von fast 15 r..1rd Dtvl erreicht hatte,<br />

auf nur noch 1 Mrd D!'vl im Februar ab. Zur Vemleidung<br />

etwaiger Irritationen am Geldmarkt verstärkte<br />

die Bundesbank in der Folgezeit den Einsatz von Feinsteuerungsinstrumenten.<br />

So ging sie <strong>zur</strong> Stabilisierung<br />

der Zinsentwicklung dazu über, fällig werdende<br />

Wertpapierpensionsgeschäfte in der kurzen Tranche<br />

vorübergehend als Mengentender zum Feslsatz von<br />

zunächst 8,5 %, später 8,6 % auszuschreiben. Zur Vermeidung<br />

von liquditätsengpässen stellte sie den Kreditinstituten<br />

zudem mehrfach t-.1ittel im Wege von<br />

SchneUtendem und über die Verldgerung von Bundesguthaben<br />

in den Geldmarkt <strong>zur</strong> Verfügung. Zusätzlich<br />

setzte sie auch Devisenswapgeschäfte und<br />

kurzfristige Schatzwechselabgaben ein. Das Zinsniveau<br />

am Tagesgeldmarkt pendelte sich knapp unter<br />

dem Lombardsatz ein und sank bis zum !'\i!ai vorübergehend<br />

sogar wieder auf 8,6'Y., ah (Schaubild 24).<br />

Angesichts einer zunehmenden Eintrübung des Preisklimas<br />

bemühte sich die Bundesbank in den folgenden<br />

tvlonaten, durch entsprechende Ausgestaltung<br />

der Wertpapierpensionsgeschäfte die Geldmarktzinsen<br />

weiter zu erhöhen. Tatsächlich stieg der Tagesgeldsatz<br />

bis zum August wieder auf das Niveau des<br />

Lombardsatzes von damals 9 'y;, an. Um sich die Kontrolle<br />

über die Liquiditätssteuerung zu hewahH~n und<br />

sich weitere Zinserhöhungsspielrdurne zu eröffnen,<br />

sah sich die Bundesbank daraufhin neuerlich zu einer<br />

Erhöhung des Lombardsatzes um einen vierte} Prozentpunkt<br />

veranlaßt. Gleichzeitig setzte sie den Diskontsatz<br />

um einen Prozentpunkt hinauf, um den gewohnten<br />

Abstand zwischen Diskontsatz und Lombardsatz<br />

wieder herzustellen und über dip damit hervorgerufene<br />

Verteuerung der Zentralbankgeldbeschaffung<br />

die monetäre Expansion zusätzlich zu<br />

dämpfen. In den näc:hsten t\1onaten bewegte sich der<br />

Tagesgeldsatz meist knapp oberhalb von 9 'X).<br />

175. Die Ertragslage der Bundesbank hat sich in diesem<br />

Jahr deutlich verbessert. Die Nettozinseinnahmen<br />

dürften sich auf etwa 15 r--1rd Dtv! bdaufen, geringfügig<br />

weniger als im Vorjahr. Hierin spiegeln sich<br />

zwei gegenläufige Effekte. Während die Zinseinnah~<br />

men aus dem Kreditgeschäft mit inländischen Geschäftsbanken<br />

in diesem Jahr intolge der Anhebung<br />

der Notenbankzinsen kräftig zunahmen, stellte sich<br />

bei den Zinseinnahmen aus Geldanlagen im Ausland<br />

wegen der gesunkenen Zins~~n in den Vereinigten<br />

Staaten ein deutlicher Rückgang ein. Zudem sind die<br />

Zinsaufwendungen für Verbindlichkeiten aus dem<br />

Auslandsgeschäft wegen des Anstiegs der D!vl-Zinsen<br />

höher ausgefallen als im letzten Jahr. Gewmnerhöhend<br />

wirkte sich hingegen die Abwertung der D­<br />

Mark gegenüber dem US-Dollar aus. Da die Währungsreserven<br />

der Bundesbank mit einem Kurs von<br />

1,4940 DM je Dollar bewertet sind, konnte durch 001­<br />

larabgaben im Rahmen von Devisenmarktinterventio~<br />

nen und den Verkauf von etwa 11 Mrd Dollar an den<br />

Bund ein Ertrag von gut 1 Mrd D~l erzielt werden.<br />

Hinzu kommt, daß Abschreibungen auf Währungsreserven<br />

wegen des deutlich gestiegenen Dollarkurses<br />

in diesem Jahr nicht anfallen. Da auch die übrigen<br />

Aufwendungen mit etwa 2 Mrd Dt'vl nur wenig höher<br />

ausfallen werden als im Vorjahr, dürfte sich der Jahresüberschuß<br />

der Deutschen Bundesbank in diesem<br />

Jahr auf etwa 14 Mrd DM belaufen.<br />

Deutscher Bundestag - 12. Wahlperiode Drucksache 12/1618<br />

Zunehmende Mitlelaufnahme am Kapitalmarkt<br />

176. Die neuerlicbe Verschärfung des geldpolitischen<br />

Kurses schlug sich am Rentenmarkt zunächst<br />

nicht in einer entsprechenden Erhöhung der Renditen<br />

nieder; vielmehr sank die Umlaufsrendite festverzinslicher<br />

Wertpapiere, die zu Beginn des Jahres noch<br />

9,1 % betragen hatte, trotz der Anhebung der Leitzinsen<br />

durch die Bundesbank im Februar binnen weniger<br />

Tage auf 8112 % und verharrte bis zum Sommer in<br />

etwa auf diesem Niveau.<br />

Von Juli an führten aufkommende Irritationen über<br />

eine Änderung in der Besteuerung von Zinsertlägen<br />

zu einem erneuten Anstieg der Wertpapierrenditen<br />

auf knapp 8,9%. Offensichtlich sahen viele Anleger<br />

der geforderten steuerlichen Gleichbehandlung von<br />

Zinseinkünften mit Sorge entgegen und waren daher<br />

nur durch entsprechend höhere Renditen zu einem<br />

Engagement in deutschen Wertpapieren zu bewegen.<br />

Ein Zeichen hierfür ist, daß sich die Zinsdifferenz zwischen<br />

deutschen und amerikanischen Anleihen in den<br />

Sommennonaten um etwa zwei Drittel Prozentpunkte<br />

ausweitete. Das Zinshoch war jedoch nur von kurzer<br />

Dauer; bis zuletzt gingen die Renditen - trotz der<br />

erneuten Leitzinsanhebung durch die Bundesbank ­<br />

unter dem Einfluß von Zinssenkungstendenzen an<br />

den internationalen Märkten wieder auf 8,6 % <strong>zur</strong>ück.<br />

177. Der Rückgang der langfristigen Zinsen in diesem<br />

Jahr mag zwar zu einemTeil ein gestiegenes Vertrauen<br />

der Marktteilnehmer in die Fähigkeit der Bundesbank<br />

<strong>zur</strong> Bewahrung der Geldwertstabilitätwiderspiegeln.<br />

Von weit größerer Bedeutung dürfte jedoch<br />

der von den Kapitalmärkten des Auslands ausgehende<br />

Zinssenkungsdruck gewesen sein, denn bei<br />

international eng verflochtenen Kapitalmärkten ist<br />

der Raum für eine eigenständige Nominalzinsentwicklung<br />

gering. Entscheidend sind hier vornehmlich<br />

die von den Marktteilnehmem erwarteten Wechselkursänderungen,<br />

die Zinsentwicklung an den ausländischen<br />

Kapitalmärkten und das von den Anlegern zu<br />

übernehmende Risiko. Dies zeigt sich insbesondere<br />

beim Vergleich der Zinsentwicklung in den Vereinigten<br />

Staaten und der Bundesrepublikj Veränderungen<br />

der langfristigen Zinsen an den amerikanischen Finanzmärkten<br />

führen im Regelfall zu gleichgerichteten<br />

- nicht unbedingt aber auch gleich großen - Zinsänderungen<br />

an den deutschen Kapitalmärkten (Schaubild<br />

25). Zwar ist es infolge der deutschen Vereinigung<br />

zu einer grundlegenden Neubewertung deutscher<br />

Wertpapiere gekommen, doch hat dies den internationalen<br />

Zinszusammenhang nicht auf Dauer gelockert.<br />

In der drastisch zusammengeschrumpften Zinsdifferenz<br />

zum Ausland zeigt sich, daß die international disponierenden<br />

Kapitalanleger der deutschen Wirtscbaftspolitik<br />

mit Skepsis begegnen. Ungewißheit<br />

über die künftige Besteuerung von Kapitalerträgen,<br />

Unklarheit über den finanzpolitischen Kurs und Sorgen<br />

um die Geldwertstabilität sind der Nährboden für<br />

hohe Zinsen. Die deutschen Zinsen sind somit heute<br />

höher, als sie es sein müßten. Um so mehr ist es daher<br />

erforderlich, durch eine rasche Konsolidierung des<br />

Staatshaushalts und die Eindämmung inflationärer<br />

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