Jahresgutachten 1991/92 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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Deutscher Bundestag - 12. Wahlperiode Drucksache 12/1618<br />
I<br />
Einheit .. einzustellen. Es gibt zwar gute Grunde, die<br />
IVlischfinanzierung generellzu reduzieren und gerade<br />
das Strukturhillegesetz - gegen das im übrigen vor<br />
dem Bundesverfassungsgericht geklagt wird - abzuschaffen.<br />
Die jetzt angestrebte Lösung führt jedoch<br />
dazu, daß sich zwar die Gesamtheit der alten Bundesländer<br />
mit zusätzlichen 2,45 Mrd DM am Fonds<br />
.Deutsche Einheit" beteiligen müßte, dadurch aber<br />
nicht afle Länder entsprechend dem Verteilungsschlüssel,<br />
der für den Fonds "Deutsche Einheit" festgelegt<br />
worden ist, nänilich gemäß der Einwohnerzahl,<br />
herangezogenwürden. Diebesonders finanzkräftigen<br />
Länder Baden-Württemberg und Hessen, die bisher<br />
keine Strukturhille erhalten haben, würden durch den<br />
Wegfafl eben auch nicht belastet, während die strukturschwachen<br />
Länder zusätzliche Beiträge leisten<br />
müßten. Insbesondere hätten die Länder Bremen und<br />
Saarland, die wegen ihrer Finanzschwäche zum<br />
Fonds "Deutsche Einheit" nicht beitragen, nunmehr<br />
Beiträge zu leisten.<br />
334. Es spricht also auch unter diesen Aspekten alles<br />
dagegen, das Volumen des Fonds •Deutsche Einheit"<br />
zu erhöhen. Sollte sich zusätzlicher - unabweisbarer<br />
- Finanzbedarf der neuen Bundesländer in den<br />
kommenden Jahren ergeben, so sollte dieser unter<br />
Beachtung der oben genannten Eckwerte (Ziffer 325)<br />
für eine Reform des Finanzausgleichs über vertikale<br />
Zuweisungen des Bundes abgedeckt werden. Die<br />
stärkere Beteiligung der alten Bundesländer und ihrer<br />
Gemeinden an der Finanzierung der Einheit kann<br />
sachgerecht nur über eine Neuverteilung des Umsatzsteueraufkommens<br />
gemäß Artikel 106 Abs. 4 GG erreicht<br />
werden (JG 90 Ziffer 373). Im übrigen wird<br />
durch das jetzt gewählte Verfahren eine anstehende<br />
Reform des Finanzausgleichs 1995 erheblich belastet:<br />
Den Ländern ist es bisher gelungen, ihren Finanzierungsbeitrag<br />
in engen Grenzen zu halten. Mit einer<br />
Reform des Finanzausgleichs und der vollen Einbeziehung<br />
der neuen Bundesländer werden die alten Bundesländer<br />
diese Strategie nicht fortsetzen können. Sie<br />
werden vielmehr ab 1995 mit einer spürbareren Reduktion<br />
ihrer Finanzausstattung rechnen müssen.<br />
Sollte sich - was von seiten der Länder gelegentlich<br />
prognostiziert wird - die Finanzlage des Bundes bis<br />
1995 günstig entwickeln, zumal weil bei ihm das Potential<br />
für Ausgabenkürzungen (zum Beispiel Verteidigung,<br />
Berlinhille, Zonenrandförderung) größer ist,<br />
dann würde dies bei der Neuverteilung des Umsatzsteueraufkommens<br />
selbstverständlich berücksichtigt<br />
werden. Freilich muß das Verfahren für die Neufestsetzung<br />
der Beteiligungsquotenim Zuge einer Reform<br />
des Finanzausgleichs auch verbessert werden. Die<br />
Festsetzung der Beteiligungsquoten richtet sich nach<br />
der Entwicklung der sogenannten Deckungsquoten,<br />
in deren Bestimmung die "notwendigen Ausgaben"<br />
und die "laufenden Einnahmen" des Bundes und der<br />
Länder (sowie deren Gemeinden) eingehen. Diese<br />
Leerfonneln müßten inhaltlich ausgefüllt werden.<br />
Finanzierung der Transfers<br />
335. Unabhängig von der Verteilung der Finanzierungslasten<br />
auf die verschiedenen Ebenen im Staatsaufbau<br />
müssen die Mittel für die Transfers von den<br />
privaten Haushalten und Unternehmen in der alten<br />
Bundesrepublik aufgebracht werden. Dabei geht es<br />
darum, die Beanspruchung des Bruttosozialprodukts<br />
in den alten Bundesländern zugunsten der neuen <strong>zur</strong>ückzudrängen<br />
und dabei die konsumtive Verwendung<br />
zugunsten der investiven zu reduzieren. Die er·<br />
forderlichen Finanzmittel können im Prinzip auf drei<br />
Wegen aufgebracht werden: durch Kreditaufnahme,<br />
durch Ausgabenkürzungen oder Ausgabenumschichtungen<br />
sowie durch Steuer- und Abgabenerhöhungen.<br />
Diese drei Finanzierungsaltemativen unterscheiden<br />
sich einmal in ihren interpersonellen und intertemporalen<br />
Verteilungswirkungen, zum anderen aber auch<br />
in den Wirkungen auf Stabilität, Beschäftigung und<br />
Wachstum.<br />
336. Der Sachverständigenrat hat in seinem letzten<br />
<strong>Jahresgutachten</strong>im einzelnen dargelegt, daß die Defizitquote<br />
von 5 vH, wie sie sich damals für die Jahre<br />
<strong>1991</strong> bis 1995 abzeichnete, auf 1';" vH bis höchstens<br />
2 vH <strong>zur</strong>ückgeführt werden müsse (JG 90 Ziffern<br />
381 ff.). Für die damit verbundene Reduktion der Kreditaufnahme<br />
wurden folgende - auch heute noch<br />
geltende - Gründe genannt: die steigende Zinsbelastung<br />
der öffentlichen Haushalte, die negativen Wirkungen<br />
auf Wachstum und Stabilität sowie der Vertrauensverlust<br />
auf deninternationalen Finanzmärkten<br />
(JG 90 Ziffer 355). Der erforderliche Konsolidierungsbeitrag<br />
sollte durch strenge Ausgabendisziplin auf allen<br />
Ebenen erzielt werden; Steuer- und Abgabenerhöhungen<br />
sollten wegen der damit verbundenen negativen<br />
Wirkungen auf Leistungsbereitschaft und Investitionen<br />
nach Möglichkeit vermieden werden. Dieses<br />
Konsolidierungsmodell ging davon aus, daß in<br />
Westdeutschland die öffenilichen Ausgaben auf aflen<br />
Ebenen nur noch mit einer Rate von 3,5 vH pro Jahr<br />
(statt bis dahin 6 vH) steigen dürften. Der Bundeshaushalt<br />
19<strong>92</strong> und die Finanzplanung des Bundes für<br />
die Jahre <strong>1991</strong> bis 1995 folgen im Prinzip diesem Kurs,<br />
indem die Ausgabensteigerungen für die Jahre bis<br />
1995 im Durchschnitt auf 2,3 vH pro Jahr begrenzt<br />
werden sollen. Bei den westdeutschen Ländern und<br />
ihren Gemeinden liegen die Steigerungsraten jedoch<br />
nach wie vor höher.<br />
337. Um die Konsolidierungsaufgabe, vor der die öffentlichen<br />
Haushalte in den nächsten Jahren stehen<br />
werden, abschätzen zu können, skizzieren wir im folgenden<br />
eine mögliche Entwicklung des Sozialprodukts<br />
und des gemeinsamen Haushalts der Gebietskörperschaftenin<br />
der Abgrenzung der Finanzstatistik.<br />
Wegen der unterschiedlichen Entwicklung der Einnahmen<br />
und Ausgaben werden die Länder (und deren<br />
Gemeinden) in Westdeutschland und Ostdeutschland<br />
getrennt ausge~esen. Beim Bundeshaushalt wird dagegen<br />
- anders als noch im Vorjahr (JG 90 Ziffer<br />
349) - nicht zwischen einem westlichen und östlichen<br />
Teil getrennt, weil dies ökonomisch nicht mehr sinnvoll<br />
ist. Für das Jahr 19<strong>92</strong> legen wir die Ergebnisse<br />
unserer Prognose zugrunde.<br />
Für Westdeutschland nehmen wir für den Zeitraum<br />
von 19<strong>92</strong> bis 1996 einen Zuwachs des nominalen Bruttosozialprodukts<br />
von 6 vH jährlich an. Die Steuereinnahmen<br />
werden ausgehend von der Steuerquote für<br />
<strong>1991</strong> geschätzt. Für die sonstigen Ausgaben des Bun-<br />
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