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Jahresgutachten 1991/92 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Drucksache 12/1618 Deutscher Bundestag - 12. Wahlperiode<br />

155. Der Wandel des Wirtschaftssystems in Ostdeutschland<br />

führte auch zu gravierenden Änderungen<br />

der Anforderungen, die an die Qualifikationen<br />

der ostdeutschen Arbeitskräfte gestellt werden. Die<br />

auf wettbewerbsfähigen Arbeitsplätzen notwendigen<br />

Qualifikationen haben die Menschen unter dem alten<br />

Systemvielfach nicht erlernen können. Da der Aufbau<br />

neuer Arbeitsplätze, in deren Ausübung sich die Beschäftigten<br />

die benötigten Qualifikationen "on the<br />

job" werden aneignen können, nicht in gleichem<br />

Tempo vorangeschritten ist, wie sich alte Arbeitsplätze<br />

als nicht wettbewerbsfähig erwiesen haben,<br />

kam dem arbeitsmarktpolitischen Instrument der beruflichen<br />

Weiterbildung eine bedeutende Aufgabe zu.<br />

Seit Jahresbeginn haben 714000 Personen die Teilnahme<br />

an einer Maßnahme <strong>zur</strong> beruflichen Fortbildung,<br />

Umschulung und betrieblichen Einarbeitung<br />

begonnen. Im September befanden sich den Schätzungen<br />

der Bundesanstalt für Arbeit zufolge 350 500<br />

Personen in solchen Maßnahmen. Dabei ist die zunächst<br />

noch äußerst geringe Beteiligung von Kurzarbeilern<br />

im Jahresverlauf auf zuletzt schätzungsweise<br />

37 vH angestiegen, nachdem ihnen für den Fall, daß<br />

sie nicht an den ihnen angebotenen Qualifizierungskursen<br />

teilnehmen, Sperrzeiten vom Bezug des Kurzarbeilergeldes<br />

angedroht worden sind.<br />

In diesem Jahr wurden überwiegend kurz- his mittelfristige<br />

Weilerbildungsaktivitäten durch die Bundesanstalt<br />

für Arbeit gefördert. Nahezu 47 vH aller im<br />

ersten Halbjahr begonnenen 1\1aßnahmen hatten eine<br />

Laufzeit von nur bis zu drei Monaten, weitere 38 vH<br />

erstreckten sich zwischen drei und zwölf Monaten.<br />

Vor allem der Anteil der sehr kurzfristigen"Maßnahmen<br />

<strong>zur</strong> Verbesserung der Vermittlungsaussichten"<br />

(sogenannte 41a-Maßnahmen) erlangte bedeutendes<br />

Ausmaß. In welchem Umfang dagegen längerfristige<br />

berufliche Fortbildung und Umschulung in Vollzeitmaßnahmen<br />

durchgeführt worden ist, läßt sich bislang<br />

nur schwerlich abschätzen. Der jahresdurchschnittliche<br />

Bestand an Teilnehmern in Vollzeitmaßnahmen<br />

dürfte nur 110000 Personen betragen haben.<br />

ten Arbeitnehmern, die hauptsächlich im Rahmen der<br />

Umweltsanierung und der Betriebsdemontage eingesetzt<br />

werden sollen, erreichten weit überdurchschnittliche<br />

Größen.<br />

Die Förderung durch Millel der Bundesanstalt für Arbeit<br />

kommt auch Gesellschaften zugute, die im Laufe<br />

des Jahres mit der vorrangigen Zielsetzung gegründet<br />

worden sind, den von Betriebsstillegungen und Entlassungen<br />

bedrohten Arbeitskräften subventionierte<br />

Ersatzarbeitsplätze zu bieten und sie auf diesem Weg<br />

beruflich zu qualifizieren. Bis Mitte August dürften<br />

etwa 300 dieser häufig aus Treuhandunternehmen<br />

hervorgegangenen Gesellschaften <strong>zur</strong> Arbeitsförderung,<br />

Beschäftigung und Strukturentwicklung (ABS)<br />

gegründet worden sein. Anfang November gab es<br />

etwa 200 Beschäftigungsgesellschaften mit gesellschaftsrechtlicher<br />

Beteiligung von Treuhandunternehmen.<br />

Die Treuhandanstalt geht davon aus, daß<br />

noch weitere 150 Gesellschaften dieser Art gegründet<br />

werden, so daß dann insgesamt bis zu 150 000 Arbeitnehmer,<br />

insbesondere durch Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen<br />

und berufliche Fortbildung und Umschulung,<br />

in den ABS-Gesellschaften beschäftigt werden<br />

könnten.<br />

Gemäß einer Rahmenvereinbarung vom 17. Juni <strong>1991</strong> zwischen<br />

den Gewerkschaften. den Arbeitgebern, der Treuhandanstalt<br />

und den ostdeutschen Bundesländern hat sich die Treuhandanstalt<br />

verpflichtet. eine Beteiligung von 10 vH am Stammkapital<br />

der zu gründenden Trägergesellschaften auf Landesebene einzugehen.<br />

Bis Anfang Novemberwaren die entsprechenden Landesdachgesellschaften<br />

in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen<br />

und Berlin bereits gegründet. Ferner hat sich die Treuhandanstalt<br />

verpflichtet, den einzelnen ABS-Gesellschaften sächliche,<br />

personelle und finanzielle Unterstützung zu gewähren, die sich<br />

hauptsächlich auf die Bereitstellung von Räumen, Sachmitteln<br />

und Anfangshilfen bei administrativen Aufgaben wie Lohnund<br />

Gehaltsabrechnungen oder Sozialversicherungsfragen erstreckt.<br />

Darüber hinaus kann die Treuhandanstalt für die Dauer<br />

von drei Monaten eine Vorfinanzierung einzelner ABS-Gesellschaften<br />

übernehmen, um bei gesicherter Gesamt/inanzierung<br />

den geplanten Beginn der arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen<br />

sicherzustellen. Insgesamt erwartet die Treuhandanstalt einen<br />

Finanzierungsbedarf von bis zu 150 Mio DM, der sich durch die<br />

Gründung von Beschäftigungsgesellschaften ergibt.<br />

156. Wegen der vielerorts extrem monostrukturierten<br />

Wirtschaft der ehemaligen DDR drohten Betriebsstillegungen<br />

häufig regional konzentrierte Arbeitslosigkeit<br />

hervor<strong>zur</strong>ufen, ohne daß auf absehbare Zeit<br />

mit dem Aufbau neuer Arbeitsplätze in nennenswertem<br />

Umfang gerechnet werden konnte. Die Arbeitsmarktpolitik<br />

reagierte hierauf im Rahmen des "Gemeinschaftswerk<br />

Aufschwung Ost" mit der Förderung<br />

von Arbeitsbeschaffung in Großprojekten, von<br />

denen bis Anfang Oktober 120 bewilligt worden waren.<br />

Die Gesamtkosten dieser übenviegend auf 1112 bis<br />

2 Jahre befristeten Projekte, in denen insgesamt<br />

knapp 40 500 Personen beschäftigt werden sollen, belaufen<br />

sich auf 4,1 Mrd DM. Die größten Projekte wurden<br />

von der Vereinigten Mitteldeutschen Braunkohlewerk<br />

AG und der Lausitzer Braunkohlewerk AG<br />

<strong>zur</strong> Rekultivierung und Renaturierung der vom<br />

Braunkohlebergbau geschädigten Landschaft mit<br />

jeweils 2 200 Arbeitnehmern durchgeführt. Aber<br />

auch die Gemeinnützige Qualifizierungsgesellschaft<br />

Jena mbH mit 1 740 und die Bitterfelder Qualifizierungsgesellschaft<br />

mbH mit zusammen 2060 geförder-<br />

Starker Niveausprung bei den Tarifverdiensten<br />

157. Nachdem die Tarifverdienste in den neuen<br />

Bundesländern bereits inl letzten Jahr mehrfach beträchtlich<br />

erhöht worden waren, wurden durch die<br />

Tarifvertragsparteien im Laufe des ersten Halbjahres<br />

erneute Lohn- und Gehaltsanhebungen ausgehandelt,<br />

die gut 5,5 Millionen Arbeitnehmer begünstigt<br />

haben. Dabei wurden wiederum kurzfristige Verträge<br />

abgeschlossen, deren Laufzeiten von nur drei Monaten<br />

in der Chemischen Industrie und bis zu elf Monaten<br />

in der Druckindustrie reichten. In einigen größeren<br />

Bereichen, wie zum Beispiel der Eisen- und Stahlindustrie,<br />

der Metall- und Elektroindustrie sowie dem<br />

Metallhandwerk haben die Tarifvertragsparteien dagegen<br />

mittelfristige Laufzeiten vereinbart, die innerhalb<br />

von drei Jahren durch Stufenanhebungen die<br />

tariflichen Löhne und Gehälter an das Niveau der entsprechenden<br />

westlichen Tarifbezüge heranführen<br />

sollen.<br />

110

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