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Jahresgutachten 1991/92 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Deutscher Bundestag - 12. Wahlperiode Drucksache 12/1618<br />

158. In ihrer überwiegenden Anzahl wurden Lohnund<br />

Gehaltserhöhungen auf nunmehr 60 vH bis 65 vH<br />

der entsprechenden westlichen Tarifniveaus ausgehandelt.<br />

Stufenvereinbarungen zum Beispiel im<br />

Dachdeckerhandwerk und im Einzelhandel führten<br />

bereits in der zweiten Jahreshälfte zu weiteren Anhebungen<br />

der Tariflöhne und -gehälter auf über 70 vH<br />

des Tarifniveaus in Westdeutschland. Im Baugewerbe<br />

wurde im Herbst ein neuer Abschluß ausgehandelt,<br />

der ab 1. Oktober diesen Jahres den östlichen Baubeschäftigten<br />

69vH und ab 1. April nächstenJahres über<br />

eine Laufzeit von 12 Monaten 77 vH der westlichen<br />

Tarifeinkommen einbringen sou. Regionale Differenzierungeninnerhalb<br />

einigerWirtschaftsbereiche führten<br />

für Berlin (Ost) und teilweise auch für Brandenburg<br />

zu einem gegenüber den übrigen neuen Bundesländern<br />

erhöhten Tarifniveau, das vor allem in Beflin<br />

bereHs in diesem Jahr zu einer Angleichung der westlichen<br />

und östlichen Tarifeinkommen geführt hat. Die<br />

neuen Vereinbarungen brachten im Jahre <strong>1991</strong><br />

durchweg zweistellige Steigerungsraten gegenüber<br />

den abgelösten Tarifvereinbarungen mit sich.<br />

Neben den Einkommensvereinbarungen wurden<br />

auch für die meisten Tarifbereiche Abkommen über<br />

die Reduzierung der tariflichen Wochenarbeitszeit<br />

und die Ausdehnung des tariflichen Jahresurlaubs<br />

abgescWossen. Trotz dieser Arbeitszeitverkürzungen<br />

lag die tarifliche Wochenarbeitszeit in den neuen Bundesländern<br />

weiterhin über der in den vergleichbaren<br />

westlichen Tarifbezirken. tvfitte des Jahres war hier<br />

weitgehend die 40-Stunden-Woche realisiert. Eine<br />

wichtige Ausnahme stellte das Baugewerbe dar, in<br />

dem zu Jahresanfang die Arbeitszeit von 43 3 /4 auf<br />

42 Wochenstunden verkürzt worden ist. Stufenvereinbarungen<br />

in vielen Tarifbereichen sehen eine weitere<br />

Arbeitszeitverkürzung für die nächsten Jahre vor. Je<br />

nach Wirtschaftsbereich sollen zwischen 1993 und<br />

1996 wöchentliche Arbeitszeiten von 38 bis 39 Stunden<br />

erreicht werden. Ebenfalls wurden in einer Reihe<br />

von Tarifbereichen Stufenvereinbarungen über die<br />

Verlängerung des Tarifurlaubs sowie über die Einführung<br />

und Anhebungen von sonstigen Leistungen wie<br />

Jahressonderzahlungen, Urlaubsgeld und vermögenswirksame<br />

Leistungen getroffen, von denen die<br />

erste Stufe bereits teilweise in diesem Jahr in Kraft<br />

getreten ist Auch hierdurch wurde bereits <strong>1991</strong> eine<br />

beträchtliche Steigerung der Arbeitskosten ausgelöst,<br />

die gegenüber den ursprünglichen Vereinbarungen<br />

bis zu gut 10 vB beträgt.<br />

159. In den meisten Tarifbereichen wurde im Laufe<br />

des Jahres die Übertragung westlicher Tarifstrukturen<br />

abgeschlossen (Tabelle 32). Manteltarifverträge der<br />

ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie sehen westlichen<br />

Vereinbarungen entsprechende Lohn- und Gehaltsgruppeneinteilungen<br />

und Eingruppierungsmerkmale<br />

vor. Die Einstufung der einzelnen Arbeitskräfte ist<br />

dagegen ein Prozeß, der noch die nächsten Jahre in<br />

Anspruch nehmen wird. Speziell die Einstufung in<br />

niedrige Lohn- und Gehaltsstufen hat sich als problematisch<br />

herausgestellt, da die betreffenden Arbeitskräfte<br />

schon in der damaligen DDR und dann durch die<br />

ersten Tarifverträge im vergangenen Jahr bereits relativ<br />

hohe Tarifverdienste erreicht hatten. Dies führte<br />

dazu, daß die Differenzierung der Tarifeinkommen<br />

zwischen den einzelnen Lohn- und Gehaltsstufen in<br />

den neuen Bundesländern vorerst deutlich geringer<br />

ausgestaltet worden ist, als es entsprechende Tarifverträge<br />

in den alten Bundesländern vorsehen.<br />

160. Das effektive Einkommen in OstdeutscbIand<br />

lag deutlich niedriger, als es der Vergleich des monatlichen<br />

Tarifniveaus nahelegen würde. Im April hat die<br />

Ost-West-Relation der durchschnittlichen Bruttomonatsverdienste<br />

der in der Verdiensterhebung für die<br />

neuen Bundesländer bislang erlaBten Vollzeitbeschäftigten<br />

in Industrie, Handel, Kredit- und Versicherungsgewerbe<br />

47,1 vH betragen. In den nenen<br />

Bundesländern haben diese Beschäftigten mit<br />

1.899 DM knapp 15 vH mehr als noch am Jahresanfang<br />

verdient. Gegenüber April 1990 ist ibr Brullomonatsvermenst,<br />

der damals noch in Mark der DDR ausbezahlt<br />

wurde, sogar um 65 vH angestiegen. Da im<br />

gleichen Zeitraum die Bruttomonatsvermenste in den<br />

alten Bundesländern nur um 5,5 vH zugenommen haben,<br />

hat sich die Ost-West-Relation der Verdienste<br />

seit letztem Jahr von 30vH - damals nochin Mark zu<br />

D-Mark gemessen - um 17 Prozentpunkte verbessert,<br />

davon allein knapp 5,5 Prozentpunkte seit Jahresbeginn.<br />

Während die regionale Differenzierung der effektiven<br />

Verdienste in Ostdeutschland - mit der Ausnahme<br />

des Ostteils Berlins, wo deutlich höhere Löhne und<br />

Gehälter als in den übrigen neuen Bundesländern<br />

gezahlt werden - bislang noch nicht sonderlich ausgeprägt<br />

war, haben die sektoralen Verdienstunterschiede<br />

seit April 1990 beachtlich zugenommen. Bereits<br />

im Juli 1990 lagen die höchsten Bruttomonatsverdienste<br />

in ausgewählten Wirtschaftszweigen um gut<br />

67' vH über dem niedrigsten Bruttomonatsverdienst,<br />

nachdem im April 1990 ibr Abstand nur knapp 30 vH<br />

betragenhatte. Im Frühjahr diesenJahreswarihr Vor·<br />

sprung auf knapp 73 vH angewachsen, nachdem er<br />

wegen der unterschiedlichen Zeitpunkte von Lohnerhöhungen<br />

im Laufe der zweiten Hälfte des letzten<br />

Jahres noch gesunken war.<br />

161. In einigen kleineren Bereichen wurde bereits<br />

Ende diesen Jahres die Angleichung an das westdeutsche<br />

Tarifniveau vollzogen. Darüber hinaus bestehen<br />

zum einen zwar bereits in 13 Tarifbereichen Stufenpläne,<br />

die überwiegend bis zum Frühjahr 1994, teilweise<br />

aber auch schon früher, die Angleichung erbringen<br />

sollen. In einigen Bereichen wurden Nachverhandlungsklauseln<br />

vereinbart. In der Druckindustrie<br />

können einzelne Betriebe, entsprechend ihrer<br />

Leistungskraft, befristet von den Tarifverträgen abweichen.<br />

In der Metall- und Elektroindustrie besteht<br />

ab dem 1. Januar 1993 die Möglicbkeit, auf heute<br />

nicht absehbare Ereignisse zu reagieren. Auf Verlangen<br />

einer Vertragspartei muß erneut darüber verhandelt<br />

werden, ob die "Vereinbarungen durchführbar<br />

sind oder angesichts der wirtschaftlichen und sozialen<br />

Lage angepaßt werden müssen". Bis dahin sind bereits<br />

die Löhne auf 71 vH und die Gehälter auf 69 vH<br />

der entsprechenden westlichen Bezüge fixiert. Es<br />

ständen zum 1. April 1993 die Erböbungen auf 82 vH<br />

beziehungsweise 80 vH an. Zusammen mit den für die<br />

nächsten Jahre bereits vereinbarten Arbeitszeitverkürzungen<br />

und der Verlängerung des Tarifurlaubs<br />

ergibt sich in den neuen Bundesländern in diesem<br />

Zeitraum ein weiterer beträchtlicher Anstieg der<br />

Lohnkosten.<br />

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