Jahresgutachten 1991/92 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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Drucksache 12/1618 Deutscher Bundestag - 12. Wahlperiode<br />
zen setzen Konsultationen ein, die auf die Reduzierung<br />
der Budgetdefizite gerichtet sind. Soweit ein<br />
Teilnehmerstaat über längere Zeit höhere Defizite<br />
aufweist, werden Zahlungen aus den Fonds der EG<br />
(Regionallonds, Strukturfonds, Agrarlonds) gekürzt<br />
oder andere Sanktionen ergriffen.<br />
IV. Die Integration Osteuropas<br />
435. Die Hinwendung der osteuropäischen Länder<br />
<strong>zur</strong> tvlarktwirtschaft hat für Europa eine neue Aufgabe<br />
geschaffen: die Integration der osteuropäischen<br />
Volkswirtschaften. Wenn die Integration gelingt, bietet<br />
das große Chancen für eine Verstärkung der wirtschaftlichen<br />
Dynamik in ganz Europa. Damit sie ge~<br />
lingt, ist die Unterstützung der Refonnen durch die<br />
Gemeinschaft notwendig; die Unterstützung muß<br />
dazu beitragen, daß die Transformation von der Plan<br />
"Wirtschaft <strong>zur</strong> ~1arktwirtschaftin Osteuropa irreversibel<br />
wird.<br />
Die ersten Schritte Osteuropas in die Marktwirtschaft<br />
gehen mit beträchtlichen Belastungen - Produktionsrückgang,<br />
beschleunigte Geldentwertung, anschwellende<br />
Arbeitslosigkeit - einher (Ziffer 36). Sie<br />
sind durchweg Erblast des zusammengebrochenen<br />
sozialistischen Wirtschaftssystems und verunsichern<br />
die tvlenschen tief. Widerstände derjenigen Gruppen<br />
in der Gesellschaft, die durch die Abkehr vom sozialistischen<br />
System bisherige Privilegien verloren haben,<br />
tragen Instabilität in diese Staaten. Auch wenn<br />
wohl nirgendwo die Rückkehr <strong>zur</strong> Planwirtschaft alten<br />
tvlusters zu befürchten ist, kann mangelnde Akzeptanz<br />
der mit dem Systemwandel einhergehenden<br />
Anpassungslasten zu Rückschlägen im Reformprozeß<br />
führen.<br />
Die Gemeinschaft hat <strong>zur</strong> Unterstützung der Reformen<br />
in den Staaten Osteuropas keine Alternative.<br />
Mißerfolg bei der marktwirtschaftlichen Umgestaltung<br />
und desolate wirtschaftliche Aussichten in<br />
Osteuropa würden die Gemeinschaft alsbald mit dem<br />
Problem größerer Zuwanderungen konfrontieren.<br />
Zwar können Zuwanderungen, wenn die :tvlenschen<br />
nicht von den Arbeitsmärkten terngehalten werden,<br />
durchaus auch positive Wirkungen auf die wirtschaftliche<br />
Entwicklung in Westeuropa auslösen. Doch zeigt<br />
sich schon heute fast überall in Europa, daß Zuwanderungen<br />
ein erhebliches gesellschaftspolitisches<br />
Konfliktpotential beinhalten können.<br />
436. Der Beitrag der EG <strong>zur</strong> Unterstützung der Reformen<br />
in den osteuropäischen Ländern muß mehrere<br />
Elemente umfassen.<br />
Öffnung der westeuropäischen Absatzmärkte für<br />
osteuropäische Produkte: Die osteuropäischen<br />
Staaten sind derzeit nur mit wenigen Produkten an<br />
den Weltmärkten konkurrenzfähig. Die Produkte,<br />
die sie noch am ehesten liefern können - Agrarprodukte,<br />
TexWien, Stahl, Kohle -, unterliegen in<br />
Westeuropa protektionistischen Eingriffen. Schon<br />
bislang gab es gute Gründe, auf einen Abbau des<br />
Protektionismus in der Europäischen Gemeinschaft<br />
zu drängen. Mit Blick auf Osteuropa wird<br />
der Abbau unverzichtbar.<br />
Hilfe bei der Errichtung der in einer ~1arktwirtschaft<br />
benötigten Institutionen: Vor allem im Bereich<br />
des Finanzsystems fehlen in Osteuropa vielfach<br />
noch die notwendigen institutionellen Vorkehrungen.<br />
Ein leistungsfähiges Bankensystem,<br />
eine der Stabilität verpflichtete Zentralbank, ein<br />
funktionsfähiger Kapitalmarkt, ein effizientes System<br />
der Besteuerung - das sind die unverzichtbaren<br />
Stützpfeiler einer marktwirtschaftlichen<br />
Ordnung.<br />
Private Kapitalbereitstellung <strong>zur</strong> Schaffung einer<br />
wettbewerbsfähigen Unternehmensbasis: In Osteuropa<br />
müssen wettbewerbsfähige Unternehmen<br />
entstehen. Aus eigener Kraft wird das dort kaum<br />
zu schaffen sein, denn die westlichen Konkurrenzunternehmen<br />
haben einen Wettbewerbsvorsprung,<br />
der sich nach Jahrzehnten berechnet.<br />
Schnellen Aufschluß zum Weltmarktniveau bieten<br />
den Unternehmen private Investoren aus den<br />
westlichen Ländern, die nicht nur Kapital, sondern<br />
vor allem auch ihr Know-how im Bereich der Produktion,<br />
des Managements und des Marketings<br />
einbringen können.<br />
Öffentliche Transfers: Ansatzpunkte für öffentliche<br />
Transfers sind vor allem Hilfen zum Ausbau<br />
der Infrastruktur und humanitäre Hilfe.<br />
Daßin dieser Auflistung die Öffnung der westeuropäischen<br />
Märkte vornean steht, ist wohlbedacht. Der<br />
marktwirtschaftliehe Reformprozeß führt nur dann zu<br />
den erwünschten Ergebnissen, wenn die osteuropäischen<br />
Staaten in die internationale Arbeitsteilung eingebunden<br />
werden. Private Investoren, deren Initiative<br />
dem Erneuerungsprozeß in Osteuropa letztlich zum<br />
Durchbruch verhelfen muß, werden Standorte in<br />
Osteuropa meiden, wenn die Belieferung des westeuropäischen<br />
Marktes von diesen Ländern aus schwer<br />
ist. Protektionismus gegen Osteuropa würde den Anreiz<br />
für Wanderungen erhöhen, weil er die nachhaltige<br />
Verbesserung der ·wirtschaftlichen Lage in Osteuropa<br />
hinauszögert. Auch deshalb sollte die Öffnung<br />
für osteuropäische Güter unkonditioniert.erfolgen.<br />
437. Die osteuropäischen Staaten suchen die Nähe<br />
<strong>zur</strong> Gemeinschaft. Für eine Vollmitgliedschaft fehlen<br />
jedoch die ökonomischen Voraussetzungen. Die Gemeinschaft<br />
bietet daher die Assozüerung an. Mit Polen,<br />
Ungarn und der Tschechoslowakei sind bereits<br />
Ende 1990 Verhandlungen begonnen worden, die den<br />
Übergang von der Kooperation <strong>zur</strong> Assozüerung einleiten<br />
sollen. Angestrebt werden dabei Schritte in<br />
Richtung auf eine Freihandelszone, die Intensivierung<br />
der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wirtschaft<br />
und der Kultur sowie die Intensivierung des politischen<br />
Dialogs. Mit der Assozüerung gehen die osteuropäischen<br />
Staaten die Verpflichtung ein, ihren eigenen<br />
Reformprozeß und damit die Öffnung ihrer<br />
Märkte voranzutreiben. Können sie glaubhaft machen,<br />
daß sie dieser Verpflichtung nachkommen werden,<br />
wird das die Kreditwürdigkeit der osteuropäischen<br />
Staaten auf den internationalen Kapitalmärkten<br />
stärken.<br />
438. Neben der Öffnung der westeuropäischen<br />
Märkte für osteuropäische Anbieter ist finanzielle Unterstützung<br />
der Reformländer notwendig. Bei den öffentlichen<br />
Transfers stellt sich die Frage der Lastentei-<br />
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