Jahresgutachten 1991/92 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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Deutscher Bundestag - 12. Wahlperiode Drucksache 12/1618<br />
der Brady-lnitiative kam. Durch die Vereinbarungen<br />
mit den Geschäftsbanken konnte die Verschuldung<br />
um 7 Mrd Dollar <strong>zur</strong>ückgeführt werden; außerdem<br />
wurden die Zinsen auf Schulden von 23 Mrd Dollar<br />
herabgesetzt, was einer Schuldenreduzierung um<br />
8 Mrd Dollar gleichkommt. Alles in allem entsprechen<br />
die Schuldenminderungen damit 16 vH der gesamten<br />
Auslandsschulden Mexikos. Neue Kredite wurden<br />
von den privaten Banken in Höhe von 1 Mrd Dollar<br />
zugesagt. Zusätzlieb stellten lWF und Weltbank sowie<br />
die japanische Regierung <strong>zur</strong> Absicherung der verhleibenden<br />
Schuldendienstverpflichtungen 5,7 Mrd<br />
Dollar bereit.<br />
Das von Mexiko mit finanzieller und technischer Hilfe<br />
des lWF durchgeführte Anpassungsprogramm konzentrierte<br />
sich zum einen auf die Konsolidierung der<br />
öffentlichen Haushalte und die Rückführung der Inflation<br />
mittels einer restriktiven Geldpolitik. Zusätzlieb<br />
einigten sich Arbeitgeber, Gewerkschaften und<br />
Staat aul eine Begrenzung künftiger Lohnsteigerungen.<br />
Tatsächlich konnte die Inflationsrate von mehr<br />
als 100 vH im Jahre 1988 auf jetzt knapp 20 vH gesenkt<br />
werden. Auf der anderen Seite führten insbesondere<br />
die Liberalisierung des Außenhandels, die<br />
Privatisierung von Staatsbetrieben und die wettbewerbsfördernde<br />
Politik im lnnern zu einer Belebung<br />
der Wirtschaftstätigkeit. In den letzten drei Jahren<br />
konnte ein durchschnittliches Wachstum des Bruttoinlandsproduktes<br />
von knapp 4 vH erreichtwerden. Weitere<br />
Impulse werden von der geplanten Freihandelszone<br />
zwischen Mexiko, den Vereinigten Staaten und<br />
Kanadaerwartet. SeitAusländersichwieder unmittelbar<br />
an mexikanischen Unternehmen beteiligen können,<br />
ist zudem ein verstärkter Zufluß von Direktinvestitionen<br />
zu verzeichnen. Mittlerweile kehrt auch das<br />
frühere Fluchtkapital nach und nach <strong>zur</strong>ück.<br />
Das Beispiel Mexikos zeigt, daß es für eine Verbesserung<br />
der wirtschaftlichen Situation in den hochverschuldeten<br />
Entwicklungsländern in erster Unie auf<br />
eine Politik ankommt, die realwirtschaftliche Anpassungen<br />
fördert und den Marktkräften mehr Raum läßt.<br />
Schuldenreduzierungen können zwar zusätzliche Erleichterungen<br />
bei der notwendigen Anpassung liefern;<br />
sie allein bieten aber noch keine Lösung für das<br />
Schuldenproblem.<br />
Exkurs: Japans anhaltende Aufwärtsentwickl...g<br />
28. Der Aufstieg Japans in den Kreis der führenden<br />
lnduslrienationen wird in Politik und Wirtschaft,<br />
ebenso in der Wissenschaft mit besonderer Aufmerksamkeit<br />
verfolgt. Die Folgen der Ölkrise und die weltweite<br />
Rezession zu Beginn der achtzigerJahre hat die<br />
japanische Volkswirtschaft bemerkenswert schnell<br />
überwunden. Die Aufwärtsentwicklung hat sich fortgesetzt<br />
und ist in ihrer Dynamik bis heute ungebrochen.<br />
Der Sachverständigenrat sieht Anlaß, über die<br />
Konjunkturdiagnose des laufenden Jahres hinaus die<br />
wirtschaftliche Entwicklung in Japan und zugrundeliegende<br />
Faktoren stärker ins Blickleld zu rücken.<br />
29. Die japanische Volkswirtschaft hat nicht nur<br />
in diesem Jahr eine im internationalen Vergleich<br />
herausragende Wirtschaftsentwicklung verzeichnen<br />
können: In den achtziger Jahren konnte in keiner der<br />
anderen großen lnduslrienationen ein ähnlich kräftiges<br />
Wirtschaftswachstum erzielt, sowie die Arbeitslosigkeit<br />
und die Verteuerung der Lebenshaltung so<br />
niedrig gehalten werden (Tabelle 4). Die gesamlwirtschaftliche<br />
Expansion war abernicht nur kräftiger, sie<br />
verlief auch stetiger als in anderen Ländern. Negative<br />
Einflüsse, wie die Ölpreiskrise 1979/80, die Rezession<br />
bei den wichtigen Handelspartnern 1982 oder die lnstabilitäten<br />
im Finanzsektor in den Jahren 1987 und<br />
1990 hatten in Japanvergleichsweise geringe Auswirkungen<br />
auf die realwirtschaftliche Tätigkeit. lediglich<br />
nach der kräftigen realen Aufwertung des Ven im<br />
Jahre 1986 lag die Wachstumsrate des realen Bruttosozialprodukts<br />
für kurze Zeit unter dem Durchschnitt<br />
der großen lnduslrieländer.<br />
30. Der anhaltende Erfolg der japanischen Unternehmen<br />
auf den Weltmärkten hat ein zunehmendes<br />
Gesamtwfrtschaftlfche Entwicklung ln ausgewählten Ländern<br />
Durchschnittlich jährliche Veränderung/Quote')<br />
Tabelle 4<br />
Land<br />
Bruttoinlands- Arbeitslosen- Deflator des<br />
produkt (real)') quote J ) Privaten Verbrauchs<br />
I 1985 bis 1980 bis I 1985 bis 1980 bis I<br />
1980 bis<br />
1985 bis<br />
1990 1990 1990 1990 1990 1990<br />
Bundesrepublik<br />
Deutschland'j ... .. ....... 2,0 2,9 5,9 6,1 3,0 1,5<br />
Frankreich ...... ... ........ 2,3 2,9 9,0 9,9 6,8 3,5<br />
Großbritannien ..... .. . .... 2,0 3,1 9,7 9,2 6,8 4,9<br />
Italien ........... ......... 2,5 3,0 9,5 10,5 10,8 6,2<br />
Japan .. " .................. 4,2 4,8 2,5 2,5 2,3 1,1<br />
Vereinigte Staaten ......... 2,4 2,9 7,0 6,0 5,2 4,0<br />
1) Für Bruttosozialprodukt/Bruttoinlandsprodukt und den Deflator des Privaten Verbrauchs: geometrisches Mittel eITE!(;hnet mit den Veränderungsraten gegen·<br />
über dem jeweiligen Vorjahr für die Jahre 1980 bis 1990; für die Arbeitsiosenquote: arithmetisches Mittel (durchschnittlich jährliche Quote).<br />
2) Bruttosozialprodukt für Japan.<br />
3) Von der OECD aus den nationalen Angaben stllndilidisierte Arbeitslosenquoten: Anteil der Arbeitslosen (gemäß Definition der ILO) an den gesamten Erwerbspersonen.<br />
4) Gebietsstand vor dem 3. Oktober 1990: die Angaben schließen Berlin (West) ein.<br />
Quellen für Grundzahlen: OECD; Bundesrepublik Deutschland nationale Veröffentlichungen<br />
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