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Jahresgutachten 1991/92 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Drucksache 12/1618 Deutscher Bundestag - 12. Wahlperiode<br />

und einweiterhin kräftiger Beschäftigungsaufbau trugen<br />

hierzu bei. Die nacWassende Ertragskraft in den<br />

alten Bundesländern spiegelte sich dagegen in der<br />

Einnahrn!'nentwicklung der gewinn- und ertragsabhängigen<br />

Steuern wider. Infolge der schlechteren Gewionlage<br />

haben die Unternehmenihre Vorauszahlungen<br />

auf die veranlagte Einkommensteuerund die Körperschaftsteuer<br />

nach unten angepaßt. Die Einnahmen<br />

aus der veranlagten Einkommensteuer und den nicht<br />

veranlagten Steuern vom Ertrag stiegen mit durchschnittlich<br />

9 vH deutlich langsamer als das Aufkommen<br />

aus der Lohnsteuer. Die Einnahmen aus der Körperschaftsteuer<br />

verzeichneten sogar nur einen Zuwachs<br />

von 3 vH.<br />

Der im Vergleich zum Vorjahr abgeschwächte Zuwachs<br />

der Gewerbesteuereinnahmen in Westdeutschland<br />

ist auf niedrige Zuwächse bei der Gewerbeertragsteuer<br />

<strong>zur</strong>ückzuführen. Hinzu kamen Mindereinnahmen<br />

aus der Zerlegung der Gewerbesteuer<br />

bei Unternehmen mit Betriebsstätten in den neuen<br />

Bundesländern. Alles in allem expandierten die Einnahmen<br />

aus den Gemeindesteuern mit einer Rate von<br />

2 vH langsamer als im Vorjahr. Die Ländersteuern<br />

stiegen mit einer Rate von 41/2 vH ähnlich rasch wie<br />

1990. Deutlich höhere Einnahmen als im Vorjahr erzielten<br />

die Länder bei der Kraftfahrzeugsteuer. Die im<br />

letzten Jahr eingeführte Absenkung der Kraftfahrzeugsteuersätze<br />

für schwere Lastkraftwagen wurde<br />

zum 1. März <strong>1991</strong> wieder rückgängig gemacht. Dem<br />

kräftigen Anstieg des Kraftfahrzeugsteueraufkommens<br />

standen leicht rückläufige Einnahmen bei den<br />

sonstigen Ländersteuern gegenüber. Unter Vorjahresniveau<br />

lagen die Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer<br />

und der Erbschaftsteuer, nachdem bei<br />

diesen Steuern im vorigen Jahr kräftige Einnahmenzuwächse<br />

erzielt worden waren.<br />

196. In Ostdeutschland flossen die Einnahmen aus<br />

Einkommensteuer und Körperschaftsteuer nur spärlich,<br />

mit 81/2 Mrd DM entsprachen sie pro Kopf der<br />

Bevölkerung nur 12 vH des westdeutschen Pro-Kopf­<br />

Aufkommens aus diesen Steuern. Neben den wirtschaftlichen<br />

Problemen spielte eine Rolle, daß infolge<br />

der um über 50 vH unter dem westdeutschen Niveau<br />

liegenden Bruttolöhne und -gehälter die Einnahmen<br />

aus der Lohnsteuer pro beschäftigten Arbeitnehmer<br />

nur knapp 13 vH der westdeutschen Einnahmen erreichten;<br />

hier wirkten sich sowohl die geringere Progression<br />

als auch die besonderen Tariffreibeiträge für<br />

die Bürger der neuen Bundesländer aus.<br />

Das niedrige Aufkommen aus den Länder- und Gemeindesteuern<br />

hatte mehrere Ursachen. Die Einnahmen<br />

aus der Gewerbeertragsteuer fielen gering aus.<br />

Die Aussetzung der Vermögensteuer und der Gewerbekapltalsteuer<br />

im Beitrittsgebiet für die Jahre <strong>1991</strong><br />

und 19<strong>92</strong> führte darüber hinaus zu Mindereinnahmen.<br />

Schließlich war die Finanzverwaltung erst aufzubauen<br />

und folglich noch nicht voll funktionsfähig.<br />

Hoh!'r Nettokreditbedarf des öffentlichen S!'ktors<br />

197. Insgesamt standen dem Bund Steuereinnahmen<br />

von 317 tvlrd Dtvl <strong>zur</strong> Verfügung. Die sonstigen<br />

Einnahmen beliefen sich auf 30 l\1rd Dl\1, hierin ent-<br />

138<br />

halten waren auch 7 Mrd DM. aus dem Bundesbankgewinn.<br />

In Höhe von 3 Mrd DM wurde der Bundesbankgewinn<br />

direkt <strong>zur</strong> Tilgung von Altschulden verwendet.<br />

Trotz Steuererhöhungen und Minderausgaben<br />

blieben die erzielten Einnahmen weit hinter den<br />

veranschlagten Ausgaben <strong>zur</strong>ück, so daß das Haushaltsdelizit<br />

des Bundes von 48 Mrd DM im Jahre 1990<br />

auf rund 60 Mrd DM anstieg.<br />

Angesichts geringer eigener Einnahmen waren für<br />

Länder und Gemeinden im Beitrittsgebiet Zuweisungen<br />

aus dem Westen von besonderer Bedeutung. Sie<br />

finanzierten den größten Teil ihrer Ausgaben mit I\1itteIn<br />

des Fonds "Deutsche Einheit" und über Zuweisungen<br />

aus dem Bundeshaushalt. Den neuen Ländern<br />

und ihren Gemeinden standen insgesamt Einnahmen<br />

von 85 Mrd DM <strong>zur</strong> Verfügung; ihre Neuverschuldung<br />

reduzierte sich dadurch auf 12 Mrd DM. In Westdeutschland<br />

stieg nach dem steuerreformbedingt<br />

niedrigen Zuwachs der Steuereinnahmen im Vorjahr<br />

das Steueraufkommen in diesem Jahr wieder kräftiger<br />

an. Der Einnahmenzuwachs blieb allerdings hinter<br />

dem noch kräftigeren Anstieg der Ausgaben <strong>zur</strong>ück,<br />

so daß sich die Schere zwischen Einnahmen und<br />

Ausgaben weiter öffnete. Das Finanzierungsdefizit<br />

der westdeutschen Länder blieb mit 19 Mrd DM auf<br />

dem Niveau des Vorjahres. Für die Gemeinden in den<br />

alten Bundesländern bedeutete die kräftige Ausgabenexpansion,<br />

daß sich das Defizit von 3,6 Mrd DM<br />

auf 5 Mrd DM erhöhte. Einschließlich des Finanzierungsdefizits<br />

des Fonds "Deutsche Einheit" von<br />

31 Mrd DM und eines geschätzten Defizits des Kreditabwicklungsfonds<br />

und des ERP-Sondervermögens<br />

von insgesamt 8 Mrd DM errechnet sich damit ein<br />

Defizit des öffentlichen Gesamthaushalts von<br />

135 Mrd DM. Ein kleiner Teil hiervon konnte durch<br />

Auflösung von Rücklagen und aus Münzeinnahmen<br />

gedeckt werden. Aus erhöhter Vorratskreditaufnahme<br />

zum Jahresende 1990 konnte der Bund in diesem<br />

Jahr auf 20 Mrd DM <strong>zur</strong>ückgreifen, so daß sich für<br />

den Kapitalmarkt eine Belastung durch die Gebietskörperschalten<br />

von 1/0 Mrd DM ergab.<br />

198. Für ein umfassenderes Bild über die Belastung<br />

des Kapitalmarktes durch den öffentlichen Sektor sind<br />

neben der Neuverschuldung der Gebietskörperschaften<br />

sowohl die Kreditaufnahme der Bundesunternehmen,<br />

namentlich der Deutschen Bundespost, der<br />

Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Reichsbahn<br />

als auch das Finanzierungsdefizit der Treuhandanstalt<br />

mit zu berücksichtigen. Das Defizit der Treuhandanstalt<br />

betrug in diesem Jahr rund 21 Mrd DM,<br />

Post und Bahn verschuldeten sich mit schätzungsweise<br />

24 Mrd DM. Während die Post die Bedienung<br />

ihrer Kredite aus eigenen Elträgen wird bestreiten<br />

können, dürfte die Verschuldung der Treuhandanstalt<br />

und der Bahn auf den Bundeshaushalt zukommen.<br />

Alles in allem lag die Kreditaufnahme deröffentlichen<br />

Hand bei 155 Mrd DM; dies entspricht einem Anteil<br />

von 5,5 vH am geschätzten nominalen Bruttosozialprodukt.<br />

Eine Entlastung erfuhr der Kapitalmarkt<br />

durch die Sozialversicherung, die in diesem Jahr mit<br />

einem Überschuß von 11 1 /2 Mrd DM abschloß (Ziffer<br />

203). Bereits jetzt zeichnet sich aber für das kommende<br />

Jahr ein hohes Defizit ab, so daß die Belastung<br />

des Kapitalmarktes von dieser Seite zusätzlich erhöht<br />

wird.<br />

I

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