Jahresgutachten 1991/92 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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Drucksache 12/1618 Deutscher Bundestag - 12. Wahlperiode<br />
stützung. heute überwiegend in der Fonn von Garantiezusagen<br />
der Treuhandanstalt, gesichert werden.<br />
Außerdem werden vielfach noch Mittel tür Investitionen<br />
benötigt, tür Ersatzinvestitionen, die <strong>zur</strong> Fortführung<br />
des Unternehmens unerläßlich sind, und <strong>zur</strong><br />
Fortsetzung von Investitionsprojekteo, die bereits trüher<br />
eingeleitet worden sind und nun nicht als Investitionsruinen<br />
liegen bleiben sollen. Darüber hinaus<br />
wird vielfach gefordert, daß die Treuhandanstalt auch<br />
Sanierungsprogramme der Unternehmen fördern und<br />
die Finanzierung der damit verbundenen Investitionen<br />
sichern soll.<br />
Garantiezusagen und andere Liquiditätshilfen der<br />
Treuhandanstalt sind begründet, wenn hinreichende<br />
Aussicht besteht, daß die damit erhaltenen Unternehmen<br />
in absehbarer Zeit privatisiert werden können.<br />
Bei vielen Unternehmen sind die Aussichten auf Privatisierung<br />
jedoch ungewiß. Der Anteil der Unternehmen,<br />
mit deren Privatisierung nicht gerechnet werden<br />
kann und die allenfalls mit ständigen Subventionen<br />
überlebensfähig wären, wird immer größer. Finanzielle<br />
Hilfen an solche Unternehmen sind Erhaltungssubventionen.<br />
Sie werden heute überwiegend mit<br />
Krediten finanziert, für deren Tilgung und Verzinsung<br />
die Treuhandanstalt aufgrund ihrer Garantiezusagen<br />
aufkommen muß.<br />
Sanierung ohne Privatisierung?<br />
485. Heute ist umstritten, inwieweit die Treuhandanstalt<br />
Sanierungsmaßnahmen für Unternehmen einleiten<br />
und fördern sollte, für die keine Aussichten auf<br />
eine baldige Privatisierung bestehen. Hierzu wird die<br />
Ansicht vertreten, daß intensive Sanierungsbemühungen<br />
von Seiten der Treuhandanstalt geboten<br />
seien, um die Überlebensfähigkeit der Unternehmen<br />
zu sichern.<br />
Wenn von der Treuhandanstalt verstärkte Bemühungen<br />
um Sanierung gefordert werden, wird meist übersehen,<br />
daß sie wegen der Größe und Heterogenität<br />
ihres Aufgabenbereichs gar nicht in der Lage ist, wie<br />
eine Konzernspitze die einheitliche Leitung der ihr<br />
anvertrauten Unternehmen wahrzunehmen. Sanierungspläne<br />
für einzelne Unternehmen können nur dezentral<br />
von den Unternehmensleitungen oder eigens<br />
eingesetzten Sanierungsbeauftragten ausgearbeitet<br />
werden. Die zuständigen Organe derTreuhandanstalt<br />
müssen diese Pläne überprüfen und über die Zuteilung<br />
der zu ihrer Realisierung erforderlichen Investitionsmittel<br />
entscheiden. Sie sind aber nur sehr begrenzt<br />
in der Lage, Sanierungspläne zu beurteilen<br />
und Fehlurteile der in den Unternehmen tätigen Sanierer<br />
zu korrigieren. Dies ist um so gravierender, als<br />
der Mangel an qualifizierten fvfanagem und Sanierern<br />
von der Treuhandanstalt als Engpaß immer wieder<br />
betont wird.<br />
Der maßgebliche Einwand gegen umfassende Sanierungsaktivitäten<br />
der Treuhandanstalt ist, daß die Entscheidungsträger<br />
auf allen Ebenen, in den Unternehmen<br />
wie in der Treuhandanstalt, unter Druck stehen,<br />
Unternehmen und Arbeitsplätze nach Möglichkeit zu<br />
erhalten, teilweise auch ein persönliches Interesse<br />
daran haben, daß zugleich aber die Folgen von Fehlentscheidungen,<br />
vor allem von Fehlinvestitionen,<br />
über die Treuhandanstalt letztlich auf den Bundeshaushalt<br />
abgewälzt werden. Generell wird deswegen<br />
die Bereitschaft bestehen, Sanierungsprogramme in<br />
Angriff zu nehmen und Investitionen durchzuführen,<br />
auch wenn sie nur mit geringer Wahrscheinlichkeit<br />
zum Erfolg führen, den Fortbestand des Unternehmens<br />
aber zunächst noch ermöglichen. Man wird in<br />
vielen Einzelfällen Sanierungspläne genehmigen, die<br />
noch vertretbar erscheinen. Insgesamt aber werden<br />
breit angelegte Sanierungsaktivitäten der Treuhandanstalt<br />
auf die Erhaltung eines Bestandes ständig subventionsbedürftiger<br />
Unternehmen hinauslaufen.<br />
Auch in den Fällen, in denen die Sanierung gelingt,<br />
wird die Neigung gering sein, anschließend die Privatisierung<br />
zu vollziehen. Vielmehr werden die Überschüsse<br />
der erfolgreichen Unternehmen eher dazu<br />
beitragen müssen, die zahlreichen schwachen Unternehmen<br />
zu stützen.<br />
486. In der, Kontroverse um Sanierungsaktivitäten<br />
der Treuhandanstalt ist nicht immer klar, was mit Sanierung<br />
gemeint ist.<br />
Sanierung kann im Sinne einer passiven Anpassung<br />
verstanden werden, die alle Maßnahmen <strong>zur</strong><br />
Kostensenkung und <strong>zur</strong> Ausschaltung von Verlustquellen<br />
umfaßt. Zur Sanierung in diesem Sinne<br />
gehören der Abbau überschüssigen Personals, die<br />
Reduzierung der Produktionstiefe und die Bereinigung<br />
der Produktprogramme um verlustbringende<br />
Produkte.<br />
Eine weiterreichende Konzeption der Sanierung<br />
zielt auf aktive Anpassung an die Marktverhältnisse.<br />
Sanierung in diesem Sinne besteht in der<br />
Realisierung einer Unternehmensstrategie, die<br />
fundierte Aussichten auf eine erfolgversprechende<br />
Marktposition eröffnet.<br />
Sanierung kann auch als technische Modemisierung<br />
verstanden werden. Eine Ersetzung technisch<br />
veralteter und störanfälliger Anlagen durch<br />
moderne geht über die passive Anpassung hinaus,<br />
da Investitionen vorgenommen werden. Sie bleibt<br />
aber hinter den Erfordernissen einer aktiven Sanierung<br />
<strong>zur</strong>ück, wenn sie sich nicht mit einer Unternehmensstrategie<br />
verbindet, die Erfolg am<br />
Markt verspricht.<br />
Es ist offensichtlich, daß passive Anpassung durch<br />
Kostensenkung und Ausschaltung von Verlustquellen,<br />
häufig darüber hinaus auch die Modemisierung<br />
der Anlagen, notwendige Bedingungen für die Sicherung<br />
des Fortbestandes eines Unternehmens sind,<br />
aber keineswegs hinreichende. Von einer durchgreifenden<br />
Sanierung kann nur die Rede sein, wenn das<br />
Unternehmen eine neue Position im Markt findet.<br />
Dies erfordert aktive Anpassung, das heißt eine<br />
grundlegende unternehmerische Konzeption, zugleich<br />
aber auch Kapitaleinsatz zu deren Realisierung.<br />
Erst wenn dies erreicht ist, kann von erfolgversprechender<br />
Sanierung die Rede sein.<br />
487. Wenn bei der Sanierung die technische Modernisierung<br />
im Vordergrund steht, die Frage nach dem<br />
Markterfolg hingegen vernachlässigt wird, führt dies<br />
zu einer Fehlleitung von Kapital. Nach der Modemisierung<br />
wird es um so schwerer, die einmal getroffene<br />
Fehlentscheidung zu revidieren; die Erwartungen, die<br />
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