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Jahresgutachten 1991/92 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Drucksache 12/1618<br />

VI. Geldpolitik: Auf Stabilitätskurs<br />

162. Der sich bereits im vergaogenen Jahr abzeichnende<br />

Konflikt z"Wischen der Tarifpolitik und der Finanzpolitik<br />

einerseits und der Geldpolitik andererseits<br />

hat sich im Jahre <strong>1991</strong> weiter verschärft. Expansive<br />

Haushaltspolitik und stabilitätswidrige Tarifabschlüsse<br />

haben entscheidend dazu beigetragen, daß<br />

nach Jahren annähernder Preisniveaustabilität in diesem<br />

Jahr eine deutliche Verschlechterung des Geldwertes<br />

hingenommen werden mußte. Hinzu kam, daß<br />

die Ausweitung des DM-Währungsgebietes im Sommer<br />

1990 zu einer überaus kräftigen Zunahme der<br />

Geldbestände geführt halle. Die Bundesbank rea~<br />

gierte hierauf mit einer weiteren leichten Verschärfung<br />

ihres in der Grundtendenz bereits seit zwei Jahren<br />

auf Dämpfung der monetären Expansion gerichteten<br />

geldpolitischen Kurses. Auch wenn sie hiermit<br />

keine rasche Rückführung der PreissteIgerungsraten<br />

erreichen konnte, machte sie auf diese W~~isp dPlltlich,<br />

daß sie sich stabilitätswidrigem Verhalten des Staates<br />

und der Tarifvertragsparteien nicht beugen würde.<br />

Geldmenge Im ZIelkorridor<br />

163. Trotz der fortbestehenden Unsicherheiten über<br />

die wirtschaftliche Entwicklung im Ost~"!n Deutschlands<br />

hielt die Bundesbank an ihrer Praxis vorab an··<br />

gekündigter Geldmengenziele fest, um den tvlarktteilnehmern<br />

angesichts der sich bereits im letzten Jahr<br />

abzeichnenden Stabilitätsrisiken Klarheit über den<br />

künftigen geldpolitischen Kurs zu geben. Bei der Festlegung<br />

der monetären Zielvorgahe rür das Jahr <strong>1991</strong><br />

im vergangenen Herbst ließ sich der Zentralbünkrat<br />

zunächst von der Überlegung leiten, daß das IPaie<br />

Produktionspotential im vereinigten Deutschldmi in<br />

diesem Jahr um etwa 2112 vB ausgeweitet \verden<br />

dürfte. Für den Westteil Deutschlands unterstellte er<br />

dabei eine Steigerung der potentiellen Produktion um<br />

knapp 3 vH, während für den UsUeil D~~lltschlandsein<br />

weiterer leichter Abbau von ProrluktionskapdzLtäh~n<br />

erwartet wurde. Dem als mittelfristig tolerierbar angesehenen<br />

Preisniveauanstieg wurde mit einem Zuschlag<br />

von zwei Prozentpunkten Rechnung qetragen.<br />

Unter Berücksichtigung der trendmäßigen Abnahme<br />

der Geldumlaufsgeschwindigkeit, die wieder mit einem<br />

halben Prozentpunkt angesetzt wurde, Pfgab<br />

sich hieraus eine potentialgerechte Rat(~ dpT TlIonetären<br />

Expansion von etwa 5 vB. Um den insbesondere<br />

aus der Ungewißheit über PolentidlwachstulIl und<br />

Entwicklung der Geldnachfrage in Ostdeutschland<br />

resultierenden Unsicherheiten Rechnung zu tfdgen,<br />

formulierte die Bundesbank ihre diesjährigf-' Zielvorgabe<br />

erneut als Zielkorridor; ausgehend von dem im<br />

4. Quartal 1990 erreichten Niveau sollte die Celdmenge<br />

M3 in diesem Jahr um 4 vH bis 6 vB zunehmen.<br />

Die Bundesbank wies allerdlllqs frühzrütig ddr~<br />

auf hin, daß sie angesichts der sich abzeichnenden<br />

Inflationsrisiken darum bemüht sein wf-'rde, die Geldmenge<br />

im unteren Bereich des Zif-'lkorridors zu halten.<br />

Dies war insbesondere auch deshalb gebotf-'n, \vf-'il die<br />

mit der Vergrößerung des Währungsgebietps df-'r<br />

D-Mark zum 1. Juli 1990 verbundene Ausweitunq der<br />

Geldbestände wegen der zunächst deutlich höheren<br />

Geldnachfrage in Ostdeutschland um etwa S vI r üher<br />

116<br />

dem als potentialgerecht eingestuften Niveaulag (Ziffer<br />

171).<br />

Tm weiteren Jahresverlauf zeigte sich indes, daß das<br />

ursprüngliche Geldmengenziel einer Revision bedurfte.<br />

Zum einen erwiesen sich die der Zielahleitung<br />

zugrundehegenden Annahmen über Umfang und<br />

Entwicklung des ostdeutschen Produktionspotentials<br />

als zu optimistisch; Fertigungskapazitäten mußten in<br />

noch stärkerem Umfang stillgelegt werden, als dies im<br />

Herbst letzten Jahres zu erwarten war. Auf der anderen<br />

Seite führten strukturelle Preisanpassungen in<br />

den neuen Ländern und die im Herbst 1990 noch nicht<br />

absehbaren Verbrauchsteuererhöhungen zu einem<br />

höheren Bedarf an liquiden Mitteln als ursprünglich<br />

angenommen. Stärker als erwartet fielen schließlich<br />

die in Ostdeutschland einsetzenden Vermögensumschichtungen<br />

zugunsten höher verzinslicher, nicht <strong>zur</strong><br />

GPidmenge tvf3 zählender Anlageformen aus. Unter<br />

Berücksichtigung all dieser - teilweise gegenläufigen<br />

- Faktoren faßte die Bundesbank im Sommer<br />

den Beschluß, das Geldmengenziel für das Jahr <strong>1991</strong><br />

nach unten zu korrigieren; im weiteren Jahresvedauf<br />

sollte die Geldmenge !\oB ihr DurchschniUsniveau<br />

vom 4. Quartal 1990 um nicht mehr als 3 vH bis 5 vH<br />

überschreiten. Im Hinblick duf die immer noch reichliche<br />

Liquiditätsausstattung der Wirtschaft konkretisierte<br />

die Bundesbank diese Zielvorgabe in dem<br />

Sinne, daß die Geldmengenexpansion auch weiterhin<br />

eher im unteren Bereich des Zielkorridors gehalten<br />

werden solle.<br />

Die Neufestlegung des Geldmengenziels stellte eine<br />

angemessene Reaktion auf den im Vergleich zum<br />

Herbst letzten Jahres verbesserten Informationsstand<br />

dar. Ein Festhalten am ursprünglichen Zielkorridor<br />

hiitte eine Lockerung des geldpolitischen Kurses erforderlich<br />

gemacht; das aber hätte in Widerspruch zu<br />

dem stabilitätspolitisch Gebotenen gestanden. Durch<br />

die Korrektur des Geldmengenziels setzte die Bundesbank<br />

ein unmißverständliches Zeichen, daß sie der<br />

Sicherung der Geldwertstabilität auch weiterhin<br />

höchste Priorität einräumen werde.<br />

164. Tatsächlich hat sich die Expansion der Geldmenge<br />

tyn im Jahresverlauf deutlich abgeschwächt<br />

(Schaubild 20). 1m September lag die Geldmenge M3<br />

nach Ausschaltung von Saisoneinflüssen und auf Jahresrate<br />

umgerechnet um 4,6 vH über dem im 4. Quartal<br />

1990 erreichten Niveau; die Geldmengenexpansion<br />

blieb damit innerhalb des nach unten korrigierten<br />

Zielkorridors. Ursache für die im Vergleich <strong>zur</strong> Zunahme<br />

des Transaktionsvolumens eher geringe Ausweitung<br />

der Celdmenge :tv13 war vor allem, daß das<br />

Zinsniveau - nicht zuletzt auch wegen der kräftigen<br />

Verteuerung des Notenbankkredits in den letzten<br />

Jahren - weiterhin hoch blieb. Dies veranlaßte die<br />

I\.'larktteilnehmer dazu, den weiteren Zuwachs ihres<br />

Geldverrnögens vor allem zum Erwerb höher rentierlieher<br />

nicht <strong>zur</strong> inländischen Geldmenge zählender<br />

Anl~geformen zu verwenden. Daneben dürfte auch<br />

die Bereitschaft ostdeutscher Anleger zu längerfristigen<br />

Geldkapitalanlagen im Vergleich zum Vorjahr<br />

deutlich zugenommen haben (Ziffer 171).<br />

165. Zu berücksichtigen ist allerdings, daß auch in<br />

dü~sPTll Jahr in erheblichem Umfang Mittel an die<br />

Euromärkte abflossen. Von Januar bis August stellten

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