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Jahresgutachten 1991/92 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Deutscher Bundestag - 12. Wahlperiode Drucksache 12/1618<br />

deutsche Vereinigung ergaben sich auch bei den<br />

Zinsausgaben. Zur übernahme der Gesamtverschuldung<br />

des Republikhaushalts der ehemaligen DDR<br />

wurde im Rahmen des Einigungsvertrages der Kreditabwicklungsfonds<br />

mit einer Laufzeit bis zum 31. Dezember<br />

1993 eingerichtet. Der Bund und die Treuhandanstalt<br />

erstatten dem Fonds jeweils die Hälfte<br />

der Zins- und Tilgungszahlungen. Zusätzliche Zinsverpflichtungen<br />

tür den Bund ergaben sich aus der<br />

Kreditaufnahme des übergeleiteten Haushalts der<br />

ehemaligen DDR.<br />

188. tvlehrausgaben im Bundeshaushalt verursachte<br />

nicht nur die deutsche Vereinigung; so stiegen die<br />

Nettozahlungen an den Haushalt der Europäischen<br />

Gemeinschaften kräftig an (17,9 Mrd DM nach knapp<br />

12 Mrd DM im Jahre 1990). Zu Mehrausgahen kam es<br />

ferner im Zusammenhang mit dem Krieg am Golf; der<br />

Bund leistete <strong>zur</strong> Finanzierung der Kriegskosten den<br />

Vereinigten Staaten und dem Vereinigten Königreich<br />

Budgethilfen in Höhe von 9,5 Mrd DM sowie den<br />

Anrainerstaaten knapp 1 Mrd DM für humanitäre Hilfen.<br />

Finanzielle Belastungen für den Bund ergaben<br />

sich schließlich im Zusammenhang mit dem Abkommen<br />

über den Aufenthalt und den planmäßigen Ahzug<br />

der Westgruppe der sowjetischen Streitkräfte. Im<br />

Rahmen dieses Abkommens wurde ein spezieller<br />

Üherleitungsfonds für die Jahre <strong>1991</strong> bis 1994 eingerichtet,<br />

dessen Mittel für den Unterhalt und den Ahzug<br />

der sowjetischen Truppen aus dem Beitrittsgebiet<br />

<strong>zur</strong> Verfügung stehen. Außerdem wurden Mittel für<br />

den Bau von Wohnungen <strong>zur</strong> Unterbringung der<br />

heimkehrenden Soldaten und ihrer Familien in der<br />

Sowjetunion bereitgestellt. Insgesamt mußte tür diese<br />

Maßnahmen ein Betrag von 3 Mrd DM aufgewendet<br />

werden.<br />

Nicht zuletzt führten Verbesserungen bei einer Reihe<br />

von sozialen Leistungen, wie etwa beim Erziehungsgeld<br />

durch die Verlängerung der Bezugsdauer, beim<br />

Wohngeld und beim Kindergeld für das zweite Kind<br />

zu Mehrausgaben.<br />

189. Den zusätzlichen Ausgaben standen Einsparungen<br />

in Höhe von 15 tv1rd D!'v1 gegenüber, davon<br />

allein 7,6 Mrd DM im Verteidigungshaushalt. Im Rahmen<br />

der Umlenkung investiver Ausgaben von WestdeutscWand<br />

nach Ostdeutschland wurden bei den Finanzhilfen<br />

für die Deutsche Bundeshahn und den<br />

kommunalen Straßenbau sowie bei den Investitionsausgaben<br />

im Bundesfemstraßenbau rvtittel in Höhe<br />

von insgesamt 2,3 Mrd Dtvl eingespart. Ferner ergaben<br />

sich beim Haushaltsvollzug Minderausgaben<br />

in einer Gesamthöhe von 10 Mrd DM, wovon<br />

5,6 tvfrd D:tvl <strong>zur</strong> Finanzierung des im Entwurf vorliegenden<br />

Nachtragshaushalts verwendet werden sollen.<br />

Die Minderausgaben resultierten einerseits aus<br />

der guten Arbeitsmarktlage in Westdeutschland, so<br />

benötigte die Bundesanstalt tür Arbeit den veranschlagten<br />

Bundeszuschuß in Höhe von 2,3 Mrd DM<br />

nicht, und an Arbeitslosenhilfe wurden 0,75 Mrd DM<br />

weniger ausgezahlt. Bei den Personalausgaben kam<br />

es andererseitswegen einerVielzahl unbesetzter Stellen<br />

zu Minderausgaben in Höhe von etwa 1 Mrd DM.<br />

Im übrigen führten das Problem der Mittelabsorption<br />

in den neuen Bundesländern und die Schwierigkeiten<br />

bei der Beantragung und der Abwicklung von Transferleistungen<br />

zu Minderausgaben.<br />

Ungebremste Ausgabenexpansion bei Ländern und<br />

Gemeinden In Westdeutschland<br />

190. In WestdeutscWand haben Länder und Gemeinden<br />

ihre Ausgaben nochmals beschleunigt ausgeweitet<br />

(Tabelle 34). fn der Abgrenzung der Finanzstatistik.<br />

stiegen die Ausgaben der Länder mit einer<br />

Rate von 7 vH nach einem Zuwachs von 5,8 vH im<br />

Jahre 1990. Der Anstieg der kommunalen Ausgaben<br />

hetrug knapp 8 vH nach 7,8 vH im letzten Jahr. Damit<br />

blieb zwar der Anstieg der Ausgaben von Ländern<br />

und Gemeinden knapp unter dem Zuwachs des nomi~<br />

nalen Bruttosozialprodukts, er lag aber deutlich über<br />

dem vom Finanzplanungsrat empfohlenen mittelfristigen<br />

Zuwachs von 3 vH. Der Ausgabenschub kam zu<br />

einem großen Teil von den Personalausgaben, deren<br />

kräftiger Anstieg aus dem diesjährigen TarifabscWuß<br />

im öllentlichen Dienst - lineare Erhöhung der Löhne<br />

und Gehälter um 6 vH zum 1. Januar <strong>1991</strong> - resultierte.<br />

Hinzu kamen eine Reihe struktureller Verbesserungen<br />

vorwiegend für Beschäftigte in Sozial- und<br />

Erziehungsdiensten, die die Personalkosten nochmals<br />

um 0,5 vH steigerten. Mit einer Verzögerungvon zwei<br />

Monatenwurde der TarifabscWuß auf die Beamtenbesoldung<br />

übertragen. Die verzögerte Anpassung sollte<br />

die Belastung der Arbeiter und Angestellten durch die<br />

höheren Sozialbeiträge kompensieren. Vor allem die<br />

Länder stockten ihren Personalbestand stärker auf,<br />

nicht zuletzt wegen zahlreicher Abordnungen von<br />

Personal in die neuen Bundesländer.<br />

Der Ausgabenspielraum von Ländern und Gemeinden<br />

in WestdeutscWand wurde durch den kräftigen<br />

Anstieg der Zinsausgaben von etwa 11 1 /2 vH eingeengt.<br />

Die hohen Zinssätze verteuerten nicht nur die<br />

Zinsverpllichtungen aus der Neuverschuldung des<br />

Vorjahres sondern auch die Umschuldung. Bereits<br />

1990 entfielen in den Länderhaushalten 7,8 vH der<br />

Gesamtausgaben auf Zinsverpflichtungen. Zwischen<br />

den Ländern war die Zinsbelastung allerdings sehr<br />

unterschiedlich. So wies das Saarland mit einer Pro­<br />

Kopf-Verschuldung von 10825 DM mit 15,6 vH die<br />

höchste Zinslastquote auf; Bayern lag dagegen mit<br />

einer Zinslastquote von nur 4,3 vH und einer Pro­<br />

Kopf-Verschuldung von 2467 DM am unteren<br />

Rand.<br />

191. Während bei den Ländern und Gemeinden die<br />

Personal- und Zinskosten gleichermaßen stiegen, unterschied<br />

sich das Ausgabenverhalten bei den Aufwendungen<br />

für den laufenden Sachaufwand und für<br />

investive Zwecke deutlich; beide nahmen bei den<br />

Ländern mit einer Rate von 3 vH nur unterdurchschnittlich<br />

zu. Die Gemeinden weiteten dagegen ihre<br />

Ausgaben in diesen Bereichen kräftig aus. So stiegen<br />

die Aufwendungen für den laulenden Sachaulwand<br />

um 8 vH; für investive Zwecke gaben die Gemeinden<br />

auch gut 7 vH mehr aus als im Vorjahr. Dabei ist allerdings<br />

zu berücksichtigen, daß ein großer Teil der zusätzlichen<br />

Investitionsausgaben von Preissteigerungen<br />

aufgezehrt wurde. So stagnierten die kommunalen<br />

Bauinvestitionen angesichts des kräftigen Preisanstiegs<br />

im Baugewerhe in realer Rechnung aul Vorjahresniveau.<br />

Die Abschwächung der Investitionszuweisungen<br />

von den Ländern und vom Bund zusammen<br />

mit dem Auslaufen des Kommunalkreditprogramms<br />

der Kreditanstalt für Wiederaufbau hat sich damit<br />

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