Jahresgutachten 1991/92 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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nehmen im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe<br />
"Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur"<br />
ein Kristallisationspunkt tür die regionale Entwicklung<br />
geschaffen werden kann, ist schwer zu<br />
beurteilen. Einerseits stimuliert die Ansiedlung einer<br />
großen Unternehmung aufgrund ihrer Bezugsverflechtungen<br />
das wirtschaftliche Wachstum in<br />
einer Region, etwa bei den produktionsnahen<br />
Dienstleistungen. Andererseits sind diese Ausstrahlungseffekte<br />
heute weniger als früher räumlich<br />
begrenzt, sie erstrecken sich vielmehr über die<br />
Region und sogar über den nationalen Raum hinaus.<br />
Auch muß man sich davor hüten, durch die<br />
Ansiedlung von Großunternehmen eine neue Monostruktur<br />
zu schaffen, die eine Region bei einem<br />
konjunkturellen oder dauerhaften Einbruch in einer<br />
einzelnen Branche sehr stark trifft. Ferner konkurriert<br />
die Förderung eines großen Unternehmens<br />
in aller Regel mit der Ansiedlungshilfe tür<br />
kleinere und mittlere Unternehmen, die relativ<br />
stark zu einer diversifizierten Struktur beitragen.<br />
Außerdem ist auch bei einer selektiven Industrieansiedlung<br />
die Frage zu beantworten, woher der<br />
Staat die Infonnationen hat, welche Unternehmen<br />
und welche Sektoren in der Zukunft erfolgreich<br />
sein werden. Schließlich muß vermieden werden,<br />
daß die Ansiedlung von Unternehmen zu Folgesubventionen<br />
für die Regionalpolitik führt, etwa<br />
weil eine einmal getroffene Entscheidung nachträglich<br />
durch weitere Subventionen politisch legitimiert<br />
wird. Insbesondere bei der Gestaltung<br />
neuer Strukturen kann sich die Regionalpolitik auf<br />
Dauer nicht gegen die Markt- und Wettbewerbskräfte<br />
stellen.<br />
Der Schutz der Menschen, die von strukturellen<br />
Verwerfungen in Problemregionen betroffen sind,<br />
ist am besten durch arbeitsmarktpolitische und sozialpolitische<br />
Maßnahmen zu erreichen. Dabei<br />
können Maßnahmen der sozialen Abfederung speziell<br />
für die Problemregionen, und zwar zeitlich<br />
befristet, zugeschnitten werden.<br />
521. In Problemregionen, in denen der Anpassungsdruck<br />
besonders stark ist, werden Entscheidungen<br />
der Treuhandanstalt über den Fortbestand oder die<br />
Stillegung von Unternehmen besonders schwierig,<br />
wenn eine Region - wie das häufig in den neuen<br />
Bundesländern der Fall ist - in stärkerem Maß von<br />
einem einzelnen Industriezweig oder einem einzelnen<br />
Unternehmen abhängig ist. Wird dieser Industriezweig<br />
oder dieses Unternehmen aufgegeben, so<br />
wird die gesamte Region erheblich betroffen. In solchen<br />
Fällen liegt es nahe, die Treuhandanstalt <strong>zur</strong><br />
Unterstützung von Sanierungsprogrammen aufzufordern,<br />
wobei die Frage der Erfolgsaussichten einer Sanierung<br />
hinter regionalpolitischen Forderungen <strong>zur</strong>ücktritt.<br />
Es wäre jedoch verfehlt, der Treuhandanstalt diese<br />
regionalpolitische Aufgabe zu übertragen, zudem<br />
noch unter dem Vorwand der Sanierung. Dies würde<br />
zu Investitionen führen, die kaum Aussicht auf Erfolg<br />
hätten. Trügerische Hoffnungen und Illusionen würden<br />
genährt, die eine spätere Korrektur der Fehlentscheidungen<br />
um so mehr erschweren würden. Erhaltungssubventionen<br />
als regionalpolitisch motivierte<br />
Anpassungshilfen haben nichts mit der Sanierung von<br />
Deutscher Bundestag - 12. Wahlperiode Drucksache 12/1618<br />
Unternehmen zu tun, und die Treuhandanstalt ist kein<br />
Organ der Regionalpolitik.<br />
522. Träger der Regionalpolitik sind in erster linie<br />
die Länder. Es bietet sich somit die Lösung an, daß mit<br />
Abschluß der Tätigkeit der Treuhandanstalt in ihrem<br />
Kernbereich die bis dahin nicht privatisierten Unternehmen<br />
auf das jeweilige Land übertragen werden<br />
(Zifler 503). Das Land muß entscheiden, ob und inwieweit<br />
die <strong>zur</strong> regionalen Wirtschaftsförderung <strong>zur</strong> Verlügung<br />
stehenden MiUellÜf die zeitweilige Erhaltung<br />
notleidender Industrien eingesetzt werden sollen oder<br />
ob anderen Maßnahmen, dem Ausbau der Infrastruktur<br />
oder der Ansiedlung neuer Industrie etwa, der<br />
Vorrang zu geben ist. Diese Lösung entspricht einer<br />
klaren Aufgabenabgrenzung und schafftbessere Voraussetzungen<br />
für eine rationale Mittelverwendung<br />
bei der regionalen Wirtschaftsförderung.<br />
523. Viel spricht dafür, den Ländern eine stärkere<br />
Eigenverantwortlichkeit in der Regionalpolitik zuzuweisen.<br />
Diese Konzeption einer Regionalisierung der<br />
Regionalpolitik, für die der Sachverständigenrat wiederholt<br />
plädiert hat (JG 88 Ziflern 420 11.), setzt allerdings<br />
eine Refonn des Finanzausgleichs, insbesondere<br />
des kommunalen Finanzausgleichs, voraus<br />
(JG 88 Ziflern 427 11.). Neben der Gemeinschaftsaulgabe<br />
"Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur"<br />
, bei der die Länder eine feste Beteiligungsquote<br />
von 50 vH übernehmen müssen, könnten auch Finanzhillen<br />
des Bundes gemäß Artikel 104 a Abs. 4 GG<br />
eingesetzt werden, wie dies zum Beispiel im Rahmen<br />
des Strukturhilfegesetzes geschieht. Der Anwendungsbereich<br />
ist dabei weiter gefaßt, die Beteiligungsquoten<br />
können vereinbart werden, und die Planung<br />
der Maßnahmen obliegt allein den Ländern.<br />
Aber auchbeieiner größeren Eigenverantwortlichkeit<br />
der Länder darf die Regionalpolitik in den neuen Bundesländern<br />
nicht die Gefahr verkennen, daß eine Ausgleichspolitik<br />
darin mündet, nicht weUbewerbslähige<br />
Strukturen zu erhalten. Hier gelten die gleichen Bedenken<br />
wie bei der Strukturpolitik. Eine sektorale<br />
Strukturpolitik darf nicht über eine regionalpolilische<br />
Begründung legitimiert werden.<br />
524. Bei der Erneuerung der Raumstruktur in den<br />
neuen Bundesländern wird man neben den hier erörterten<br />
Maßnahmen auch auf die Mobilität der Menschen<br />
setzen müssen. In den alten Bundesländern ist<br />
es seit Jahrzehnten gängige Praxis, daß viele täglich<br />
von ihrem Wohnort etwa im ländlichen Raum zum<br />
Arbeitsplatz über eine größere Distanz pendeln. Mit<br />
einer Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur wird<br />
eine solche Mobilität in den neuen Bundesländern<br />
erleichtert. Auch ist der Wechsel des Wohnorts im<br />
Interesse besserer Beschäftigungsmöglichkeiten und<br />
der beruflichen Entwicklung aus gesamtwirtschaftlicher<br />
Sicht positiv zu beurteilen. Solange die Engpässe<br />
am Wohnungsmarkt fortbestehen, wird diese Fonn<br />
der Mobilität sich freilich nicht voll entlalten können.<br />
Neben der Mobilität der Menschen spielen bei der<br />
Erneuerung der Raumstruktur in Ostdeutschland die<br />
Preise der immobilen Faktoren eine wichtige Rolle.<br />
Denn durch niedrigere Preise für immobile Faktoren<br />
kann eine Region teilweise Wettbewerbsfähigkeit gewinnen.<br />
In einer Marktwirtschaftistes normal, daß die<br />
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