Jahresgutachten 1991/92 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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Drucksache 12/1618 Deutscher Bundestag - 12. Wahlperiode<br />
ländlichen Räumen - den Abbau des beträchtlichen<br />
Überhangs an Arbeitskräften in dem erforderlichen<br />
Umfang voranzutreiben. Wegen der erheblichen Probleme,<br />
die sich bei der Festlegung der Eigentumsverhältnisse<br />
ergaben, wurde bei der Novellierung des<br />
Landwirtschaftsanpassungsgesetzes die Regelung<br />
der Abfindungsansprüche ausscheidender LPG-Jv1itglieder<br />
festgeschrieben. Außerdem wurde festgelegt,<br />
daß wichtige Entscheidungen nicht gegen die Mehrheit<br />
der Bodeneigentümer getroffen werden können.<br />
Diese Novellierung kam aber erst spät, ein Jahr nach<br />
Inkrafttreten des Gesetzes und nur ein halbes Jahr vor<br />
dem gesetzlich festgesetzten Ende der LPG. Durch ein<br />
Hinauszögern von Entscheidungen in den LPG wurde<br />
in erheblichem I\1aße Vennögen durch Lohnzahlungen<br />
aufgezehrt. Eine klare Entscheidungsgrundlage<br />
hat die Novellierung gleichwohl nicht gebracht. Da in<br />
den Dl\1-Eröffnungsbilanzen vielfach mit Wertansätzen<br />
gearbeitet wurde, die den Verkehrswert der Aktiva<br />
überstiegen, können sich für austretende Ivlitglieder<br />
nunmehr Auszahlungsansprüche errechnen, die<br />
bei einer Auflösung der LPG nicht zu realisieren<br />
sind.<br />
Die Volkseigenen Güter sowie die landwirtschaftlichen<br />
und forstwirtschaftlichen flächen im Volkseigentum<br />
- etwa 4 Mio Hektar - sind der Treuhandanstalt<br />
übertragen worden. Auch hier sind Wiedereinsetzung<br />
der alten Eigentümer und Privatisierung bisher<br />
nur langsam vorangekommen. Die Treuhandanstalt<br />
hat die ihr übertragenen Flächen zunächst größtenteils<br />
kurzfristig verpachtet. Die Klärung der Eigentumsverhältnisse<br />
ist Voraussetzung für Privatisierung<br />
oder längerfristige Verpachtung, ohne die es nicht<br />
zum Aufbau neuer landwirtschaftlicher Unternehmen<br />
kommen kann. Die Privatisierung der Flächen will die<br />
Treuhandanstalt nicht selbst vornehmen, sondern<br />
über ein Bankenkonsortium abwickeln.<br />
546. Der Aufbau leistungsfähiger Betriebseinheiten<br />
wird durch Mangel an Kapital behindert. Dies gilt für<br />
neu gegründete Familienbetriebe, denen in der Regel<br />
eine breite Eigenkapitalbasis fehlt, ebenso wie für die<br />
LPG und daraus hervorgehende neue Unternehmensformen,<br />
denen es an Haftungskapital fehlt, weil der<br />
Grund und Boden der Mitglieder nicht Bestandteil des<br />
Eigenkapitals ist. Der Mangel an Eigenkapital erschwert<br />
die Kapitalbeschaffung für erforderliche Investitionen<br />
in erheblichem Maße.<br />
547. Die Agrarpolitik hat ein breites Spektrum an<br />
Fördf!rmaßnahmen bereitgestellt, um den Zusammenbruch<br />
der LPG auf breiter Front zu verhindern<br />
und den Aufbau einer vielfältig strukturierten, leistungsfähigen<br />
Landwirtschaft zu fördern. Neben umfangreichen<br />
Mitteln <strong>zur</strong> Überbrückung des Preiseinbruchs<br />
und <strong>zur</strong> Sicherung der Zahlungsfähigkeit der<br />
landwirtschaftlichen Betriebe wurde das vielfältige<br />
Förderinstrumentarium der EG und der nationalen<br />
Agrarpolitik auf die neuen Bundesländer übertragen.<br />
Da dieses Förderinstrumentarium von dem agrarstrukturellen<br />
Leitbild des bäuerlichen Familienbetriebes<br />
geprägt ist, ergeben sich Benachteiligungen für<br />
den Aufbau großer Betriebseinheiten, für die ansonsten<br />
günstige Ausgangsbedingungen in den neuen<br />
Bundesländern bestehen.<br />
548. Zusätzliche Unsicherheit haben die Reformvorstellungen<br />
der EG-Kommission gebracht. Die Vorschläge<br />
über Preissenkungen in Verbindung mit direkten<br />
Einkommensübertragungen, die eine deutliche<br />
Differenzierunghinsichtlich der Betriebsgröße zugunsten<br />
kleiner Einheiten aufweisen, würden eine<br />
großbelrieblicb strukturierte Landwirtschaft benachteiligen<br />
und damit einen möglichen Strukturvorteil<br />
der' ostdeutschen Landwirtschaft entwerten. Der<br />
vollen Nutzung von komparativen Standortvorteilen<br />
in den neuen Bundesländern stehen in einigen wichtigen<br />
Produktionsbereichen, Zuckerrüben und Milch,<br />
auch Quotenregelungen entgegen. Bei der Zuteilung<br />
der Zuckerquote wurde über die bisherige Zuckerriibenproduktion<br />
hinausgegangen, so daß den Betrieben<br />
hier ein Spielraum für die Ausweitung dieses <br />
infolge der EG-Agrarpolitik - sehr lukrativen Produktionszweiges<br />
eingeräumt wurde. Bei der Milchproduktion<br />
hingegen ist die zugeteilte Quote deutlich<br />
niedriger als die bisherige Produktion. Hier sind die<br />
Produktionsmöglichkeiten - bezogen auf die landwirtschaftliche<br />
Fläche - in den neuen Bundesländern<br />
erheblich niedriger als in den alten.<br />
549. Die Funktionsfähigkeit des Bodenmarktes, dem<br />
für die längerfristigen Entwicklungsperspektiven eine<br />
entscheidende Rolle zukommt, wird durch eine Reihe<br />
agrarpolitiscber Maßnahmen beeinträchtigt. Der Aufbau<br />
leistungsfähiger Produktionseinheiten wird zum<br />
Teil durch den vielfach dominierenden Einfluß der<br />
Treuhandanstalt und die von ihr festgesetzten Bedingungen<br />
für die Nutzungsüberlassungbehindert. Auch<br />
die Uquiditätshilfen für Betriebe, die keine Entwicklungsperspektiven<br />
aufweisen, erschweren die Herausbildung<br />
neuer, leistunqsfähigerer Strukturen. Eine<br />
Verzerrung geht zudem von den Flächenstillegungsprämien<br />
aus. Bereits nach der für die Jahre 1990 und<br />
<strong>1991</strong> getroffenen Übergangsregelung wurden Prämien<br />
von 500 DM bis 750 DM je Hektar für die Slillegung<br />
von Flächen auf die Dauer eines Jahres gezahlt.<br />
Dies war bereits mehr, als unter den neuen Bedingungen<br />
von vielen Betrieben an Deckungsbeiträgen im<br />
Ackerbau erwirtschaftet werden konnte. Entsprechend<br />
groß war die Inanspruchnahme. Durch die<br />
übertragung des in den alten Bundesländern geltenden<br />
flächenstillegungsprogranunes mit fiinfjähriger<br />
Slillegung und Prämien bis zu 1 416 DM pro Hektar<br />
und Jahr ist der Anreiz zu einer Beteiligung noch<br />
erheblich gewachsen.<br />
550. Die Übertragung der Fördennaßnahmen <strong>zur</strong><br />
Produktionsdrosselung macht im Zusammenspiel mit<br />
den Bemühungen um eine Privatisierung der volkseigenen<br />
Flächen den Widersinn der bisherigen Agrarpolitik<br />
deutlich. Infolge der Agrarprotektion haben<br />
sich in der EG vergleichsweise hohe Deckungsbeiträge<br />
pro Flächeneinheit in der landwirtschaftlichen<br />
Produktion herausbilden können mit entsprechenden<br />
Auswirkungen auf die Pachten und Bodenpreise. An<br />
Maßnahmen <strong>zur</strong> Produktionseinschränkung, die <strong>zur</strong><br />
Drosselung der anhaltenden Überschußproduktion an<br />
Nahrungsmitteln ergriffen werden, beteiligen sich die<br />
Landwirte freiwillig nur, wenn ihnen die - infolge der<br />
Protektion vergleichsweise hohen - Einkonunenseinbußen<br />
ersetzt werden.<br />
In den neuen Bundesländern ergibt sich das Problem,<br />
daß die Flächen unterTreuhandverwaltung gegen ein<br />
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