19.06.2014 Aufrufe

Jahresgutachten 1991/92 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

Jahresgutachten 1991/92 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

Jahresgutachten 1991/92 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Drucksache 12/1618 Deutscher Bundestag - 12. Wahlperiode<br />

renz, kurze Bewerbungsfristen, komplizierte Qualifizierungsverfahren),<br />

komplizierte Normensysteme und Zulassungsverfahren<br />

für ausländische Produkte,<br />

wettbewerbsbeschränkende Geschäftspraktiken<br />

japanischer Unternehmen oder Untemehmensgruppen,<br />

die teilweise durch die Kartellpolitik<br />

nicht unterbunden werden (Bindung von Zulieferfirmen<br />

und Vertriebsunternehmen an die Hersteller),<br />

Preispolitik (Differenzierung zwischen inländischen<br />

und ausländischen Märkten).<br />

Abschottung des Agrarsektors,<br />

Zielstrebigkeit, mit der in der Herstellung von<br />

elektronischen Bauelementen eine weltmarktbeherrschende<br />

Stellung angestrebt wird. die die anderen<br />

Länder bei dieser Schlüsseltechnologie in<br />

große Abhängigkeit bringen würde.<br />

Nach Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten hat<br />

die japanische Regierung verschiedene Maßnahmen<br />

auf den Weg gebracht, um Importbeschränkungen<br />

abzubauen. So wurden nach Verhandlungen über<br />

Maßnahmen inverschiedenen Sektoren in den Jahren<br />

1985 und 1986 die Zahl der Güter verringert, die Normen-<br />

und Zulassungssystemen unterliegen, und das<br />

öffentliche Ausschreibungsverfahren vereinfacht. Im<br />

Rahmen der Gespräche <strong>zur</strong> Beseitigung struktureller<br />

Handelshemmnisse wurden im Juni letzten Jahres<br />

verschiedene Maßnahmen vereinbart, die vor allem<br />

das Verteilersystem, die wettbewerbsbeschränkenden<br />

Geschäftspraktiken und die Vielzahl staatlicher<br />

Regulierungen betreffen. Zudem soll vor allem durch<br />

höhere öffentliche Infrastrukturinvestitionen die inländische<br />

Absorption erhöht werden. Dagegen hat die<br />

japanische Regierung bislang nur eine geringe Bereitschaft<br />

gezeigt, im Rahmen der laufenden GATT-Verhandlungen<br />

Zugeständnisse beim Abbau von Handeisschranken<br />

in dem in hohem Maße abgeschotteten<br />

Agrarsektor zu machen. Im übrigen gibt es keine Anzeichen<br />

für eine strengere Anwendung des Wettbewerbsrechts<br />

mit dem Ziel, faktische Zugangsbarrieren<br />

für ausländische Anbieter zu beseitigen.<br />

33. Der Aufstieg Japans zu einer der führenden Industrienationen<br />

geht auf das Zusammenspiel verschiedener<br />

ökonomischer und gesellschaftlicher Faktoren<br />

<strong>zur</strong>ück. Ob die japanische Volkswirtschaft auch<br />

in den neunziger Jahren den steilen Expansionpfad<br />

beibehalten kann, hängt indes davon ab, wie das<br />

Wirtschaftssystem auf den gesellschaftlichen Wandel<br />

reagiert, der sich in den letzten Jahren in einigen<br />

Bereichen abzeichnet. Eine besondere Herausforderung<br />

stellt der rapide steigende Anteil älterer Menschen<br />

an der Bevölkerung dar, der - insbesondere<br />

aufgrund der rückläufigen Nettoreproduktionsrate ­<br />

mit einer geringeren gesamtwirtschaftlichen Ersparnisbildung<br />

einher gehen könnte. Zudem ist somit eine<br />

weitere Verknappung des Arbeitskräftepotentials angelegt.<br />

Der daraus entstehende Anpassungsdruck auf<br />

die Unternehmen wird noch dadurch erhöht, daß mit<br />

dem zunehmenden Wohlstand das Bedürfnis nach<br />

mehr Freizeit zugenommen hat; so zählte neben den<br />

Lohnsteigerungen die Verkürzung der Arbeitszeit mit<br />

dem Ziel der Vernrirklichung einer 40-Stunden-Wo-<br />

che zu den Hauptforderungen der Gewerkschaften in<br />

der diesjährigen Tarifrunde. Mit dem zunehmenden<br />

materiellen Wohlstand und dem Einfluß westlicher<br />

Kulturen ist zudem ein gnmdlegender Wertewandel<br />

verbunden, in dessen Folge - wenn auch allmählich<br />

- die vielfach informellen, durch Traditionen geprägten<br />

Beziehungen zwischen den am Wirtschaftsprozeß<br />

beteiligten Individuen zukünftig eine geringere Rolle<br />

spielen könnten. Dies hätte nicht zuletzt Rückwirkungen<br />

auf die Art und Weise staatlicher Einflußnahme<br />

auf die wirtschaftliche Entwicklung.<br />

34. Die Folgerung aus den Ansätzen <strong>zur</strong> Erklärung<br />

des Erfolgs derjapanischen Wirtschaft kann sicherlich<br />

nicht sein, daß andere Länder einzelne Systemelemente<br />

- etwa die institutionellen Regelungen am<br />

Arbeitsmarkt oder das Zusammenspiel von Staat und<br />

Unternehmen im Wirtschaftsprozeß - einfach übernehmen<br />

sollten. Welche Rolle diese Elemente spielen,<br />

ist im einzelnen umstritten. Davon abgesehen kann<br />

der gesamtwirtschaftliche Erfolg nur aus dem Zusammenwirken<br />

der einzelnen Elemente eines Wirtschaftssystems<br />

vor dem Hintergrund der kulturellen und<br />

historischen Besonderheiten eines Landes erklärt<br />

werden.<br />

Wichtig ist aber, daß in anderen Ländern die Schwäche<br />

der eigenen Position im Vergleich zu Japan erkannt<br />

wird. In keinem anderen Land wird in gleichem<br />

Maße in die Erneuerung und Erweiterung der Produktionskapazitäten<br />

und damit in die Verjüngung des<br />

Kapitalstocks investiert, stets mit dem Blick weit nach<br />

vorne - auf künftige Technologien, Märkte und Konkurrenten<br />

- gerichtet. Unübertroffen ist auch die flexibilität,<br />

mit der sich japanische Unternehmen veränderten<br />

Bedingungen anpassen. Was dem im eigenen<br />

Land entgegengesetzt werden kann, ist die grundlegende<br />

Frage, die sich überall stellt, wo die Wirtschaftsenlwicklung<br />

Japans als Herausforderung angenommen<br />

wird.<br />

111. Wirtschaftsreformen in den Staaten<br />

Osteuropas schreiten voran<br />

35. In allen Staaten Osteuropas ist die marklwirlschaftliche<br />

Umgestaltung des Wirtschaftssystems auf<br />

den Weg gebracht worden. Nahezu überall hat sich<br />

dabei die Erkenntnis durchsetzen können, daß angesichts<br />

offener Grenzen und neugeschaffener politischer<br />

Freiheiten nur ein rascher und alle Bereiche des<br />

wirtschaftlichen Lebens umfassender Übergang <strong>zur</strong><br />

Marktwirtschaft geeignet ist, zu einer nachhaltigen<br />

Verbesserung der Lebensverhältnisse zu gelangen.<br />

Weit vorangekommen sind dabei Ungarn, Polen und<br />

die Tschechoslowakei, die bereits im letzten Jahr mit<br />

dem alten System gebrochen hatten (JG 90 Ziffer 49).<br />

Auch Bulgarien und - in freilich geringerem Maße ­<br />

Rumänien haben in diesem J abr Fortschritte in ihrem<br />

Bemühen um einen Umbau des Wirtschaftssystems<br />

machen können. Deutlich <strong>zur</strong>ückgeblieben sind hingegen<br />

- neben Albanien und Jugoslawien - die<br />

Sowjetunion und die von ihr abgespaltenen baltischen<br />

Staaten. Auch hier scheint jedoch die Grundentscheidung<br />

für die marktwirlschaftliche Ordnung<br />

mittlervveile gefallen.<br />

46

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!