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Jahresgutachten 1991/92 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Drucksache 12/1618 Deutscher Bundestag - 12. Wahlperiode<br />

Konfliktes am Golf und den sich verdichtenden Erwartungen<br />

eines kräftigen Konjunkturaufschwungs profitierte,<br />

drückten die wirtschaftlichen Probleme in den<br />

neuen Bundesländern, aber auch die Belastungen des<br />

Bundeshaushaltsim Zusammenhang mit der Entwicklung<br />

in der Sowjetunion auf den Kurs der D-Mark. Erst<br />

massive Interventionen der Notenbanken konnten<br />

den schnellen Anstieg des Dollar, der von durchschnittlich<br />

1,48 DM je Dollar im Februar auf zeitweise<br />

über 1,80 DM je Dollar angestiegen war, im Juli stoppen.<br />

In zunehmendem Maße waren aber auch die<br />

Konjunkturerwartungen in den Vereinigten Staaten<br />

nach unten korrigiert worden, was dazu beitrug, daß<br />

der Kurs des Dollar bis zum September wieder bis<br />

unter 1,70 DM je Dollar sank.<br />

Gestützt wurde der Außenwert der D-Mark gegenüber<br />

dem Dollar durch die zunehmende Differenz der<br />

kurzfristigen Zinsen, die sich - begünstigt durch den<br />

gegenläufigen Kurs der Geldpolitik in beiden Ländern<br />

- bis zum August auf knapp 4 Prozentpunkte<br />

ausgeweitet hatte. Zudem hat sich der Zinsvorsprung<br />

wichtiger europäischer Handelspartner deutlich abgebaut<br />

(siehe Scbaubild 1, Seite 30). Die Notenbanken<br />

einiger Länder hatten die Schwäche der D-Mark<br />

gegenüber den EWS-Währungen zu Zinssenkungen<br />

genutzt (Zifler 7).<br />

24. Mit der deutschen Einigung, dem Wiederaufbau<br />

der im Krieg am Golf zerstörten Produktionsanlagen<br />

und dem Transformationsprozeß in Osteuropa hat der<br />

Kapitalbedarf weltweit zugenommen. Dies hat Belürchtungen<br />

geweckt, daß mittelfristig mit deullich<br />

steigenden Realzinsen zu rechnen sei. In diesem Jahr<br />

war eine derartige Entwicklung nicht zu beobachten.<br />

Die osteuropäischen Reformländer konnten eine bedeutsame<br />

Nachfrage nach internationalem Anlagekapital<br />

angesichts des schwierigen Transformationsprozesses<br />

noch nicht entfalten. In den Industrieländern<br />

wirkte die trotz der allmählichen Belebung der Konjunktur<br />

immer noch schwache Kapitalnachfrage den<br />

zinssteigernden Wirkungen des bundesdeutschen<br />

Haushaltsdefizits entgegen.<br />

Verschuldungskrise der Entwicklungsländer:<br />

Erfolge für die Brady-Initiative<br />

25. Das Problem der Verschuldung der Entwicklungsländer<br />

ist in den letzten zwei Jahren in den Hintergrund<br />

des öffenllichen Interesses gerückt. Tatsächlich<br />

hat sich die Schuldenkrise in den vergangenen<br />

zwei Jahren merklich entspannt. Zwar ist die Auslandsverschuldung<br />

der Entwicklungsländer (in der<br />

Abgrenzung des Internationalen Währungsfonds) seit<br />

1989 nochmals um 125 Mrd Dollar aul nunmehr last<br />

1.500 Mrd Dollar gestiegen; in Relation zu den Exporterlösen<br />

hat sich der Schuldenstand in den vergangenen<br />

Jahren jedoch deutlich vennindert. Gemessen am<br />

Verhältnis der Schuldendienstzahlungen zu den Exporteinnahmen<br />

sind die Belastungen aus der Verschuldung<br />

für die Entwicklungsländer insgesamt<br />

heute sogar niedriger als vor Ausbruch der internationalen<br />

Schuldenkrise im Sommer 1982. Verbessert hat<br />

sich vor allem auch die Situation der 15 hochverschuldeten<br />

Länder. Hierzu hat unter anderem der Forde-<br />

rungsverzicht öffentlicher und privater Gläubiger beigetragen.<br />

Bedenklich muß allerdings stimmen, daß<br />

der Zulluß privaten Kapitals in diese Länder in den<br />

letzten Jahren weitgehend versiegte; zusätzliche Mittel<br />

wurden fast nur noch von öffentlichen Kreditgebern<br />

bereitgestellt.<br />

26. Die im Pariser Club zusammengeschlossenen öffentlichen<br />

Gläubiger, die internationalen Organisationen<br />

und die Gläubigerbanken haben ihre Bemühungen<br />

um eine Lösung der Schuldenkrise in den vergangenen<br />

zwei Jahren verstärkt fortgesetzt. Im Rahmen<br />

der Umschuldungsverhandlungen mit dem Pariser<br />

Club konnten sich mittlerweile 20 Entwickungsländer<br />

mit ihren öffentlichen Gläubigem aul die Streichung<br />

von Schuldendienstzahlungen, die Verlängerung der<br />

Fälligkeiten und die Verringerung der Zinsverpllicbtungen<br />

einigen. Seit Herbst 1990 haben sich die Gläubigerstaaten<br />

in vermehrtem Maße auch zu bilateralen<br />

Schuldenumwandlungen bereiterklärt, zum Beispiel<br />

im Austausch gegen Maßnahmen für den Natur- und<br />

Umweltschutz. Zudem haben einzelne Staaten gegenüber<br />

ausgewählten Schuldnern auf Rückzahlung<br />

der ausstehenden Kredite verzichtet.<br />

Die Bemühungen um Schuldenreduktion zwischen<br />

den Schuldnerstaaten und den privaten Gläubigerbanken<br />

laufen mittlerweile überwiegend im Rahmen<br />

der Brady-lnitiative ab (JG 89 Ziflern 3811.). Diese zielt<br />

vor allem auf einen partiellen Forderungsverzicht der<br />

Geschäftsbanken und die Gewährung neuer Kredite.<br />

Internationaler Währungsfonds und Weltbank unterstützen<br />

derartige Vereinbarungen zwischen Schuldnerländern<br />

und Gläubigem durch die Bereitstellung<br />

von Mitteln <strong>zur</strong> Absicherung von Schuldendienstverpllichtungen.<br />

Im Gegenzug verpllichten sich die<br />

Schuldnerländer zu längerfristigen Anpassungsprogrammen<br />

unter der Aufsicht der internationalen Organisationen.<br />

Trotz anfänglicher Bedenken ist der Brady-Initiative<br />

heute Erfolg zuzugestehen. Bislang konnte für sieben<br />

Länder eine Übereinkunft mit den Gläubigerbanken<br />

unter Einschaltung von lWF und Weltbank gelunden<br />

werden, nämlich für Mexiko, die Philippinen, Venezuela,<br />

Uruguay, Costa Rica, Ecuador und Argentinien.<br />

Von den möglichen Optionen - partieller Scbuldenverzicht<br />

und Verzinsung der Restschuld zum Marktzins,<br />

Umwandlung der Altschulden zum Nominalwert<br />

in niedrig verzinsliche Anleihen oder die Gewährung<br />

neuer Kredite - haben sich die Geschältsbanken bislang<br />

überwiegend für die ersten beiden Möglichkeiten<br />

entschieden; es zeigte sich, daß ein partieller<br />

Schuldenverzicht den Zugang zu neuen Krediten verbaut.<br />

Die Schuldendienstbelastung der begünstigten<br />

Entwicklungsländer kOIlllte auf diese Weise deutlich<br />

<strong>zur</strong>ückgeführt werden. Nicht zu verkennen ist indes,<br />

daß die Kreditwürdigkeit auch der bislang nicht in die<br />

Umschuldungsverhandlungen einbezogenen Schuldnerländer<br />

durch die nun auch öffentlich anerkannte<br />

Zahlungsunfähigkeit einiger Staaten Schaden erlitten<br />

hat.<br />

27. Der Erfolg der seil 1989 verfolgten Schuldenstrategie<br />

- partieller Schuldenerlaß unter der Bedingung<br />

binnenwirtschaftlicher Reformprogramme - zeigt<br />

sich vor allem am Beispiel Mexikos, das als erstes in<br />

den Genuß von Schuldenreduzierungen im Rahmen<br />

I<br />

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