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Jahresgutachten 1991/92 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...

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Drucksache 12/1618 Deutscher Bundestag - 12. Wahlperiode<br />

inländische Anleger den Auslandslöchtem und Auslandsfilialen<br />

heimischer Kreditinstitute 21,S Mrd DM<br />

<strong>zur</strong> Verfügung, der Bestand an Euroeinlagen erhöhte<br />

sich damit auf 153,1 Mrd DM, 10,3 vH der inländischen<br />

Geldbestände. Die erweiterte Geldmenge M3,<br />

die neben den Komponenten der herkönunlich abgegrenzten<br />

Geldmenge M3 diese Euroeinlagen und den<br />

Bestand an kurzlaufenden Bankschuldverschreibungen<br />

umfaßt, nahm deshalb von Januar bis August mit<br />

einer saisonbereinigten Jahresrate von 5,7 vH zu. Im<br />

Jahresverlauf lag die Wachstumsrate der erweiterten<br />

Geldmenge M3 damit auch weiterhin um etwa zwei<br />

Prozentpunkte über der Expansionsrate der herkönunlich<br />

definierten Geldmenge M3. Offensichtlich<br />

spiegelt die .. eng" abgegrenzte Geldmenge M3 die<br />

monetäre Entwicklung nicht hinreichend genau wider.<br />

Der Sachverständigenrat hatte sich deshalb in<br />

seinem letzten <strong>Jahresgutachten</strong> für die Verwendung<br />

der erweiterten Geldmenge M3 als Indikator und Zwischenziel<br />

ausgesprochen (JG 90 Ziffer 195).<br />

166. Treibende Kraft der Geldmengenexpansion<br />

war die Kreditgewährung der Geschäftsbanken. Ungeachtet<br />

eines weiteren Anstiegs der Schuldzinsen<br />

auf fast 13 % für Kontokorrentkredite nahm die Nachfrage<br />

nach Bankkrediten im Vergleich zum Vorjahr<br />

nochmals deutlich zu. In den ersten neun Monaten des<br />

Jahres vergaben die Geschäftsbanken Kredite in<br />

Höhe von netto 173,8 Mrd DM an inländische Nichtbanken,<br />

wobei mittel- und langfristige Kredite imVordergrund<br />

standen. Angesichts der hohen Kreditnachfrage<br />

aus dem Inland haben die Geschäftsbanken die<br />

Kreditgewährung an das Ausland in diesem Jahr stark<br />

eingeschränkt.<br />

Dämpfende Impulse auf den Geldschöpfungsprozeß<br />

gingen hingegen vom Zahlungsverkehr der Nichtbanken<br />

mit dem Ausland aus. Hier wirkte sich der<br />

Umschwung im Außenhandel aus, denn die Zahlungsverpflichtungen<br />

gegenüber ausländischen Geschäftspartnern<br />

haben wegen des kräftigen Importanstiegs<br />

deutlich stärker zugenommen als die aus dem<br />

Exportgeschäft resultierenden Zahlungen aus dem<br />

Ausland. Die Netto-Auslandsforderungen des Bankensystems,<br />

in denen diese Vorgänge ihren Niederschlag<br />

finden, nahmen daher in den ersten neun Monaten<br />

des Jahres um 36,7 Mrd DM ab. Entscheidend<br />

für die vergleichsweise mäßige Geldmengenexpansion<br />

war jedoch vor allem die weiterhin hohe Bereitschaft<br />

inländischer Nichtbanken <strong>zur</strong> langfristigen<br />

Geldanlage. Die Geldkapitalbildung bei den Kreditinstituten<br />

belief sich bis zum September auf<br />

112,9 Mrd DM, wobei insbesondere der Absatz von<br />

hoch rentierlichen Bankschuldverschreibungen florierte.<br />

Demgegenüber haben Spareinlagen mit vereinbarter<br />

Kündigungsfrist und Sparbriefe an Bedeutung<br />

verloren.<br />

167. Der Beitrag der Bundesbank <strong>zur</strong> Geldmengenexpansion<br />

besteht in der Bereitstellung von Zentralbankgeld<br />

nach den von ihr festgelegten Konditionen.<br />

Hingegen ist die umlaufende Geldmenge das Ergebnis<br />

der unter Berücksichtigung der monetären Signale<br />

getroffenen Dispositionen der Gf,schäftsbanken und<br />

des Publikums. Die Geldmenge M3 liefert damit zwar<br />

eine Beschreibung der Uquiditätssituation in der<br />

Wirtschaft, erlaubt aber kein Urteil über den geldpohtischen<br />

Kurs der Bundesbank. Der Sachverständi-<br />

genrat verwendet für die Beurteilung der Geldpolitik<br />

daher nicht primär die Geldmenge M3, sondern die<br />

bereinigte Zentralbankgeldmenge, die den Bargeldumlauf<br />

und die Reserven der Kreditinstitute bei der<br />

Bundesbank umfaßt. Als reiner Geldangebotsindikator<br />

gibt die bereinigte Zentralbankgeldmenge den<br />

unmittelbaren Beitrag der Bundesbank <strong>zur</strong> monetären<br />

Expansion wieder. Sie gestattet damit ein Urteil über<br />

den Kurs der Geldpolilik, erlaubt aber - für sich genommen<br />

- keine Aussagen über die liquiditätsversorgung<br />

der Wirtschaft. Die tatsächliche geldpolitische<br />

Situation - also die Liquiditätsausstattung der<br />

Wirtschaft und der Beitrag der Bundesbank hierzu ­<br />

läßt sich daher nur anhand beider Indikatoren beurteilen.<br />

Der Sachverständigenrat hatte in seinem letzten <strong>Jahresgutachten</strong><br />

für die Beibehaltung einer potentialorientierten<br />

Geldpolitik mit vorab angekündigter<br />

Zielvorgabe plädiert, gleichzeitig aber die Notwendigkeit<br />

einer Anpassung des Geldmengenziels betont,<br />

wenn neue Informationen dies erfordern (JG 90<br />

Ziffern 39611.). Aufgrund der Erwartung eines weiterhin<br />

kräftigen Potentialwachstums in Westdeutschland<br />

hatte sich der Sachverständigenrat im Herbst des letzten<br />

Jahres dafür ausgesprochen, das Angebot an Zentralbankgeld<br />

im vereinigten Deutschland in diesem<br />

Jahr um 5 vH auszudehnen. Dabei wurde als Ausgangspunkt<br />

des Zielpfades das Niveau gewählt, das<br />

sich durch die Zielvorgabe für das Jahr 1990 zuzüglich<br />

eines Zuschlags von 10 vH für die Ausweitung des<br />

Währu.ngsgebietes ergibt. Tatsächlich lag die bereinigte<br />

Zentralbankgeldmenge im Herbst 1990 um<br />

0,8 vH unter dem Ausgangsniveau des Zielpfades für<br />

das Jahr <strong>1991</strong>. Die Bundesbank legte demgegenüber<br />

ihrem Zielkorridor für die Expansion der Geldmenge<br />

M3 das im Herbst 1990 tatsächlich erreichte Niveau<br />

der Geldversorgung zugrunde.<br />

Zwar mußte die Größe des Produktionspotentials in<br />

den neuen Bundesländern noch etwas geringer veranschlagt<br />

werden als im vergangenen Herbst unterstellt.<br />

Dem standen jedoch die damals in ihren Auswirkungen<br />

noch nicht bekannten Anhebungen der<br />

administrierten Preise gegenüber, die für sich genommen<br />

zu einem Anstieg des ostdeutschen Verbraucherpreisniveaus<br />

um etwa 9 vH geführt haben dürften. In<br />

Anbetracht der fortbestehenden Schätzunsicherheiten<br />

sahen wir deshalb für eine Anpassung des von uns<br />

vorgeschlagenen Zielpfades für die Expansion der bereinigten<br />

Zentralbankgeldmenge keine Notwendigkeit.<br />

168. Die Expansion der bereinigten Zentralbankgeldmenge<br />

hatte sich <strong>zur</strong> Jahreswende 1990/91 zunächst<br />

deutlich beschleunigt (Schaubild 21). Dies<br />

deutete jedoch keine Lockerung des geldpolitischen<br />

Kurses an, sondern war vor allem auf die Zunahme des<br />

Sichteinlagenbestandes <strong>zur</strong>ückzuführen, die aus der<br />

zum 31, Dezember 1990 vorgenommenen Umstellung<br />

der früheren Spargiroeinlagen in Ostdeutschland auf<br />

reguläre Sichtkonten resultierte. Allein hierdurch erhöhte<br />

sich das Mindestreservesoll der Kreditinstitute<br />

um 2,7 vH. Nach der Anhebung der Leitzinsen im<br />

Februar diesen Jahres nahm das Zentralbankgeldangebot<br />

indes zunächst nur äußerst verhalten zu. In der<br />

zweiten Jahreshälfte beschleunigte sich die Expansion<br />

der bereinigten Zentralbankgeldmenge aller-<br />

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