Jahresgutachten 1991/92 - Sachverständigenrat zur Begutachtung ...
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Drucksache 12/1618 Deutscher Bundestag - 12. Wahlperiode<br />
kann man beim Vergleich der neuen mit den alten<br />
Bundesländern derzeit nicht ausgehen. Bei der Bedarfsermittlung<br />
würde deshalb die Forderung<br />
nach Berücksichtigung von Sonderbedarfen der<br />
nenen Bundesländer kommen. Nach dem Urteil<br />
des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Juni 1986<br />
dürfen jedoch Sonderbedarfe im Läncterfinanzausgleich<br />
grundsätzlich nicht berücksichtigt werden.<br />
Über den Länderfinanzausgleich kommen im Ergebnis<br />
ungebundene Transfers an die Empfängerländer<br />
zustande. Damit ist nicht gewährleistet, daß<br />
dort die vorhandenen Struktur- und Wachstumsprobleme<br />
auch tatsächlich bereinigt werden.<br />
320. Eine weitere Forderung der neuen Bundesländer<br />
geht dahin, bei der Verteilung des Länderanteils<br />
am Umsatzsteueraufkommen die im Grundgesetz vorgesehene<br />
einheitliche Regelung anzuwenden. Danach<br />
soll das derzeit geltende, erst durch das Haushaltsbegleitgesetz<br />
<strong>1991</strong> in Abänderung des Einigungsvertrages<br />
eingeführte Verfahren bereits wieder<br />
geändert werden. Derzeit wird der Länderanteil an<br />
der Umsatzsteuer zunächst gemäß der Einwohnerzahl<br />
in einen Westteil und einen Ostteil zerlegt und dann<br />
für beide Teile je getrennt das in Artike1106 Abs. 1<br />
Satz 4 GG festgelegte Verteilungsverfahren angewendet:<br />
Bis zu 25 vH des Länderanteils können in<br />
Form sogenannter Ergänzungsanteile an finanzschwache<br />
Länder (Steuerkraft kleiner als <strong>92</strong> vH des<br />
Länderdurchschnitts) verteilt werden, mindestens<br />
75 vH werden gemäß der Einwohnerzahl verteilt.<br />
Würde man diese Regelung auf den gesamten Länderanteil<br />
anwenden, dann würden im Ergebnis die<br />
neuen Bundesländer statt bisher etwa 20 vH nunmehr<br />
40 vH des Länderanteils am Umsatzsteueraufkommen<br />
erhalten. Damit würde ein zusätzlicher Finanztransfer<br />
von etwa 12 Mrd DM von den alten an die neuen<br />
Bundesländer fließen.<br />
Ganz abgesehen davon, ob ein solcher Transfer überhaupt<br />
berechtigt wäre und ob die alten Bundesländer<br />
eine solche Belastung verkraften könnten, sprechen<br />
folgende Gründe gegen eine solche Lösung: Die Zahlung<br />
von Ergänzungsanteilen ist kein Element der<br />
Steuerverteilung, sondern ein in die Umsatzsteuerverteilung<br />
verlagertes Element eines horizontalen (be~<br />
darfsorientierten) Finanzausgleichs, das grundsätzlich<br />
mit den gleichen Indikatoren für Finanzkraft und<br />
Finanzbedarf arbeitet wie der Länderfinanzausgleich<br />
Da die neuen Bundesländer gemäß Einigungsvertrag<br />
nicht am horizontalen Finanzausgleich teilnehmen, ist<br />
es folgerichtig, sie auch nicht in den Umsatzsteuerausgleich<br />
über Ergänzungsanteile einzubeziehen.<br />
321. Im Einigungsvertrag (ergänzt durch das Haushaltsbegleitgesetz<br />
<strong>1991</strong>) sind klare, ökonomisch ver~<br />
tretbare Lösungen für die Finanzbeziehungen zwi~<br />
sehen den alten und neuen Bundesländern gefunden<br />
worden. Letztere sind in die Steuerverteilung, nicht<br />
jedoch in den horizontalen Finanzausgleich einbezogen<br />
worden. Schon aus Gründen der Rechtssicherheit<br />
und um den alten und neuen Bundesländern eine verläßliche<br />
Planungsgrundlage zu verschaffen, sollte<br />
man - bis zu der ohnehin für 1995 anstehenden generellen<br />
Reform des Finanzausgleichs _. an diesen einmal<br />
getroffenen Regelungen nunmehr auch festhalten.<br />
184<br />
322. Als Ersatz für die Nichteinbeziehung der neuen<br />
Bundesländer in den Finanzausgleich ist für die Jahre<br />
1990bis 1994 der Fonds "Deutsche Einheit" mit einem<br />
Gesamtvolumen von 115 Mrd DM geschaffen worden,<br />
wobei die jährlichen Zahlungen degressiv gestaltet<br />
sind (Tabelle 48).<br />
Bei dieser Konstruktion des Fonds ist offenbar von der<br />
Annahme ausgegangen worden, daß sich die originäre<br />
Steuerkraft der neuen Bundesländer in gleichem<br />
Ausmaß verbessert, wie die Leistungen des Fonds <strong>zur</strong>ückgehen.<br />
Angesichts des nach wie vor langsamen<br />
Tempos bei der Umstrukturierung der Wirtschaft wird<br />
man davon nicht ausgehen können. Für 19<strong>92</strong> sinken<br />
die Leistungen aus dem Fonds um 7 Mrd DM, wofür<br />
der Bund bereits Kompensationszahlungen in Höhe<br />
von 3,5 Mrd DM aus dem Bundesetatin Aussicht gestellt<br />
hat. Inwieweit es ihm darüber hinaus gelingt,<br />
durch Umlenkung der "Strukturhilfe 11 in Höhe von<br />
2,45 Mrd DM auch die alten Bundesländer <strong>zur</strong> Aulfüllung<br />
des Fonds heranzuziehen, bleibt abzuwarten.<br />
Für 1993 werden die Zahlungen aus dem Fonds um<br />
weitere 8 Mrd DM reduziert, wozu noch 12 Mrd DM<br />
wegen des Auslaufens des "Gemeinschaftswerk Aufschwung<br />
Ost" hinzutreten. Für eine Ersatzfinanzierung<br />
liegen bisher keine Pläne vor. Hier kündigen<br />
sich erneut Verteilungsstreitigkeiten an, für die rechtzeitig<br />
Lösungen erarbeitet werden müßten.<br />
323. Die ständige Aufstockung des Fonds "Deutsche<br />
Einheit" kann dafür nicht der richtige Weg sein, zumal<br />
die Risiken der Mehrbelastung einseitig auf den Bund<br />
übertragen werden (Ziffer 331). Zudem bedeutet das<br />
Anwachsen dieses Schattenhaushaltes, daß die dringend<br />
erforderliche Neufestsetzung von Prioritäten<br />
Zum Fonds "Deutsche Einheit"<br />
MrdDM<br />
Tabelle 48<br />
1990 1<strong>1991</strong> 119<strong>92</strong> 11993 11994<br />
Umfang<br />
- ursprüngliche<br />
AnsätzeI) 22 35 28 20 10<br />
- geplante<br />
Aufstockung 2 ) - - 6 6 6<br />
Art der Finanzierung l )<br />
- Kreditaufnahme 20 31 24 15 5<br />
- Zuschusse aus dem<br />
Bundeshaushalt<br />
ursprünglich 2 4 4 5 5<br />
zusätzlich bei<br />
geplanter<br />
Aufstockung - - 6 6 6<br />
Schuldendienst 3 )<br />
- Bund - 1 2,6 3,8 4,5<br />
- westdeutsche<br />
Länder - 1 2,6 3,8 4,5<br />
I) Gemäß Artikel 31 des Vertrages über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts-<br />
und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der<br />
Deutschen Demokratischen Republik vom 18. Mai 1990.<br />
2) Laut Finanznachrkhten 56/91 vom 10. Septembf'f 19!H.<br />
lj Tilgung und Zinszflhlungen<br />
Quelle: BMF